Richelle Mead: Dornenthron – Dark Swan 2 (Buch)

Richelle Mead
Dornenthron
Dark Swan 2
(Thorn Queen, 2009)
Aus dem Amerikanischen von Frank Böhmert
Titelgestaltung von HildenDesign unter Verwendung einer Illustration von Max Meinzold
Autorenfoto von Michael Ott
Lyx, 2010, Paperback mit Klappenbroschur, 360 Seiten, 12,95 EUR, ISBN 978-3-8025-8212-7

Von Irene Salzmann

Die Schamanin Eugenie Markham alias Odile Dark Swan verdient ihr Geld damit, Geister, Monster und sonstige Besucher aus der Anderswelt in ihre Gefilde zurückzuschicken oder sie zu töten. Seit sie jedoch weiß, dass sie selber zur Hälfte eine ‚Feine‘ ist und die Magie ihres Vaters, des gefürchteten Sturmkönigs, geerbt hat, kann sie diese Wesen nicht mehr länger nur als durch und durch böse betrachten. Hinzu kommt, dass sie die Königin des Dornenlandes ist und das Pflichtgefühl von ihr verlangt, sich um die Belange ihrer Untertanen zu kümmern.

Weil sich das Dornenland in ein Abbild von Eugenies irdischer Heimat Arizona verwandelt hat, leiden die Feinen unter Hitze, Wasser- und Nahrungsmangel. Um ihnen zu helfen, verbreitet Eugenie menschliches Wissen über Bewässerungsanlagen, angepassten Ackerbau und die Förderung von Bodenschätzen. Als wertvolle Stütze erweist sich dabei der Leith, der charmante Prinz des Vogelbeerlandes. Natürlich hegt er wie nahezu alle anderen männlichen Bewohner der Anderswelt Hintergedanken: Eine Vermählung mit Eugenie würde ihm die Krone über beide Länder sichern, und gelänge es ihm, den Enkel des Sturmkönigs zu zeugen, der laut einer Prophezeiung diese und die Welt der Menschen erobern wird, wäre seine Macht grenzenlos. Leith flirtet mit Eugenie, ist aber nicht so aufdringlich wie die meisten anderen Interessenten, so dass sie ihn als Freund zu schätzen beginnt – ein Fehler, wie sich herausstellt, nachdem sie ihn desillusionieren musste. Schließlich gehört Eugenies Herz Kiyo, der halb Mensch, halb Kitsune ist. Ihre Liebe wird jedoch von der Geburt einer Tochter überschattet, die er mit seiner früheren Geliebten Maiwenn, der Königin des Weidenlandes, zeugte. Obwohl Kiyo Eugenie versichert, dass er nur sie liebt, verbringt er viel Zeit mit Maiwenn und Luisa – zu viel für Eugenies Geschmack. Zu gern würde ihr Dorian, der König des Eichenlandes, Trost spenden, aber Eugenie ist auf der Hut, denn Dorians Hilfe kostet immer ihren Preis. Trotzdem kann sie nicht ablehnen, als er ein Handelsabkommen anbietet, um die Not im Dornenland zu lindern, und darüber hinaus verspricht, sie bei der Suche nach einigen Mädchen zu unterstützen, die seit einer Weile vermisst werden. Die Spur führt Eugenie in ihre eigene Welt, wo sie eine schreckliche Entdeckung macht und selber zur Gefangenen wird ...

Nach „Vampire Academy“ ist Richelle Mead mit „Black Swan“ ein weiterer Volltreffer gelungen, der nicht nur den Fans der Paranormal Romances gefällt, sondern auch jene Leser anspricht, die spannende Horror- und Fantasy-Romane schätzen. „Black Swan“ überzeugt durch eine komplexe, abwechslungsreiche Handlung, die teils in Tucson/Arizona spielt, teils die geheimnisvolle Anderswelt als reizvolle Kulisse nutzt. In der Welt der Menschen jagt die Hauptfigur Eugenie Markham, die nun kaum noch ihr Titel gebendes Pseudonym Odile Dark Swan benutzt, Feine und andere Wesen, die Ärger bereiten, und in ihrem Königreich wird sie ausgerechnet zu deren Beschützerin, vor allem als sie herausfindet, dass es Menschen sind, die ‚Feinen‘-Mädchen entführen, um sie für schmutzige Geschäfte zu missbrauchen. Das stürzt Eugenie in einen Gewissenskonflikt, denn bisher hatte sie die Menschen als ‚die Guten‘ und die Bewohner der Anderswelt als ‚die Bösen‘ betrachtet, und ihr Stiefvater, in dessen Fußstapfen sie als Schamanin tritt, bringt ihrer veränderten Sichtweise keinerlei Verständnis entgegen. Schon durch ihre Abstammung und ihre Gaben ist Eugenie innerlich zerrissen, und das zeigt sich auch in anderer Hinsicht: Sie hasst das Dornenland, fühlt sich dort jedoch immer mehr zu Hause. Sie fürchtet die Magie, ist von ihr aber überaus fasziniert und lernt erstaunlich schnell. Sie liebt Kiyo, empfindet zugleich auch etwas für Dorian. Je mehr Eugenie ihre Aufgaben als Dornenkönigin und die Magie akzeptiert, umso stärker verändert sie sich – sehr zum Bedauern von Kiyo und ihrem Stiefvater, jedoch zur Freude von Dorian, der wieder einmal zum Zünglein an der Waage wird und dadurch etwas auslöst, das verheerende Folgen haben könnte.

Obwohl „Dornenthron“ relativ in sich abgeschlossen ist und man den Band problemlos lesen kann, ohne den Vorgänger „Sturmtochter“ zu kennen, macht die Lektüre sehr viel mehr Spaß, wenn man mit den Charakteren bereits vertraut ist und über ihre komplizierten Beziehungen Bescheid weiß. Vorkenntnisse dürften für den Folge-Roman („Iron Crowned“ soll in den USA im Frühjahr 2011 erscheinen) notwendig sein, denn das zweite Buch endet mit der Aussicht auf drohendes Unheil, das durch die Entscheidungen von Eugenie und Dorian eingeleitet wurde.

Die Story steckt voller Überraschungen und unerwarteten Wendungen. Dabei werden auch parallel laufende Nebenhandlungen nicht vergessen. Die Figuren sind interessant und offenbaren im Laufe der Geschehnisse wenigstens eine zweite Seite. Die Geschichte wird aus Eugenies Perspektive in einer lebhaften Sprache erzählt. Als Leserin kann man sich leicht in die Protagonistin hinein versetzen und an ihren trotz allem menschlichen Problemen Anteil nehmen. Gewürzt wird reichlich mit erotischen Szenen, die den kontinuierlichen Fortgang der Story nicht aufhalten.

„Dark Swan“ ist eine rundum gelungene Serie, die den Lesern der Romantic Fantasy genauso viel Spaß macht wie den Freunden der Phantastik.