Starla Bryce: Ehefrau, Mutter, Sexsüchtig. (Buch)

Starla Bryce
Ehefrau, Mutter, Sexsüchtig.
Blue Panther Books, 2020, Taschenbuch, 232 Seiten, 12,90 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Monika ist in den Dreißigern, verheiratet, zwei Kinder, angestellt bei einer Versicherung. Ihr etwas älterer Mann Clemens arbeitet für eine Bank, sein Einkommen sichert den Wohlstand der Familie. Alle könnten glücklich sein, aber...

Für Monika ist es ein harter Schlag zu erfahren, dass Clemens eine Affäre mit einer Kollegin hatte. Ihre Bemühungen, die Ehe zu retten und sie beide einander wieder näherzubringen, wischt er damit weg, dass sie sich revanchieren dürfe. Das Haus, seine Arbeit, die Vereine und Freunde sind ihm offenbar wichtiger als das einst harmonische und erfüllte, jetzt angeknackste Familienleben.

Ohne Begeisterung übernimmt Monika von einem verunfallten Kollegen dessen Azubi Frank. Dieser erkennt sofort ihren Frust und will diesen ausnutzen, um die „Ehefrau, Mutter, Sexsüchtig.“ zu machen. Vergeblich weist Monika ihren von sich extrem überzeugten Azubi in die Schranken. Seinen abwechslungsreichen Dominanz-Spielen - Zuckerbrot und Peitsche - ist sie sofort verfallen, und selbst als sie erkennt, dass er ihres und das Leben ihrer engsten Angehörigen zerstört, kann sie nicht mehr zurück.


Starla Bryce („Meerjungfrauen brauchen’s feuchter“, „DuftHöschen“ und so weiter.) arbeitet in „Ehefrau, Mutter, Sexsüchtig.“ mit gängigen Klischees und stellt mit der Hauptfigur Monika, aus deren Sicht die Ereignisse geschildert werden, eine Frau in den Mittelpunkt, mit der sich (wirklich?) viele Leserinnen identifizieren können oder sollen.

Monika und ihre Familie leben in gesicherten Verhältnissen. Obschon sie nicht arbeiten muss, kann sie sich in ihrem Beruf verwirklichen und hat viele Freiheiten. Ihr Bedürfnis nach mehr Familienzeit wird von Clemens zurückgewiesen, auch nach dem Bekanntwerden seiner Affäre, denn die Arbeit, die Aktien, das repräsentable Haus, sein Image in den Vereinen und bei Freunden lassen ihn die Hilferufe seiner Frau und der Kinder ignorieren. Als er endlich reagiert, ist es bereits zu spät.

Längst ist Monika Frank verfallen und lässt alles mit sich machen, was er sich für sie ausdenkt, und auch ohne ihn findet sie keinen Ausweg aus der Spirale, die sie nach ganz unten führt. Es geht ihr gar nicht um einen bestimmten Mann oder körperliche Erfüllung - sondern nur um Sex, um sich zu betäuben und wenigstens für einen Moment das persönliche Drama zu vergessen. Erst ein schlimmer Vorfall bewirkt, dass sich Monika Clemens anvertraut. Ob es daraufhin ein Happy End gibt oder nicht, sollte jeder selbst lesen, der sich von dem Thema angesprochen fühlt.

Ob sich die meisten Leserinnen mit der super versorgten Monika identifizieren können, sei dahingestellt. Gewiss ist eher die Regel, arbeiten zu müssen, um die Familie in einem weniger luxuriösen Umfeld durchzubringen. Allerdings gibt es auch Frauen, die für den Mann und die Kinder da sind, aus Bescheidenheit anderen nicht für drei Urlaubsreisen pro Jahr und zwei fette Limos den Job wegnehmen, in Konsequenz (um auch das mal zu erwähnen) später eine ‚Mickerrente‘ akzeptieren - und jene werden gar als Faulenzerinnen von solchen beschimpft, die keine Lust haben, sich mit ihren schwierigen Kindern auseinanderzusetzen und ihren kleinen Lohn direkt an den Babysitter weiterreichen. Leider bildet das Klischee bloß eine Seite ab und schürt Stimmung gegen andere Lebensmodelle.

Um Monika trotz ihres schönen Lebens für die Leserschaft einzunehmen, wird ihr ein sogenanntes ‚Frauen-Auto‘ erlaubt, ein Fiat-Panda. Hier hätte sich die Autorin für Realismus und gegen Understatement entscheiden müssen, denn ein Junge und ein Mädchen, die das Kleinkind-Alter hinter sich gelassen haben, brauchen genauso Platz wie das Equipment, das man (nicht nur) ihretwegen mit sich führt. Wer es sich leisten kann, spart nicht bei der Sicherheit seiner Kinder und wählt große Autos mit entsprechender Ausstattung.

Auch die Schuldfrage, wer die Ehe in die Krise führte, ist in diesem Roman von Frau für Frau eindeutig. Clemens, der eine blasse Randfigur bleibt, lässt sich zuerst mit einer Kollegin ein. Man erfährt nicht, warum der immer müde Ehemann bei der anderen plötzlich munter wurde, doch scheint er zu bereuen und darum Monika ‚großzügig‘ einen Ausrutscher zuzugestehen, was sehr zynisch klingt. Es dauert noch eine Weile, bis er an Monikas Statt - sie hat aufgegeben - mehr fürs Familienleben tun will, als spüre er, dass sich etwas verändert hat, als wäre seine Frau durch die Aufmerksamkeit anderer attraktiver geworden. Auf seinen Sinneswandel wird ebenfalls nicht eingegangen. Monika wiederum hätte mehrmals Nein sagen können, das kam aber immer bloß halbherzig und wandelte sich durch Clemens‘ Verhalten und ein wenig Druck stets in ein Ja, weshalb ihr eine Mitschuld bleibt.

Letztendlich kommt es so, wie man es von Anfang an befürchtet hat. Monika geht Frank trotz besseren Wissens auf den Leim; es liegt nicht mal an ihm, sondern an der Sexsucht, welche der Azubi in der jungen Frau weckt und die sie zu Dingen treibt, für die sie sich selbst verachtet. Was im Detail passiert, ist schon harter Tobak.

Monikas vorhersehbarer, dramatischer Absturz ist das Thema des Buchs - die vagen Krimi-Elemente sorgen nur für den Schlusspunkt und sind vernachlässigbar.

Die Autorin zieht, obwohl es keine Überraschungen gibt, die Leserschaft in ihren Bann, weil sie flüssig und überzeugend schreibt, doch die Handlung könnte durch weniger ermüdende und einseitige Klischees noch gewinnen.