Wasserschlangen (Comic)

Tony Sandoval
Wasserschlangen
Übersetzung: Monja Reichert
Cross Cult, 2021, Hardcover, 144 Seiten, 25,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Tony Sandoval aus Mexiko war bereits dreimal für den Eisner Award nominiert. Er präsentiert nun auch dem deutschen Publikum sein neuestes Werk, das vor allem Fans düster-romantischer und dunkel-märchenhafter Fantasy ansprechen dürfte.


Mila hat keine Freunde und so entwickelt sich der Sommerurlaub zu einer langweiligen Aneinanderreihung von Tagen. Das ändert sich erst, als sie die ebenso kauzige wie eigenwillige Agnes trifft, die nicht nur verrückte Ideen hat und ihr seltsame Geschichten erzählt, sondern sich auch tollkühn ins Abenteuer stürzt. Doch als Mila die Wahrheit herausfindet ist sie gleichermaßen abgestoßen und fasziniert. Ihre Freundin ist ein Geist mit einer besonderen Mission, deren Zähne zu besonderem Leben erwachen können um einen gefallenen König zu beschützen.

 

Der Künstler nimmt sich sehr viel Zeit, um seine poetische Geschichte zu entfalten, macht aber keinen Hehl daraus, in welche Richtung sie gehen wird, denn beide Mädchen wirken wie Geister, selbst die lebendige Mila.

Nach und nach wird der Leser zusammen mit der Heldin in die mythische Welt eingeführt, in der Agnes gefangen ist; doch bis es so weit ist, erlebt sie erst einmal kleine Abenteuer mit der neuen Freundin und verfällt deren Bann. Das ist liebevoll, manchmal ein wenig lustig in Szene gesetzt, die Farben sind noch wärmer als in der zweiten Hälfte des Albums. Denn als Mila die Wahrheit über Agnes erfährt, ist sie natürlich entsetzt und flieht erst mal, kann dann aber doch nicht von der Freundin lassen und taucht so nach und nach tiefer in deren Geheimnisse ein, um schließlich mit in deren Fluch - oder Bestimmung - gefangen zu sein.

Märchenhaft und düster-romantisch wird der Kampf um das Leben eines Königs fortgesetzt, der nur durch die beiden Mädchen und Agnes‘ Zähne gerettet werden kann. Und wie man sich denken kann ist das Ende vielleicht nicht ganz so, wie man es erwartet.

Der Zeichenstil gibt der Geschichte die richtige Atmosphäre, zusammen mit dem Text entfaltet sich ein magisches Abenteuer, das schnell in den Bann schlägt und immer wieder zu überraschen weiß. Wohl auch deshalb ist der Hintergrund zeitlich nicht einzuordnen und könnte irgendwann in den letzten achtzig bis hundert Jahren spielen.

„Wasserschlangen“ dürfte als poetisch-märchenhafte Geschichte vor allem Fans der düsteren Schauer-Romantik ansprechen, die nach einem Abenteuer suchen in dem all die Elemente zu finden sind, die ihnen gefallen: Geister und Dämonen, aber auch ein Fluch der für beide Mädchen zur Bestimmung wird und bis zum Ende überrascht.