Joe Hill: Daphne Byrne - Besessen (Comic)

Joe Hill: Daphne Byrne - Besessen
(Daphne Byrne 1-6, 2020)
Text: Laura Marks
Zeichnungen: Kelley Jones
Übersetzung: Gerlinde Althoff
Panini, 2021, Paperback, 164 Seiten, 19,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Joe Hill, der Sohn von Stephen King, hat sich mittlerweile schon einen eigenen Namen als Autor von Horror-Romanen und -Comics gemacht, so dass er jetzt auch ein gerne gesehener Herausgeber ist. So wird er Pate für junge Talente, die ihre ersten eigenen Werke präsentieren dürfen, so wie Laura Marks, die mit „Daphne Byrne - Besessen“ einen spannenden Einstand liefert.

 

New York ist im Jahre 1886 ein überaus hartes Pflaster; der Tod des Ehemannes kann den sozialen Abstieg der Familie bedeuten. Während ihre Mutter vor der Wirklichkeit die Augen verschließt und sich an ein Medium wendet, um in spiritistischen Sitzungen mit dem Verstorbenen Kontakt aufzunehmen, spürt Daphne die Realität in vollem Maße, lässt man das Mädchen in der Schule doch spüren, was sie von ihr hält. Außerdem ist da ein unheimlicher Junge, der sie seit einiger Zeit immer unverhohlener verfolgt, den aber nur sie sehen kann. Je mehr sie die Wahrsagerin enttarnen will, die ihre Mutter verführt, desto mehr gerät sie selbst in den Bann der Dunkelheit.


Wie so oft spiegeln Horror-Geschichten, die in dieser Epoche spielen, gleichzeitig auch ein wenig die dunklen Seiten der damaligen Gesellschaft wider. Dementsprechend sind die Farben auch bewusst düster ausgewählt, sie lasten schwer auf dem Mädchen, das durch die Trauer um den Vater offen für dunkle Einflüsterungen geworden ist.

Tatsächlich dringt das Böse schleichend in die Geschichte ein, wird aber schnell stärker. Die Macher machen keinen Hehl daraus, dass das Mädchen, nun da es auch noch auf der Schwelle zur Frau steht, immer mehr in den Bann der Dunkelheit gerät, die Geister leicht Zugang zu ihr bekommen und sie sich zu Taten hinreißen lässt, die man so nicht von ihr erwarten würde.

Während es zunächst nur Andeutungen und albtraumhafte Visionen sind, die vor allem für die Leser präsent sind, so wird es nach und nach immer mehr zur Gewissheit, dass Daphne der Finsternis verfällt - und das vielleicht nicht einmal freiwillig. Durch ihr Verhalten jedenfalls bringt sie sich immer mehr ins Abseits, so dass ihr am Ende nicht viel bleibt, wenn sie nicht aufpasst.

Wie so oft in der Reihe passt alles atmosphärisch zusammen; es mag zwar drastisch wirken, aber nichts ist daneben und die Spannung wächst von Seite zur Seite. Der Horror kommt richtig schön zur Geltung und spielt gekonnt mit dem Szenario, denn auch Zeit- und Lokalkolorit gehören mit dazu. Zart besaitete Gemüter sollten sich vielleicht schon überlegen den Comic zu lesen, denn Vieles ist auf den zweiten Blick hart und zynisch.

Wer düsteren Horror mit dem Ambiente des ausgehenden 19. Jahrhunderts mag, sollte ruhig zu „Daphne Byrne - Besessen“ aus der von Joe Hill herausgegebenen Reihe greifen, denn die Geschichte bietet gleich auf mehreren Ebenen deftigen und vielschichtigen Grusel, der noch eine Weile nachwirkt.