Erstaunliche Geschichten 4 + 5, Klaus-Dieter Sedlacek (Hrsg.) (Buch)

Klaus-Dieter Sedlacek (Hrsg.)
Erstaunliche Geschichten
4: In der Tiefe
5: Der schreckliche Gott Taa
Übersetzung: Klaus-Dieter Sedlacek
Toppbook.de, 2020, Paperback, je ca. 64 Seiten, je 8,99 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Zwischen 1930 und ca. 1950 erschienen in den USA Periodika, die den Leser, auf stark holzhaltigem Papier gedruckt, vom tristen Alltag ablenken sollten. Schlägt man heute (online oder für teuer Geld gekauft) die Magazine auf, so stößt man auf eine schier unglaubliche Anzahl mittlerweile weitgehend vergessener Verfasser, die eines perfekt beherrschten: Sie fabulierten phantasiereich und actionlastig, entführten ihre Leser auf fremde Planeten, oder zu gar merkwürdigen Vorkommnissen.

Ein paar der damaligen Verfasser kennen wir heute noch: Isaac Asimov, Poul Anderson, Robert Bloch, Ray Bradbury, Arthur C. Clarke, Dashiell Hammett, Robert A. Heinlein oder Jack Vance wagten hier ihre ersten literarischen Gehversuche. Die reißerischen, bunten Titelbilder taten ein Übriges, die Pulps als Schund- und Schmutzliteratur abzuwerten - was deren Erfolg keinen Abbruch tat. Ganz im Gegenteil, zogen die bunten Bilder die Leser erst zu den Magazinen.

Im inhabergeführten Toppbuch-Verlag erscheint seit dem vorigen Jahr eine Reihe, die im Format der alten Pulps nach wie vor lesenswerte Geschichten der Ära in Neuübersetzung und fast gänzlich erstmalig auflegt. Jeder der dünnen Bände enthält vier Erzählungen, wobei sich der Herausgeber bemüht, sofern vorhanden, die im Original beigefügten, oftmals eindrucksvollen Schwarzweiß-Illustrationen mit aufzunehmen.


Wie gewohnt enthält jeder Band einen Beitrag von H. G. Wells, den man bei uns hauptsächlich durch seine Romane um die Zeitmaschine und „Der Krieg der Welten“ kennt. Darüberhinaus hat der Herausgeber, der die Beiträge auch selbst und das wahrlich nicht schlecht übersetzt, bei uns eher unbekannte Verfasser ausgewählt.

Dabei schöpft er aus dem Vollen. Sprich, es ist für jeden Geschmack etwas dabei.

So geht es im 4. Band mit Wells in die unbekannten Tiefen der Ozeane, in denen intelligentes Leben existiert, H. G. Weinbaum entführt uns mit einem Ehepaar zum kalten Titan-Mond, mit dem Würger begegnet uns in der Story von Arthur Leo Zagat ein gar teuflischer Serienkiller und Leroy Yerxa stellt uns eine von Poseidon auf die Erde verbannte Meerjungfrau vor.

Im 5. Band erwartet uns in der von Malcom Jameson verfassten Geschichte ein Planet, auf dem die Menschen als Sklaventreiber über die Einheimischen herrschen - bis deren Gott Taa erwacht. H. G. Wells berichtet uns von den höchst skandalösen Auswirkungen, wenn man einen Pilz zu sich nimmt, bei Arthur Leo Zagat besuchen Abgesandte der Hölle ein kleines Städtchen und David Wright O´Brien nutzt die Zeitreise um einen Verurteilten vom elektrischen Stuhl in die Zukunft zu entführen.


All diese Geschichte zeichnet der so oft beschworene, selten erreichte Sense of Wonder aus. Gerade die Tatsache, dass alles auf eine Perspektive der 30er Jahre aufsetzt, verleiht den Geschichten ein zugleich anheimelndes, aber auch interessantes Flair.

Die dünnen Bändchen bieten dem Leser für wenig Geld jeweils vier gut übersetzte Ausflüge in die Pulp-Vergangenheit, die uns verschiedenste Spielarten der Phantastik offerieren und heutige Autoren so manches Mal in den Schatten stellen.