Christian Handel: Palast aus Gold und Tränen - Die Hexenwald-Chroniken 2 (Buch)

Christian Handel
Palast aus Gold und Tränen
Die Hexenwald-Chroniken 2
Drachenmond, 2020, Paperback, 350 Seiten, 14,90 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Christian Endres

Christian Handel stammt eigentlich aus der Schneewittchenstadt Lohr, die im Spessart liegt, lebt aber heute in Berlin. Er ist ein bekannter Fantasy-Blogger, gibt aber auch seit einigen Jahren spannende Märchen-Anthologien heraus und verfasst selbst Romane mit der gleichen Grundlage, in der vor allem starke Frauen und queere Charaktere im Mittelpunkt stehen. Das ist auch der Fall in „Palast aus Gold und Tränen“, dem zweiten Band der „Hexenwald-Chroniken“.


Ein Versprechen an ein totes Mädchen und der fatale Versuche, das Grimoire zu entschlüsseln, das sie aus dem Haus der Kinderfresserin bergen konnten, treibt Rose und Muireann, die als Dämonenjägerinnen ihr Geld verdienen, zu einer weiteren gefährlichen Reise - diesmal ins Zarenreich.

Schon die Reise dorthin erweist sich als gefährlich und unheilvoll; am Hofe des Zaren selbst werden sie in Intrigen verstrickt, die auch die enge Freundschaft der beiden Heldinnen auf die Probe stellen wird. Denn eines wird klar: Wenn sie bestehen wollen, muss auch Muireann mehr über sich und das Erbe erfahren, das tief in ihr schlummert…

Da scheint es eher nebensächlich, dass ein Krieg zwischen dem Sonnenvolk der Steppe und dem Zarenreich droht, wenn irgendetwas die Hochzeit zwischen dem Zarewitsch und der Prinzessin des Steppenvolkes stört.


Auch in seinem zweiten Band der „Hexenwald-Chroniken“ entfesselt Christian Handel wieder ein wahres Feuerwerk der Märchen-Motive und -Figuren, die ein belesener Fan sicherlich zum großen Teil erkennen wird. Einiges ist sehr offensichtlich, anderes wieder nur angedeutet.

Selbst die Heldinnen setzen sich mit „Schneweißchen und Rosenrot“ gleich, sind in diesem Fall aber keine einfachen Bauerntöchter, sondern aktive Dämonenjägerinnen, die ihre Arbeit auch ohne die Hilfe irgendeines starken Mannes stemmen können und sie Teamwork nicht ablehnen.

Auch wenn überproportional viele Frauen wichtige und interessante Rolle haben, so geraten Männer doch auch nicht ins Hintertreffen - hier zählt nicht das Geschlecht, sondern das Können. Auch die Frage nach den sexuellen Vorlieben wird nicht besonders hervorgehoben, der Umgang der Figuren miteinander ist in diesen Bereichen sehr natürlich gehalten, so dass man sich keine Gedanken macht, auch spielen diese Gefühle keine große Rolle.

Im Mittelpunkt steht tatsächlich das Abenteuer, die magischen Geheimnisse, die sich den Handelnden entgegenstellen und am Ende auch dafür sorgen, dass ihre Beziehung und Partnerschaft gleichermaßen auf die Probe gestellt werden.

Der Roman ist flott und lebendig erzählt; auch ohne den ersten Band zu kennen, kommt man problemlos in die Geschichte. Die Figuren sind gut ausgearbeitet, haben Ecken, Kanten und Geheimnisse. Selbst dem Hintergrund wird genau der passende Raum zugestanden, der da sein muss, um das Kopfkino anzuwerfen.

Heraus kommt ein gelungenes und abwechslungsreiches Spiel mit bekannten und weniger vertrauten Märchen-Motiven, ein spannendes Buch, das man nicht aus der Hand legen möchte. Das einzige Manko, dass man dem Roman vielleicht vorwerfen kann ist, dass er mit einem Cliffhanger endet.

„Palast aus Gold und Tränen“ ist ein Roman voller schillernder Figuren und Beschreibungen, der von Anfang bis Ende ein rasantes Tempo vorlegt und Lust auf mehr Geschichten aus der Welt der „Hexenwald-Chroniken“ macht. Nur das Warten auf die Fortsetzung dürfte in diesem Fall sehr quälend werden, da der Cliffhanger mehr als gemein ist.