Hermann Dreßler: Die Künste des Doktor Incubus (Buch)

Hermann Dreßler
Die Künste des Doktor Incubus
Titelbild und Innenillustrationen. Angelika Pillous
Edition Dunkelsgestirn, 2020, Hardcover, 192 Seiten, 28,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

„Hurra, Eric Hantsch ist wieder da“, dachte ich als Erstes, als ich die Meldung sah, dass er unter neuer Verlagsbezeichnung einen ersten, neuen Privatdruck produziert und hat. Unter dem Signet Edition CL (Cthulhu Libria) hatte er vor Jahren damit begonnen, bibliophile Bücher gehobener Phantastik ohne Gewinnerzielungsabsicht aufzulegen. Die limitierten Bücher werden inzwischen von Sammlern, Lesern und Fans gesucht und erreichen Höchstpreise. Unter der neuen Verlagsbezeichnung Edition Dunkelgestirn legt er nun ein weiteres Beispiel hochwertiger Buchproduktion auf.

Er und die Buchbinderei Grafe haben wirklich ein tolles Buch vorgelegt. Hochwertiges Papier, Fadengeheftet und mit Lesebändchen, der Einband mit Pariser Mamorpapier, die ganzseitigen farbigen Illustrationen, geprägter Halbleinenrücken und der illustrierte Schuber - da muss man einfach den Hut ziehen vor solch handwerklich herausragender Gestaltung!

Was sich gut bewährt hat, das sollte man beibehalten - haben sich sicherlich die Beiden, die hinter diesem Projekt stehen, gedacht. Lars Dangel hat in der Edition CL wie auch im Eigenverlag immer wieder vergessene Perlen der anspruchsvollen Phantastik längst vergangener Zeiten entdeckt und neu zugänglich gemacht.

Vorliegend bringt er uns einen vergessenen Roman eines Schulleiters, über dessen Leben und Werk wenig bekannt ist, zur Kenntnis. Wie Lars Dangel in seinem umfangreichen und spannend zu lesenden Nachwort beschreibt, hat er intensiv und unter Schwierigkeiten die Lebensdaten sowie einen kleinen Einblick in das Leben des Autors recherchiert.


Zum Inhalt: Der Verfasser entführt uns in ein fiktives Amsterdam des 16. Jahrhunderts. Ein junger Erfinder kommt in die Stadt, um hier weiter zu forschen und hoffentlich sein Glück zu machen. Im Guldenhaus, einem alten Lagerhaus, findet er zunächst ein preisgünstiges Refugium. Sein dortiger Nachbar, ein alter, komischer Kauz namens Doktor Incubus, erweist sich als höchst hilfreich bei seinen Forschungen. Mehr noch, als unser junger Eduard sich in die Tochter des Staatsrichters verliebt, weiß er, dass er nur mit einer Erfindung die für Reichtum und Ansehen sorgt, Chancen hat, dass der überhebliche Vater ihn als Schwiegersohn auch nur in Betracht zieht.

Da kommt die Hilfe seines Nachbarn, des Universalgelehrten, gerade recht, der ihn in das Geheimnis einweiht, wie man sein Spiegelbild in die reale Welt transferieren und damit mehr Zeit für sich und seine Unternehmungen gewinnen kann. Sein Plan gelingt, doch dann wird sein Zwilling festgesetzt und soll geköpft werden.


Der Roman überzeugt zum einen durch die für damalige Zeit revolutionäre Idee einen Doppelgänger zu erschaffen, um auf diesem Weg mehr Zeit für sich, für die Forschung aber auch für das Leben generell zu kreieren; daneben erzählt uns der Autor eine anrührende Liebesgeschichte. Erstaunlicherweise ist dies alles auch heute noch spannend und vergnüglich zu lesen. Insbesondere die Darstellung des Universalgelehrten fand ich, ob ihrer geheimnisvollen Anlage, sehr interessant.

Als Vorbild vermutet Dangel den epochalen Stummfilm „Der Student von Prag“ (Regie & Drehbuch: Hans Heinz Ewers), berichtet uns dann weiter von anderen, möglichen Vorlagen.

So erhält der Käufer neben dem Roman, den eindringlichen und stimmungsvollen Farbbildern die diesen begleiten, auch noch ein ausführliches Nachwort, das uns Verfasser und Werk genauer vorstellen und einordnen. Und dies alles zu einem, bedenkt man, was für ein tolles Kunstwerk Buch man dafür bekommt, moderaten Obolus.