Klaus Bigeil: Versteigert! - Das gehorsame Ehepaar 1 (Buch)

Klaus Bigeil
Versteigert!
Das gehorsame Ehepaar 1
Blue Panther Books, 2020, Taschenbuch, 184 Seiten, 12,90 EUR, ISBN 978-3-96641-102-8 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Dass Klaus Bigeil ein Pseudonym nach dem Motto nomen est omen ist, liegt auf der Hand. Auf der Seite von Blue Panther Books erfährt man, dass sich der Autor mit der gleichnamigen Hauptfigur von „Versteigert!“ identifiziert, es sich bei den fortlaufenden Kurzgeschichten jedoch nicht um einen Tatsachenbericht, sondern um eine Mischung aus ähnlichen Erlebnissen, Wünschen und Träumen handeln soll.

 

Klaus und Maria führen eine glückliche Ehe, in der jeder seine Freiräume hat. Die Luft ist zwar etwas raus, und keiner wagt, mit dem anderen über seine geheimen Wünsche zu sprechen, doch als Klaus in einem Internet-Chat den dominanten Markus kennengelernt, ändert sich für die beiden alles. Markus richtet es so ein, dass Maria von der Arbeit zurückkehrt, während sein Assistent Walter bei dem Paar zu Besuch weilt, um die Fetische von Klaus kennenzulernen und dessen Verwendbarkeit für die von Markus geplanten BDSM- und Drag-Spiele zu überprüfen. Zu aller Erstaunen weiß Maria mehr über die Vorlieben ihres Gatten, als er gedacht hatte, und zeigt sich geneigt, Markus ebenfalls als ihren Herrn zu akzeptieren.

Die beiden müssen beweisen, dass sie bereit sind, jeden Befehl auszuführen und sich von Gleichgesinnten benutzen zu lassen, um diesen Vergnügen zu bereiten und ihrerseits Befriedigung zu finden in der Unterwerfung, den Unwägbarkeiten und dem Schmerz, selbst wenn sie ohne Erlaubnis nicht zum Höhepunkt kommen dürfen. Das Paar besteht alle Aufgaben, die an sie herangetragen werden, mit Bravour, und Markus gibt Klaus, der gern Frauenkleidung trägt und (auch männliche) Brüste mag, den Namen Monika.

Schließlich sind sie bereit für etwas ganz Besonderes: Zusammen mit einigen anderen Sklaven werden Monika und Maria versteigert und gehören für einen begrenzten Zeitraum anderen Herren, manchmal allein, manchmal gemeinsam. Für beide sind diese Tage voll wunderbarer Erlebnisse, die sie miteinander teilen. Da sie zwischen dem rein Körperlichen und ihrer Liebe zueinander trennen, gibt es keine Eifersucht, stattdessen belebt das alles ihre Ehe. Markus erweist sich zudem als ein guter Herr, der ihren Gehorsam stets belohnt.


Die Ereignisse werden äußerst detailliert von Ich-Erzähler Klaus geschildert. Er beschreibt, wie er, während Maria in der Arbeit ist, seinem Vergnügen frönt (selbst scheint er keinem Beruf nachzugehen, was die Frage aufwirft, wie er seine kostspieligen Sex-Spielzeuge finanziert) und auf Markus trifft, dessen bestimmende Art sofort etwas in ihm berührt. Sie sind sich schnell einig, eine Herr-Sklave-Beziehung einzugehen, und wenig später schließt sich Maria an, obschon ihre devote Neigung weniger stark ausgeprägt ist, was sich vor allem dann zeigt, wenn sie es mit unerfahrenen Herrschaften zu tun bekommt und das Ruder übernimmt.

Der Leser wird in die Rolle des Voyeurs versetzt, der beobachten darf, wie das Paar unter Markus kundiger Anleitung neue erotische Spiele entdeckt und seine Grenzen kontinuierlich erweitert. Wer sich ihrer bedient, hat die Erlaubnis, nahezu alles mit ihnen anzustellen, was er sich wünscht, ausgenommen Gewalt und Fäkalien, sodass von häuslichen Dienstleistungen und Rollenspielen bis BDSM eine reiche Bandbreite abgedeckt wird. Für Monika und Maria ist es immer wieder spannend und befriedigend, sich völlig hilflos in die Hände anderer zu begeben, und es erfüllt sie mit Stolz, wenn sie eine gute Bewertung erhalten.

Zwar sind sie Markus‘ Eigentum, doch hält das die beiden nicht davon ab, Kontakte zu anderen mit ähnlichen Wünschen zu pflegen bzw. aufzubauen, darunter auch ein Ehepaar aus der Nachbarschaft. Gekonnt nehmen Monika und Maria Hans und Iris die anfänglichen Hemmungen mit dem Ziel, sie eines Tages Markus, der sehr interessiert ist, vorzustellen. „Aber das ist eine andere Geschichte.“ (Seite 184, Ende des Buchs).

Man ist als unbedarfter, neugieriger Leser, der sich mittels dieser Lektüre einen kleinen Einblick in die BDSM-Welt verschafft, immer wieder verblüfft, wozu devot veranlagte Menschen bereit sind und dabei tatsächlich Genuss empfinden. Das Buch vermittelt den Eindruck, als habe fast die ganze Welt geheime Neigungen, die Vanilla-Sex weit hinter sich lassen, etwas, das man auch aus Boys-Love-Mangas und -Animes kennt, in denen es fast ausschließlich homosexuelle Protagonisten gibt. Vermutlich wissen die Beteiligten um die Orte, an denen man Gleichgesinnte findet und wie man sie erkennt, denn kaum jemand möchte Außenstehende belästigen, weshalb Hans und Iris anfangs sehr scheu sind, oder erweist sich als so tolerant wie die verwitwete Nachbarin Elfriede, die unvoreingenommen annimmt, was Monika und Maria ihr anbieten.

Ohne dass der Autor es konkret in Worte fassen muss, erklärt er seinem Publikum, dass jeder Mensch auf seine Weise schön ist, ganz egal, ob jung oder alt, mit Idealfigur oder von kräftiger Statur, ob Frau oder Mann, und dass alle sexuellen Spielarten in Ordnung sind, sofern sie einvernehmlich geschehen und niemand bleibende Schäden erleidet.

Was jedoch besonders an „Versteigert!“ besticht, ist der angenehme Stil von Klaus Bigeil, der völlig wertefrei seine Erlebnisse und Eindrücke schildert, ganz so, als säße er einem gegenüber und erzähle eine unterhaltsame Geschichte. Die Dinge werden beim Namen genannt, doch bedient er sich (auf Wunsch von Markus) einer seriösen Sprache, und allein in den Zitaten (der Mitspieler) fallen auch mal deftigere Ausdrücke. Dadurch und auch aufgrund der abwechslungsreichen Episoden wirkt das Ganze sehr realistisch und nimmt den Leser gefangen, selbst wenn sich hier eine Welt auftut, die ihm fremd ist und fremd bleiben wird.

Wie auch immer man den Titel betrachtet, er lässt sich sehr gut lesen, fasziniert und macht neugierig auf die etwaige Fortsetzung.