William Peter Blatty: Die neunte Konfiguration (Buch)

William Peter Blatty
Die neunte Konfiguration
(The Ninth Coniguration, 1978)
Übersetzung: Patrick Baumann
Titelbild: Arndt Drechsler
Festa, 2020, Hardcover, 192 Seiten, 19,99 EUR, ISBN 978-3-86552-824-7 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Es ist eine Tatsache, vor der auch die größten Kommiss-Köpfe ihre Augen nicht verschließen können: auch hartgesottene Kämpfer, ausgezeichnete Soldaten, Helden der Nation gar sind vor psychischen Erkrankungen leider nicht gefeit. Ob sie nun, salopp ausgedrückt, durchdrehen und in Unterhose oder gar ohne öffentlich auftreten, ob sie kleine grüne Männchen, wilde Tiere oder Aliens sehen oder einen bemannten Mondflug platzen lassen - peinlich ist es für die Waffengattung, der sie angehören, allemal.

Die Erkrankten werden schnellstmöglich aus der Öffentlichkeit entfernt und in einer geheimen Einrichtung therapiert. Tief in den Wäldern im vergessenen Niemandsland der USA hat die Regierung ein altes Herrenhaus angemietet, um ihre „prominentesten“ Fälle zu behandeln. Weitab von neugierigen Journalisten haben sie 27 Erkrankte untergebracht und einen neuen Psychiater, einen Marine, genauer Colonel Hudson Kane, Bruder eines gefeierten Helden, in Marsch gesetzt, die Patienten zu behandeln. Er soll herausfinden, wer von diesen simuliert, wer wirklich krank ist und wem man helfen kann.

Doch wie so oft ist der Arzt eigentlich sein eigener und kompliziertester Patient - soll heißen, Hudson schleppt so Einiges an mentalem Gepäck mit sich herum, das nur zu bald in Träumen anklopft und um Gehör bittet – „fordert“ trifft es wohl besser…

 

Was ist das für ein Buch, das uns der Festa Verlag als 19. Band seiner „Must Read“-Reihe hier anbietet? Umfangmäßig eher eine Novelle als ein Roman, verfasst vom Autor, der uns „Der Exorzist“ bescherte, wartet ein Text auf uns, der mich zumindest verstörte. In kurzen Kapiteln berichtet uns der Autor von dem Eintreffen des Psychiaters, dem Kennenlernen der Patienten und den Folgen, die dies auf den Protagonisten hat.

Dabei überrascht zunächst die fast schon klinisch distanzierte Beschreibung der Patienten und ihrer Marotten. Insbesondere mit dem Astronauten Billy Cutshaw ergibt sich im Verlauf der Geschehnisse ein reger intellektueller Austausch über Existenz von Gut und Böse, der den Leser intellektuell fordert und zum Mit- und Nachdenken anregt.

„Die neunte Konfiguration“ ist keine Horror-Novelle, aber beileibe deswegen nicht weniger in der Lage, den Leser zu verstören. Die beschriebenen Verhaltensweisen, die Gespräche führen uns auf Pfade weitab des Gewohnten. Hier treffen wir auf Menschen, die die Beziehung zu unserer Realität verloren haben, die ihre eigene Realität formen und sich darin aufhalten. Das ist von seiner Intensität beileibe nicht weniger verstörend als ein Horror-Plot, aber definitiv nicht jedermanns Sache. Dazu atmet der Text zu viel Realität, hier kann man sich nicht auf die sichere Position („Das ist ja alles Phantasie.“) zurückziehen.