Lilith Saintcrow: Schattenjagd – Jill Kismet 2 (Buch)

Lilith Saintcrow
Schattenjagd
Jill Kismet 2
(Hunter’s Prayer)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Nadine Mannchen
Titelillustration von iStock
Lyx, 2010, Taschenbuch mit Klappenbroschur, 394 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 978-3-8025-8307-0

Carsten Kuhr

Hallo, mein Name ist Jill Kismet und ich bin verdammt. Bevor ich aber wieder zurück ins Fegefeuer muss, werde ich dem Höllengezücht noch zeigen, was eine Harke ist und in meiner Heimatstadt aufräumen. Ich bin nämlich die okkulte Beraterin für das Stadtgebiet von Santa Luz. Als Chefexorzistin und spirituelle Kammerjägerin verfolge ich Dinge, die der Polizei entwischen.

Dieses Mal aber geht mir mein Job ganz gewaltig an die Nieren. Ein Serienkiller geht um. Nun ja, das kennen wir ja schon, denken Sie jetzt, eben einer dieser Psychopathen, die als Kind missbraucht wurden und ihre Probleme mit Frauen haben. Erwischt es eben ein paar Huren – nicht wirklich schlimm, von den Aids-Schleudern auf zwei Beinen gibt es schließlich gerade genug. Doch wenn Sie, wie ich, die ausgeweideten Leichen zu Gesicht bekommen, bei denen zwischen dem Kopf und den Beinen fast der ganze Torso fehlt, und deren Geschlecht – gar nicht zu reden von ihrer Identität – nur anhand Genspuren ermittelt werden kann, dann essen auch Sie rückwärts – glauben Sie mir. Und wenn dann noch herauskommt, dass die Opfer alle schwanger waren, dann wissen sie, das etwas wirklich Böses los ist – und das in meiner Stadt! Eigentlich wollte ich ja mit meinem Wer-Partner Urlaub machen, aber das muss warten – jetzt gilt es auf die Jagd zu gehen, denn ein uraltes Übel, ein verstoßener Gott, will zurückkehren, und dies gilt es zu verhindern – auch wenn das heißt, dass ich einmal wieder mit dem Teufel persönlich ins Bett steigen muss; bildlich versteht sich...

Lilith Saintcrow hat mit ihrer „Dante Valentine“-Reihe (dt ebenfalls bei Lyx) für Furore gesorgt. Die Mischung aus tougher Kämpferin und einer brutal-realistisch gezeichneten Urban-Fantasy-Welt mit einem hohen Anteil an rasanter Gewalt und packende Kämpfe kam bei den Lesern diesseits wie jenseits des Atlantiks gut an. Allerdings hat die Serie in den beiden letzten Bänden doch Einiges an Fahrt eingebüßt, verliefen Plots in Sackgassen, und wurde der Leser mit seiner Protagonistin nicht mehr so richtig warm. Folgerichtig wandte sich die Autorin einer neuen Erzählerin zu. Inhaltlich aber bleibt sie ihrem Erfolgsrezept treu. Wieder gibt es in einer zeitgemäßen Umgebung Dämonen und Werwesen, die es in Zaum zu halten gilt.

Diese Aufgabe übernimmt dieses Mal, gar mit behördlicher Billigung und Bezahlung, die Dämonenjägerin Jill Kismet. Sie darf sich nun mit dem Abschaum in ihrer Stadt herumschlagen – Tradern, Menschen, die mit Dämonen einen Pakt eingehen, um sich dadurch besondere Kräfte anzueignen, Werwesen und Höllengezücht gilt es in Zaum zu halten und, wenn nötig zu bekämpfen, zu exorzieren, ja hinzurichten. Dabei kommt es unserer burschikosen Ich-Erzählerin zugute, dass sie, wie jeder der Jäger, bereits einmal selbst direkten Zugang zur Hölle hatte und in aller Regel weiß, mit wem sie sich im Fight befindet. Dass sie selbst als ehemals missbrauchte Jungprostituierte mit Luden nicht eben duldsam umgeht ist verständlich, die beiden Männer an ihrer Seite – Männer eigentlich nur anatomisch, der eine ist ein Werpuma, der endere ein hochrangiger Dämon, vielleicht gar mehr – unterstützen sie in ihrem Kampf. Dieses Mal aber geht es auch an ihre Grenzen. Nicht mehr nur Drogendealer, Zuhälter oder Traider gilt es zu beschäftigen, Hexen und Geister, Götter gar werden beschworen. Das stellt die Handlung auf eine andere Stufe, bedingt aber gleichzeitig eine noch höhere Rasanz und eine wahre Explosion der Gewalt. Letztere aufgrund der persönlichen Historie der Protagonistin zwar nachvollziehbar, aber grenzwertig. Da schwingt sich unsere Heldin zu Anklägerin, Richterin und Vollstreckerin auf, zerquetscht den Luden, um an ihre Informationen zu gelangen nicht nur die Hoden, sondern bringt sie auch gleich noch um. Das wird zwar inhaltlich ein wenig dezent aufgearbeitet, es wird immer wieder auf ihr persönliches Schicksal als missbrauchte Nutte Bezug genommen, der Hass ist verständlich, dennoch geht Saintcrow hier an eine Grenze. Die Auswirkungen der Geschehnisse auf unsere Heldin werden demgegenüber wieder glaubwürdiger dargestellt. Wenn sie sich innerlich in ihre heile Kinderwelt zurückzieht, um von dem Geschehen, das um sie herum vorgeht geschützt zu sein, so ist dies durchaus nachvollziehbar aufgearbeitet.

Insgesamt ein rasanter Mix aus Tempo, Drama und Gewalt, nicht unbedingt für schwache Gemüter geeignet sondern hauptsächlich für Fans der Action-Urban-Fantasy.