Snow Flake (Comic)

Christina Bäumerich
Snow Flake
EMA, 2010, Taschenbuch, 192 Seiten, 6,50 EUR, ISBN 978-3-7704-7385-4

Rezension von Irene Salzmann

An Weihnachten bemüht sich Satoshi, seinen Freund Kurai aufzumuntern, der über den Verlust von Kei, seiner großen Liebe, nicht hinwegkommt. Schließlich bewegt er ihn unter freiem Himmel dazu, sich vom Mond eine zweite Liebe zu wünschen. Plötzlich fällt ein attraktiver junger Mann vom Himmel. Kurai nimmt ihn bei sich auf und nennt ihn Yukito.

Yukito erklärt, dass er Kurais wahr gewordener Wunsch ist und ihm helfen soll, wieder lieben zu lernen, so wie es der sterbende Kei verlangt hatte. Tatsächlich kommen sich die beiden schnell näher, doch so richtig will Kurai Yukito nicht an sich heranlassen aus Furcht, wieder einen geliebten Menschen zu verlieren. Aber auch Yukito, der sich in Kurai verliebt hat, hält sich plötzlich zurück und wird immer schwächer, denn er ist ja nur eine Schneeflocke, deren Zeit abläuft und spätestens dann endet, wenn Kurai wieder lieben kann.

 

Auf dem Backcover wirbt EMA mit „Ein Boys-Love-Weihnachtsmärchen der besonders heißen Art - einfach zum Dahinschmelzen!“

Nun, Yukito taucht zwar in einer verschneiten Weihnachtsnacht auf, er hat Sex mit Kurai, verträgt die Wärme nicht und droht, eines Tages zu schmelzen… aber das war es dann auch schon. Von einer märchenhaften Geschichte hätte man mehr Atmosphäre erwartet, mehr Romantik und mehr Konflikte mit unerwarteten Wendungen.

Stattdessen stehen, sitzen oder liegen die Protagonisten statisch herum, ergehen sich in flachen Monologen und Dialogen, und es passiert rein nichts. Mal will Yukito, aber Kurai nicht, dann ist es umgekehrt. Sie reden nicht wirklich miteinander, und keiner geht auf den anderen ein. Auch durch die Rückblende, in der Keis Geschichte erzählt wird, gewinnt die vorhersehbare Story nicht an Tiefgang.

Die Charaktere sind leicht überzeichnet, was sich in nicht immer passenden Proportionen und schmalen, spitzen Gesichtern mit fast immer denselben Mienen ausdrückt. Auf Hintergründe wird weitgehend verzichtet und viel mit Rasterfolie gearbeitet.

Bei der Lektüre fühlt man sich an vor allem einige der ersten Boys-Love-Veröffentlichungen in Deutschland erinnert, die mit einer dünnen Geschichte und wirren Texten (Gedanken, Gespräche) aufwarteten, was man noch irgendwie damit entschuldigen konnte, dass die Übersetzer meist keine Germanisten waren und aus dem begrenzten Platz (Buchstaben abzählen) das Beste machen mussten. Auch die Figuren wirkten sehr steif und fehlproportioniert (z. B. Minami Ozaki: „Zetsuai 1989“ und die Fortsetzung „Bronze“). Viele Fan-Girls haben damals den Stil (Zeichnungen, Inhalt, Dialoge) eifrig kopiert, und das scheint auch hier der Fall zu sein. Nur reicht Nachahmen, statt etwas Eigenes zu entwickeln, selten aus.

Wären nicht die einzelnen expliziten Szenen, würde man „Snow Flake“ vom Inhalt her einer jüngeren Leserschaft zuordnen, denn für 15+ ist die Handlung zu oberflächlich-rührselig und kindlich.