Astrid Scholte: Four Dead Queens (Buch)

Astrid Scholte
Four Dead Queens
(Four Dead Queens, 2019)
Übersetzung: Diana Bürgel
Piper, 2020, Paperback mit Klappenbroschur, 408 Seiten, 16,00 EUR, ISBN 978-3-492-28171-3 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Willkommen in Quadra. Hier, wo schon der Name darauf hinweist, dass vier Gegenden zu einem Reich zusammengefasst werden, wo vier Königinnen dieses eine, kombinierte Reich regieren, sind die Unterschiede zwischen den Provinzen doch erheblich.

Fast hermetisch abgeschottet, gibt es einen technologisch hochentwickelten Sektor, wo bei der Geburt bereits der Todestag des Bürgers errechnet wird, es gibt einen Sektor, der Nahrung produziert, einen in dem die Bürger lebenslustig unterwegs sind und einen, in dem gehandelt wird. Regiert wird das Reich, wie bereits erwähnt, nach einem desaströsen Bürgerkrieg seit Jahrhunderte, von einem Matriarchat - vier Königinnen, jeweils eine aus den vier Provinzen stammend, die ihr Leben ausschließlich dem Wohlergehen des Reiches widmen. Weder dürfen sie den Palast verlassen, noch sich verlieben.

Keralie lebt im Regierungsbezirk - und das nicht einmal schlecht. Ihre Familie wollte sie, ganz der Tradition folgend, auf See schicken, die Fischerei ernährt die Familie seit Generationen - doch die aufmüpfige junge Frau hat andere Pläne für ihr Leben gehabt. Sie sagte sich vom Elternhaus los, begann eine Karriere als Taschendiebin. Und, sie ist die Beste in ihrem Metier. Ganz nach ihrem Motto „sei schnell und noch schneller weg“ leert sie die Taschen der Begüterten; ihr Freund und Mentor versteigert die „Fundstücke“ dann allabendlich an eine kauflustige und zahlungsfähige Klientel.

Eines Tages erhält sie den Auftrag; einem Boten Erinnerungschips zu stehlen. Die Tat gelingt - wie gesagt, sie ist die Beste -; doch dann ändert sich ihr Leben schlagartig. Ihr Mentor, der Junge mit dem zusammen sie gelacht und geweint hat, den sie getröstet und ja auch in den sie ein wenig verliebt ist, hintergeht sie. Statt die Erinnerungschips wie üblich zu verkaufen, behält er sie zurück. Dass der bestohlene Bote Keralie erkennt führt dazu, dass sie den Safe ihres Mentors aufbricht und die Chips auf ihrer Zunge zergehen lässt.

Was sie nicht, niemals erwartet hätte, was keiner weiß ist, dass die Chips die Ermordung aller vier Königinnen zeigen - ein Verbrechen das ebenso geheim wie undenkbar ist, ein Verbrechen, in das ihr Mentor involviert ist, ein Verbrechen, das sie und den Boten zur Zielscheibe der Täter macht.


In ihrem ersten Roman macht die Australierin Astrid Scholte vieles richtig. Zunächst stellt sie uns eine Bühne, eine Welt vor, die ungewöhnlich daherkommt. Hier trifft eine technologische Hochkultur, in der Klonen, die Forschung am Leben nach dem Tod und ein Wunderheilmittel alltäglich sind, auf bittere Armut, auf Provinzen, in denen Technologie auf Entschluss der Monarchinnen verboten ist.

Und sie stellt uns faszinierende Figuren vor. Nicht nur unsere Diebin und der Bote werden vielschichtig gezeichnet, auch jede der ermordeten Königinnen wird uns getrennt und gemeinsam vorgestellt. Hier erfahren wir dann von ihren Verfehlungen; etwa der gleichgeschlechtlichen Hinwendung oder heterosexuelle Beziehungen - wir verstehen einige ihrer Gesetze, erfahren Hintergründe und Absichten.

Dass wir über die Chips quasi live aus Sicht des Täters bei den Morden dabei sind, erweist sich als überraschend undramatisch. Die Attentate werden fast schon distanziert und nüchtern geschildert. Statt plakativer Gewalt-Akte also legt die Autorin ihren Fokus lieber auf die Jagd nach unseren beiden Hauptfiguren - die Diebin und der Bote - sowie deren Suche nach dem Motiven und den Tätern. Nach und nach entfaltet sich hier das Bild einer Verschwörung, erhalten wir auch immer detailreichere Einblicke in die Machtpyramide rund um die Königinnen.

Das ist weit vom Gewohnten entfernt, das hat Tempo und Spannung ebenso wie reichlich Action, so dass Leser aller Altersgruppen hier gut unterhalten werden.