Laura Lee Logan: Der betörende Duft von Jasmin (Buch)

Laura Lee Logan
Der betörende Duft von Jasmin
Blue Panther Books, 2019, Taschenbuch, 170 Seiten, 12,90 EUR, ISBN 978-3-96477-103-2 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Die unter dem Pseudonym Laura Lee Logan schreibende Autorin verrät von sich, dass sie 1983 im Kölner Raum geboren wurde und bereits unter anderen Namen mit Kurzgeschichten  in verschiedenen Anthologien diverser Genres in Erscheinung trat. „Der betörende Duft von Jasmin“ ist ihr erotisch-romantisches Roman-Debüt bei Blue Panther Books.


Den Angestellten Dereck, ein gut erhaltener und verheirateter Vierziger, haut es fast aus den Socken, als er nach dem Urlaub erstmals einer neuen Kollegin begegnet: Jasmin, nicht einmal halb so alt. Sie ist nicht nur schön, sondern auch überaus natürlich, verständnisvoll und stets positiv gestimmt. Dereck bekommt sie einfach nicht mehr aus dem Kopf und versucht, Jasmin näher kennenzulernen.

Zu seiner freudigen Überraschung erweist sich die junge Frau als nicht abgeneigt, eine Affäre mit ihm zu beginnen, sehr wohl wissend, dass er Vera, die Mutter seiner beiden Kinder, im Grunde seines Herzens nicht verlassen will, auch wenn die Gefühle, die Jasmin und Dereck füreinander empfinden, immer tiefer werden.

Schon bald nutzen die beiden jede Gelegenheit für heimliche Treffen, oft gedeckt von Derecks langjährigem Freund Bernard, der sowohl seine Frau als auch seine Geliebte betrügt. Endlich kann Dereck all das genießen, was Vera ihm stets verweigert hat, auch als zwischen ihnen im Bett noch etwas lief, nämlich softe Fesselspiele und Analverkehr. Er ist glücklich wie lange nicht mehr, und auch Jasmin kann durch diese Beziehung ihre traumatische Teenagerzeit hinter sich lassen.

Vera ahnt, dass etwas anders ist, kommt Dereck aber nicht auf die Schliche. Gemeinsam suchen sie einen Eheberater auf und Vera zudem eine Sexual-Therapeutin wegen ihrer Lustlosigkeit. Nach einer Weile stellt sich tatsächlich Erfolg ein, und das Paar hat wieder Spaß miteinander. Und es gibt noch mehr neue Entwicklungen: Dereck wird zum Abteilungsleiter einer anderen Filiale befördert, und Vera drängt darauf, in die Nähe dieser Arbeitsstelle zu ziehen.

Während sich Dereck einarbeitet und den Umzug organisiert, sieht er Jasmin immer seltener und entschließt sich nach einem ‚Abschiedsfick‘, den Kontakt zu ihr abzubrechen, zumal sie ihm diesen Schritt mit ihren verständigen Worten erleichtert hat. Davon, dass er sie durch die Trennung zurück in den finsteren Abgrund ihrer Vergangenheit stößt, ahnt er nichts, und es sind ihre Freunde und der Therapeut, die sie auffangen und verhindern, dass sie in selbstzerstörerische Verhaltensmuster zurückfällt. Aber vor allem Nick hat sie es zu verdanken, dass sie über Dereck hinwegkommt und eine glückliche Familie gründen kann.

Zehn Jahre später sehen sich Jasmin und Dereck als Nachbarn wieder…


Als Leser weiß man nicht so recht, was man von den Protagonisten und ihren Beziehungen halten soll.

Zunächst ist Dereck die Hauptperson. Sein Alibi, warum er kein schlechtes Gewissen hat, Vera zu betrügen, ist, dass zwischen ihnen im Bett nichts mehr geht. Alte Geschichte: Erst war er durch den anstrengenden Beruf und sie durch die Kinder zu müde, und irgendwann war die Lust bei ihr ganz weg, während er in der Midlife-Crisis wieder verstärkt Bedürfnisse entwickelt. Das heißt, Vera ist schuld, dass er sich mit Jasmin einlässt; und kein Wort, dass er seine Frau offenbar längere Zeit vernachlässigt hat.

Was für Dereck spricht, ist, dass es ihm, obschon er sich seine Wünsche erfüllen und den Ton angeben will, ein Anliegen ist, seine Partnerin zu verwöhnen, ja, sie und ihren Körper buchstäblich zu vergöttern. Er testet die Grenzen aus, würde aber nichts tun, was ihr absolut zuwider ist (siehe Veras Ablehnung von Bondage und Analverkehr). Darum hält er sich stets zurück, damit erst Jasmin auf ihre Kosten kommt. Viele Frauen können von einem so aufmerksamen Liebhaber bloß träumen.

Allerdings macht es sich Dereck zu einfach. Zwar mag er darüber nachdenken, zusammen mit Jasmin neu anzufangen, doch letztendlich will er die Komfortzone des vorhersehbaren und vertrauten bürgerlichen Lebens - Familie und Beruf - nicht verlassen und gleichzeitig die Aufregung und den tollen Sex genießen, den ihm die viel jüngere Geliebte bietet. Für ihn das perfekte Arrangement, bis er gezwungen wird, eine Entscheidung zu treffen.

Jasmin besetzt Position Nummer Zwei, bis sie gegen Ende des Buchs in den Mittelpunkt gerückt wird. Obwohl sie viel durchgemacht hat und seit geraumer Zeit psychologisch betreut wird, weil stets mit einem Absturz zu rechnen ist, verkörpert sie die starke Frau und ist auch stärker als Dereck, der immer nur für sich das Beste sucht und dabei den leichtesten Weg wählt. Ganz genau weiß Jasmin, worauf sie sich einlässt: auf eine befristete Beziehung. Keineswegs will sie die Ehe von Dereck und Vera zerstören, wobei Kinder auf der Strecke bleiben würden. Dennoch hofft sie insgeheim entgegen aller Vernunft, dass er sich eines Tages für sie entscheiden wird. So lange alles gut geht, genießt sie die gemeinsame Zeit, die ihr den notwendigen Halt gibt, und fordert nichts von Dereck; im Gegenteil, sie bestärkt ihn sogar darin, seine Ehe zu retten. Dadurch wird der Makel der Ehebrecherin weitgehend von ihr genommen, vor allem, weil sie zum Opfer von Derecks Selbstsucht wird, als er sich von ihr trennt und sie in überwunden geglaubte Verhaltensmuster zurückfällt, sodass sie Liebe mit Sex gleichsetzt. Echtes Verständnis bringt ihr erst Nick entgegen und holt sie aus dieser Abwärts-Spirale heraus.

Veras Handlungsanteile sind begrenzt auf die der frustrierten, lustlosen und eifersüchtigen Ehefrau. Eigentlich hat sie bloß eine Nebenrolle inne, doch diese ist wichtiger als die aller anderen ‚Nothelfer‘ wie Bernard, Nick und Jasmins Freunde. Sie soll die ‚Böse‘ sein, deretwegen es erst zur Affäre zwischen Dereck und Jasmin kommt. Obwohl sie Vermutungen hat, findet sie nicht heraus, was wirklich gespielt wird. Im Gegensatz zu ihrem Mann, der sie bloß zur Eheberatung begleitet, um den Schein zu wahren, nimmt sie die Hilfe an und bemüht sich, die Beziehung zu retten, sogar erfolgreich. Das macht Vera, die ebenfalls ein Opfer ist von Derecks Empathielosigkeit, die er durch seine Bemühungen im Bett zu verschleiern versteht, sympathisch, zumal man Mitleid mit ihr hat, weil sie nie herausfindet, wie sehr sie hintergangen wird. Jedenfalls gibt sie den Schwarzen Peter weiter, und Dereck hält ihn am Ende des Buchs in der Hand, als es zehn Jahre später ein Wiedersehen mit Jasmin gibt und sein Egoismus erneut durchbricht, die einstige Gespielin die Großzügigkeit ihres Mannes ausnutzt, Vera einmal mehr keine Ahnung hat und wieder die ‚Böse‘ sein soll, die ihrer Lustlosigkeit erlegen ist, obwohl mittlerweile feststeht, dass sie auch sexuell aktiv Dereck nicht von der Affäre mit Jasmin hätte abhalten können.

Laura Lee Logan rückt den Sex in den Mittelpunkt und schildert detailfroh, aber in appetitlicher Sprache, die soften Spiele der Protagonisten. Dabei ist ihr wichtig, dass tiefe Gefühle mit dem Akt einhergehen. Wo das fehlt, passiert nichts, weshalb Bernard Jasmin vergeblich anbaggert. Wie Dereck seine Geliebte umschmeichelt und ihr Genuss verschafft, was wiederum ihm einen gewissen Kick liefert, liest sich traumhaft. Aber das ist alles nur die schöne Fassade. Hinter dieser haben die Charaktere massive Probleme. Sie sind Egoisten, die bloß vorübergehend oder zum eigenen Nutzen auf die Wünsche anderer eingehen und sich an den Partnern festhalten, um ihre Schwächen zu kompensieren. So kommt man zu dem Schluss, dass Dereck ein selbstsüchtiger Feigling ist, Jasmin aus ihrer Not eine Tugend macht und Vera, an deren Frust ihr Mann gewiss nicht unschuldig ist, die Illusion einer glücklichen Ehe aufrechtzuerhalten versucht und stets die Arschkarte zugesteckt bekommt.

Die Autorin will unterhalten, und das gelingt ihr sehr gut, auch stilistisch. Der vordergründige großartige Sex nimmt gefangen, aber wirklich sympathisch sind die Charaktere nicht. Was am meisten fasziniert, sind die scheinbar klischeehaften, jedoch nachvollziehbaren Konflikte, welche die zugewiesenen Rollen auf einer zweiten Ebene neu definieren - ein mehrschichtiges Szenario, für das es, ob von der Autorin bewusst angelegt oder nicht, die volle Punktzahl gibt. Allerdings dürfte dieser Aspekt die Mehrheit der Leser, denen es bloß um die Sex-Szenen geht, wenig interessieren.