Frank W. Haubold: Dämonenstadt (Buch)

Frank W. Haubold
Dämonenstadt
Titelbild: Timo Kümmel
Atlantis, 2019, Paperback, 350 Seiten, 14,90 EUR, ISBN 978-3-86402-704-8 (auch als Hardcover und eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Markus Blau ist Schriftsteller. Allerdings, das weiß er zu diesem Zeitpunkt nur noch nicht, wird er zukünftig nichts mehr publizieren. Statt beobachtender Schreiberling wird er unerwartet in den Fahrersitz eines Handelnden befördert.

Alles beginnt damit, dass Blau seltsame Träume hat. Auf einer Düne trifft er eine mysteriöse, faszinierende Fremde und stößt auf Zeichnungen. Wieder aufgewacht findet er eine seltsame, sprechende Elster und eine Mappe mit eben jenen Zeichnungen in seinem Arbeitszimmer.

Ein Telefonanruf weist den Weg: Ein lange verschollener Kumpel aus Jugendtagen meldet sich und faselt etwas von einer Bedrohung. Einen Tag später ist er, so schreiben selbst die überregionalen Zeitungen, tot - grausam ermordet.

Markus fährt zurück gen Osten. Im kleinen, tristen Kaff Raunburg hat er damals in der DDR seine Jugend verbracht und hier stößt er nicht nur auf Hombach, einen längst pensionierten Kriminalisten, sondern auch auf Hinweise auf einen Serienkiller, der damals für den Tod von mehr als ein Dutzend Menschen verantwortlich war.

Zusammen mit dem einst ermittelnden Polizisten macht er sich daran, die Vergangenheit aufzurollen - was dem Verantwortlichen so gar nicht gefällt. Weitere Morde werden verübt, immer wieder trifft Markus in seinem Traum auf verflossene Liebschaften seiner Jugend, die ihm Ermittlungstipps geben, während Hombach nachts Besuch eines der Opfer von damals bekommt - einer Frau und deren Tochter, beide lange tot und doch unterwegs, um Rache zu üben…

 

Ich habe Frank W. Haubolds „Götterdämmerung“-Trilogie (ebenfalls Atlantis Verlag) mit gemischten Gefühlen gelesen. Hier erhob ein Autor seine Stimme, der durchaus zu erzählen wusste, der stilistisch ansprechend schreiben konnte - der mir aber ein wenig zu ausschweifend daherkam. Ich kannte aus diversen Anthologien und Storysammlungen seine kürzeren Texte, die mich weit mehr in ihren Bann zogen, als die drei Romane. Insoweit machte ich mich mit gemischten Gefühlen an die Lektüre dieses phantastischen Thrillers. Krimi-Elemente mischen sich mit Horror-Versatzstücken zu etwas, das mich, um dies vorwegzunehmen, in seinen Bann zog.

Es geht um die Auflösung eines lange zurückliegenden Verbrechens, respektive diverser dieser Morde, darum, die Verantwortlichen ausfindig zu machen, die Vendetta zu stoppen, aber auch, wichtiger noch, um eine Reise in die Vergangenheit.

Ich unterstelle dem Autor nun einmal, dass er viel von sich selbst in seine Hauptfigur hat einfließen lassen. In Träumen und Reminiszenzen geht es zurück in die 70er und 80er Jahre der DDR, es werden Erinnerungen wachgerufen, wie die Jugend sich damals, soweit möglich und geduldet, vergnügt hat.

So wird die Heimkehr in die ehemalige Stadt, in der unser Protagonist aufwuchs auch eine Reise ins eigene Ich.

Hier, sowohl in den Träumen als auch in den Reminiszenzen, packte mich der Autor, auch weil er mir eine Welt vorstellte, die mir Westler unbekannt aber sehr real vorkam, die interessante Einblicke bot und zutiefst ehrlich wirkte.

Neben Blau, der eindeutig der Haupterzähler ist, erfahren wir aber auch so Einiges über den Kriminalisten Hombach. Nur angedeutet, aber in sich stimmig, wird dessen Verachtung für die alten Seilschaften, die Wende-Gewinner und die Frustration, selbst aufs Abstellgleis geschoben worden zu sein, deutlich.

Die Ermittlungen der Beiden wirken stringent und stimmig, auch wenn so manche Helferlein im Hintergrund unseren Schnüfflern Türen öffnen und Hinweise zukommen lassen.

Die übernatürlichen Elemente, insbesondere die Traum-Szenen, setzt Haubold mehr als dosiert ein, was diesen zum einen ihren besonderen Reiz lässt, aber auch gruselig wirkt.

Frank W. Haubold ist es gelungen, mit diesem Roman eine sehr gut lesbare Synthese aus Kriminalhandlung, Rückschau auf eine Jugend in der DDR und Horror-Elementen zu verfassen. Stilistisch angenehm, inhaltlich spannend und letztlich befriedigend aufgelöst wartet eine packende Lektüre auf den Leser die zeigt, dass er bestens unterhalten kann.