Melissa Caruso: Sturmschwingen (Buch)

Melissa Caruso
Stumschwingen
Feuerfalken-Trilogie 1
(The Defiant Heir, 2018)
Übersetzung: Frauke Meier
Titelbild: Yolande de Kort
Bastei Lübbe, 2020, Paperback, 544 Seiten, 16,00 EUR, ISBN 978-3-404-20957-6 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Das Erlauchte Imperium steht vor seiner größten Herausforderung. Schon einmal bliesen die vaskandrischen Hexenlords zum Krieg - drei Jahre verlustreicher Scharmützel führten Ravenna und das Imperium an den Rand des Untergangs. Nur der politischen Hochzeit eines der Hexenlords mit einer Adeligen des Reiches brachte den Frieden, der nun erneut in Gefahr ist.

Der Doge entsendet Amalia und die an sie gebundene Feuermagierin Zaira als Drohgebärde an die Grenze. Dass Dame Amalia von Lord Kathe, einem der Hexenlords, umworben wird, dass sie gar zum Konklave geladen wird eröffnet ihr Möglichkeiten, den drohenden Krieg vielleicht abzuwenden - wenn sie denn am Leben bleibt.

Denn eines ist gewiss: Lord Ruven wird nicht ruhen, bis er sein Ziel, seinen Herrschaftsbereich auf Kosten des Imperiums massiv zu erweitern, erreicht hat.

Als Amalia auf die Mörderin ihres Vaters trifft und sie die Leichen der entführten Falken des Imperiums findet weiß sie, dass nicht nur ihr Leben, sondern das Überleben des Imperiums auf dem Spiel stehen . 

 

Vorhang auf zum zweiten Teil der „Feuerfalken“-Trilogie. Der Auftaktband war für mich eine der positivsten Überraschungen des letzten Jahres. Hier erhob eine neue Stimme ihr Haupt, die nicht auf große, martialische Schlachtengetümmel setzte, sondern feiner zu überzeugen wusste. Intrigen, politisch interessant gestaltete Staatsgebilde und eine ganz eigene Magie-Schöpfung standen auf der Haben-Seite und machten die Lektüre zum Selbstläufer.

Auch wenn der Verlag abgesehen von der Paperback-Ausgabe das Buch - den Auftaktroman wie die jetzt publizierte Fortsetzung - etwas stiefmütterlich behandelt hat, man weder eine Karte noch Prägedruck oder ein Personenregister findet - hat Caruso mich schnell wieder am Haken gehabt.

Der Mittelband präsentiert all das, was den ersten Teil lesenswert machte, baut aber zudem die Personengruppe, der wir folgen, weiter aus. Und wahrlich, interessante Figuren lernen wir hier kennen. Über diese erhalten wir einen interessanten Einblick in die Kultur der Hexenlords, die magisch von ihrem Land gespeist werden und somit, sofern sie nicht eines gewaltsamen Todes sterben, die körperliche Unsterblichkeit erreicht haben. Dieses Ziel ist eine glaubwürdige Motivation der Lords, die bislang keine Domäne haben, alles dafür zu tun, ihr eigenes Land in Besitz zu nehmen. Krieg scheint da, zumal zumeist eher die Gefolgsleute auf dem Schlachtfeld der Ehre zurückbleiben, ein akzeptabler Preis.

Immer deutlicher wird auch, dass Amelia eine direkte Beziehung zu den Hexenlords hat. Wir erfahren mehr über ihre Familiengeschichte, erleben mit, wie sie zwischen zwei Männern schwankt, wie sie vor schwierigen Entscheidungen gestellt wird. Erstmals muss sie sich nicht nur zwischen ihrem persönlichen Glück und dem Dienst am Imperium entscheiden, ihre Taten fordern auch unschuldige Opfer. Mit diesem Wissen, dieser Bürde muss sie zurechtkommen und diesen Prozess hat die Autorin mustergültig herausgearbeitet.

Wer den ersten Teil mochte, der wird im Mittelband der Trilogie noch weiter verwöhnt. Zu den sympathisch und interessant gestalteten Figuren gesellen sich neue Handlungsträger, ein wenig Romantik - gleichgeschlechtlich wie heterosexuell - fließt mit ein, und das Tempo und die Dramatik steigern sich.

Intrigen, politische Ränkespiele, Geheimnisse und eine ungewöhnlich ausgestaltete Magie fesseln den Leser an die Seiten des wunderbar flüssig zu lesenden Buches.