Roderick Gordon & Brian Williams: In die Tiefe – Tunnel 3 (Buch)

Roderick Gordon & Brian Williams
In die Tiefe
Tunnel 3
(Free Fall, 2009)
Übersetzung aus dem Englischen von Franca Fritz und Heinrich Koop
Titelbild von David Wyatt
Arena, 2010, Hardcover, 646 Seiten, 19,95 EUR, IBSN 978-3-401-06515-1

Christel Scheja

Wer sagt, dass in den Tiefen der Erde nur Stein und Magma ist oder ein glühender Kern? Will Burrows und sein Vater wissen es inzwischen besser, denn sie haben tief unter London und Südengland eine Welt entdeckt, die es eigentlich nicht geben dürfte, aber doch existiert. Vor allem der Junge hat mehr damit zu tun, als er zunächst ahnt. Als sein Vater verschwindet, macht sich Will zusammen mit seinem Freund Chester auf die Suche nach ihm. Sie entdecken nicht nur eine in einer großen Höhle befindliche Stadt, sondern müssen auch erkennen, dass sich hier Unheil für die Oberflächenwelt anbahnt.

Will erfährt, dass er durch seine leibliche Mutter Sarah selbst Teil der Gesellschaft ist, die hier lebt und sich seit Jahrhunderten an sehr strenge Traditionen hält. Während Chester im Kerker landet, wird er von seiner eigentlichen Familie aufgenommen und muss lernen, sich ohne Wenn und Aber einzufügen. Er erkennt aber recht schnell, dass das friedliche Leben nur eine Illusion ist und die Menschen in Wahrheit von einer anderen Rasse beherrscht werden – den Styx. Diese sind den Menschen sehr ähnlich, dulden aber keinen Widerspruch und wollen sich die Erde untertan machen. So hält Will es nicht lange aus und versucht zu fliehen. Dabei lernt er den Widerstand kennen, der schon lange etwas gegen die Styx zu unternehmen versucht. Mit ihnen befreit er Chester und versucht, gegen die Herren der Unterwelt anzukämpfen – bis zu dem Moment, in dem er erkennen muss, dass seine eigene Schwester Rebecca eine der Feinde ist und ihn all die Jahre überwachte, um ihn zu einem willfährigen Werkzeug zu machen. Doch der Junge spielt nicht mit. Am Ende stürzen alle – Freunde und Gegner – nach einem dramatischen Kampf in die Tiefe.

Dort unten erwarten sie nicht nur viele tödliche Gefahren – denn dort haben sich Spinnen und andere Monster der Tiefe verborgen, die nur so nach frischem Fleisch gieren, sondern auch undurchsichtige Einzelgänger, die nicht wirklich die Wahrheit sagen, Artefakte, die man nicht hier vermutet hätte – und neben Rebecca überraschender Weise auch noch Wills Vater, der inzwischen bereits viele andere Wunder und einen anderen Weg in die Freiheit gefunden zu haben scheint. Das ist auch gut so, denn die Zeit drängt, weil die Styx einen gefährlichen Virus in der Oberflächenwelt freilassen wollen...

Roderick Gordon und Brian Williams bleiben ihrer Linie treu, denn die Handlung von „In die Tiefe“ bleibt weiterhin sehr einfach und geradlinig, ist aber auch mit vielen abgedrehten Details gespickt. Anders als im letzten Band geht es nicht nur um die Intrigen der Styx, sondern auch um das reine Überleben in der unterirdischen Welt jenseits der Stadt und der großen Höhlen. Denn das Erdinnere bietet noch so manche unangenehme Überraschung für die jungen Helden. Alles in allem gibt es weitere Hommagen an Jules Vernes „Reise zum Mittelpunkt der Erde“, auch wenn diese sich auf die Tierwelt beschränken. Dazu gemischt wurde der Wettlauf gegen die Zeit und die Styx, die besonders passend durch die skrupellose Rebecca (in zweifacher Ausführung) – vertreten werden. Immerhin findet Will seinen Vater wieder, während man auch an der Oberfläche nicht ganz untätig bleibt und auch Mr. Burrows mit einbezieht.

Wieder gefallen sich die Autoren darin wissenschaftliche und fiktive Thesen mit einzubringen, die sich Forscher und Schriftsteller in den letzten hundertundfünfzig Jahren zum Thema „unterirdische Welt“ gemacht haben. Zwar gibt es auch einen roten Faden, aber der wird nicht immer aufgegriffen. Man setzt mehr auf kleinere Abenteuer in der Unterwelt und später zurück auf der Erde, so dass der Showdown nur sehr schwach ausgeprägt ist – wenn auch recht actionreich dargestellt und man das Gefühl nicht los wird, dass die ursprüngliche Trilogie durchaus noch Fortsetzungen erhalten könnte. Leider sind auch die Figuren nicht mehr so facettenreich wie in den ersten Bänden, vor allem die Styx – in erster Linie die Rebeccas – sind nur noch auf ihren Wahnsinn und Sadismus reduziert. Will und Chester zeigen auch keine weiteren Charakterzüge und Entwicklungen, genausowenig wie die anderen Figuren, so dass man dort auch keine Überraschungen erwarten sollte.

Alles in allem ist „In die Tiefe“, der dritte Band der „Tunnel“-Reihe, immer noch spannend genug, um junge Leser zu unterhalten, da genug Action und Abenteuer vorhanden sind, erfahrene Leser werden aber eher enttäuscht sein, da die Figuren zum Stillstand gekommen sind und die Handlung trotz Action in der Spannung ausbremsen.