Agatha Christie: Die große Miss-Marple-Edition (Hörbuch)

Agatha Christie
Die große Miss-Marple-Edition
Vollständige Lesung von Ursula Illert
Regie: Hans Eckart
Übersetzung: Mari Meinert, Klaus Prost, Mechthild Sandberg-Ciletti u.a.
Hörverlag, 2018, 9 CDs, ca. 670 Minuten, 30,00 EUR, ISBN 978-3-8445-2991-3

Rezension von Irene Salzmann

„Die große Miss-Marple-Edition“ ist im Hörverlag erschienen und beinhaltet sämtliche Kurzgeschichten, die Agatha Christie ihrer bekannten Hobby-Detektivin gewidmet hat. Die vorliegende Geschenkausgabe besteht aus einer Box in Pink-Schwarz, deren schwarze florale Motive auf dem Cover mit Samt überzogen sind. In der Mitte befindet sich ein Bild, dem ein Foto von Miss Jane Marple, dargestellt von Margaret Rutherford in den vier Spielfilmen (1961-1964), zugrundeliegt. Das Motiv wiederholt sich auf dem Booklet-Cover und den kartonierten CD-Hüllen, auf deren weiß-schwarzen Rückseiten die Titel der jeweiligen Folgen und die Laufzeit/Tracks angegeben sind.

20 Kurzgeschichten auf 9 CDs bieten einen Hörgenuss, der über 11 Stunden währt. Für die vollständige Lesung konnte die Bühnenschauspielerin und Hörfunksprecherin Ursula Illert gewonnen werden, die bei ihrem Vortrag die Stimme den jeweiligen Personen und der Dramatik der Situation anpasst. Sie liest lebhaft und lässt dabei das Bild von Miss Marple vor dem inneren Auge des Hörers erscheinen.

Neben Hercule Poirot dürfte Miss Marple Agatha Christies (1890-1976) bekannteste Figur sein. Laut Autorin wurde sie wohl 1930 eher zufällig erschaffen nach einem Charakter aus einer anderen Geschichte, an der Agatha Christie viel Vergnügen hatte. Näheres und auch einige Angabe zu den weiteren Personen aus Miss Marples Umfeld sowie den an den Fällen Beteiligten kann man ebenso dem 20seitigen Booklet entnehmen wie kurze Informationen zur Autorin und der Sprecherin.


„Der Dienstagabend-Klub“ ist zunächst die Zusammenkunft von Miss Marple, ihres Neffen Raymond West, der Künstlerin Joyce Lemprière, des Scotland-Yard-Kommissars A. D. Sir Henry Clithering, des Gemeindepfarrers Dr. Pender sowie des Anwalts Mr Petherik, später  von Colonel Arthur Bantry und seine Gattin Dolly Bantry, des Dorfarztes von St. Mary Mead Dr. Lloyd und der Schauspielerin Jane Helier.
Jeder der Anwesenden erzählt eine merkwürdige Geschichte, die auf einem Kriminalfall basiert und dessen Täter sowie seine Vorgehensweise die Zuhörer durch Fragen und Nachdenken erraten sollen. Natürlich erweist sich Miss Marple als äußerst scharfsinnig und findet stets die Lösung, da sie, obschon sie das kleine Dorf kaum verlässt, in all den Jahren sehr viel gehört und erlebt hat, wodurch sie Zusammenhänge herzustellen und Motive zu erkennen vermag, auf die kein anderer kommt.
Ihre Gabe, gut zuhören und beobachten zu können, dazu der Erfahrungsschatz ihres Alters, erlauben es ihr außerdem, in einigen weiteren Fällen zu Unrecht Beschuldigten und anderen Hilfsbedürftigen beizustehen, so dass der oder die Täter letztendlich ihre gerechte Strafe erhalten.

„Der rote Badeanzug“ liefert den Schlüssel zur Aufklärung eines Verbrechens: Die Erzählerin beobachtet zufällig beim Malen ein Paar, das wie sie Urlaub in einem kleinen Fischerdorf macht und in derselben Pension untergekommen ist, als dieses auf eine Bekannte des Mannes trifft. Die drei verabreden sich spontan zum Schwimmen. Plötzlich meint die Künstlerin, Blutstropfen auf ihrem Bild zu erkennen, die sie unwissentlich gemalt haben muss. Ein Fischer erzählt ihr, wenn jemand Blutstropfen sieht, wird in Kürze jemand sterben. Und tatsächlich wird die Ehefrau ertrunken aufgefunden.
Eine kränkelnde und zugleich abergläubische Ehefrau, die ihrem Mann und dem Personal sehr auf die Nerven geht. wird von einer Wahrsagerin gewarnt: Sie soll sich in acht nehmen, denn „Die blaue Geranie“ bringt den Tod. Tatsächlich stirbt die Frau, und die vormals bunten Blumen auf der Tapete ihres Zimmers sind blau.
Miss Marple wird von ihrem Dienstmädchen und deren Cousine gebeten, sich für Letztere zu verwenden, denn nachdem sie entlassen wurde, haftet der Makel an ihr, dass sie womöglich eine Diebin sei. Die beiden Schwestern, für die sie gearbeitet hatte, haben längst ein neues Mädchen und sind so voll des Lobes, dass jeder sie um „Die Perle“ beneidet. Und dann ist sie von einem Tag auf den anderen verschwunden - mit den Besitztümern der Schwestern und denen der anderen Bewohner des Hauses.


Das sind nur drei Beispiele für die Geschichten, die sich die Rate-Runden erzählen und die Begebenheiten, in denen Miss Marple direkt um Hilfe gebeten wird. Zunächst scheint es nie eine Lösung zu geben, oder diejenigen, die um Aufklärung bemüht sind, tappen im Dunkeln beziehungsweise verdächtigen den Falschen. Meist sind Liebe, Eifersucht, Rache und Habgier die Triebfedern der Täter, denen trotz perfekter Planung ein kleiner Fehler unterläuft, durch den sie überführt werden - Miss Marples scharfem Verstand sei Dank!

Für jeden Krimi-Freund sind die verzwickten Geschichten mit der schrulligen alten Dame ein grandioser Lese-, Seh- oder Hör-Spaß. Man lässt sich gerne in vergangene Jahrzehnte ziehen, amüsiert sich über die typisch britischen Eigenarten und Sichtweisen und fühlt sich überdies spannend unterhalten, ob man nun aktiv mit ratet oder einfach entspannt alles auf sich wirken lässt.

„Die große Miss-Marple-Edition“ ist ein schönes Geschenk für begeisterte Krimi- und Agatha-Christie-Fans und natürlich auch ein Schmuckstück in der eigenen Sammlung. Sehr zu empfehlen!