Holly Rose: Deinen Schlägen ergeben - Erotische Geschichten (Buch)

Holly Rose
Deinen Schlägen ergeben - Erotische Geschichten
Blue Panther Books, 2018, Taschenbuch, 182 Seiten, 9,90 EUR, ISBN 978-3-86277-067-7 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Die Kurzgeschichtensammlung „Deinen Schlägen ergeben“ ist neben „Reif trifft jung“ der zweite Titel von Holly Rose bei Blue Panther Books, die von sich (bei Amazon) sagt, dass sie bereits im Alter von 13 Jahren diese Spiel-Art der Liebe für sich entdeckte, aber erst später durch einen älteren Mann ihre Leidenschaften als Sub beziehungsweise Sklavin ausleben konnte.

Da die Autorin wie viele ihrer Kolleginnen und Kollegen, die das Erotik-Genre bedienen, ein Pseudonym benutzt, verlaufen die Recherchen auch in ihrem Fall im Sande, so dass man keine Informationen findet, die solche Behauptungen bestätigen oder auch nur, ob der Name wirklich von einer Frau oder vielleicht doch von einem Mann, der Leserinnen ansprechen möchte, benutzt wird.

 

Man darf nicht vergessen, dass erotische Publikationen lange Zeit in erster Linie von Männern für Männer geschaffen wurden und man das weibliche Publikum relativ spät entdeckte, etwa ab den 70er, doch so richtig erst in den 90er Jahren, als „Twilight“ & Co. einen Romantacy-Hype auslösten und man infolgedessen Bücher veröffentlichte, die an eine Leserschaft ab 16 oder 18 Jahre adressiert war („Feuchtgebiete“, „50 Shades of Grey“), von den erotischen Mangas (vor allem Boys Love, weniger Girls Love sowie wenig später auch Het) ganz zu schweigen. Jetzt schrieben und zeichneten Frauen für Frauen, und die Titel gingen schneller weg als warme Semmeln. Warum also sollten nicht auch Männer auf diesen ‚Frauen-Zug‘ aufspringen?

Während man früher meist an der Art der Schilderungen, den Schwerpunkten und der Wortwahl noch erkennen konnte, ob der Roman von einem Autor oder einer Autorin stammte, haben sich die ‚emanzipierten Frauen‘, seit die derbe, ehemals „Gossensprache“ genannte, Ausdrucksweise („geil“, „Möse“, „Kacke“ …) von den Medien für gesellschaftsfein erklärt wurde, angepasst und mit den Männern gleichgezogen, so dass dies kein Kriterium mehr ist, um wenigstens das Geschlecht des Schreibers zu erraten.


Acht Kurzgeschichten, in denen es mitunter ordentlich zu Sache und darüber hinaus geht, offeriert die ‚Heilige Rose‘ ihren Lesern:
Kitty möchte endlich ihre Neigungen ausleben und lässt sich darum im „Klub der Züchtigung“ ausbilden, um die perfekte Sub zu werden. Zwar ist die Trainerin eine ehemalige Schulfreundin, doch wenn es ums Geschäft geht, gibt Chrissie keinen Freundschaftsbonus. Infolgedessen wird Kitty gedemütigt und auf jede nur erdenkliche Weise herangenommen, um zu lernen, wie sie ihre Erfüllung darin findet, dass sie ihrem Herrn jeden Wunsch von den Augen abliest.
„Die Sklavin des Barons“ ist die junge Alexa, die an ihrem 18. Geburtstag dem Mann ihrer Wahl eine Übereignungsurkunde reicht, in der festgehalten ist, dass sie von nun an sein Eigentum sein will. Zum Glück ist der mehr als doppelt so alte Christian so verliebt in sie, dass er diesen Liebesbeweis zu schätzen weiß und - trotz dieser Geste der Unterwerfung -der eigentliche Sub in einer Beziehung ist, in der Alexa den Ton angibt.
Adelaine liebt ihren Herrn Marcel über alles, so dass sie sich fügt, als er beschließt, „Die Ausbildung der Sklavin“ in die Hände seines Onkels Sir Reginald zu legen. Sobald dieser sie zur perfekten Sub geformt hat, will Marcel Adelaine zurückholen. Womit er nicht gerechnet hat, ist, dass seine Liebste den älteren Herrn und seine Erziehung zu schätzen lernte.
Louisa, eine Frau aus reichem Haus, deren biologische Uhr zu ticken begonnen hat, soll ihrem Vater endlich den ersehnten Firmenerben schenken - ein schwieriges Unterfangen, weil ihr Gatte William unfruchtbar ist. Das Paar, das für ‚die Überlassung des Erben‘ an seinen Großvater auf ein Vermögen hofft, wendet sich an ein diskretes Unternehmen, das für einen fünfstelligen Betrag eine Schwangerschaft verspricht. Möglich macht das „Der geile Deckhengst“.
„Die Mätresse des Gutsherrn“ ist die Magd Grit, die dem Hoferben Fritz zu Willen sein muss. Der hasserfüllte junge Mann geht jedoch zu weit und fordert es heraus, dass sich das gepeinigte Mädchen schließlich wehrt.
„Herr unterwerfe mich!“ bittet die Journalistin Julia den Dom Jean, nachdem er ihr seine Geschichte erzählt und sie aufgeklärt hat über die Vorurteile, die man Menschen wie ihm entgegenbringt.
Frau Doktor und ihre Assistentin laden zu „DoktorSpielen“ in ein abgelegenes Haus ein, in dem jeder Patient die Behandlung erfährt, die bei ihm notwendig ist.
Silke folgt einer anonymen Einladung, die sie über ihr Handy erhielt. Sie möchte wissen, wer sich bei ihr gemeldet hat und wie er an ihre Daten gelangte. In der Einöde der Insel Föhr trifft sie auf Frank, der Frauen hasst, seine Opfer erniedrigt, auf übelste Weise quält und durch „Bondage“ jegliche Gegenwehr oder gar Flucht unmöglich macht.

Eine neunte Story, „Bück dich, du Stück!“, kann übers Internet mit dem beigefügten Code abgerufen werden. Ferner gibt es eine kurze Leseprobe aus Hannah Stevens‘ „Schön, geil und tödlich“ sowie zwei Seiten Werbung für insgesamt sechs weitere Blue-Panther-Books- Titel.


Die acht Geschichten sind sehr verschieden, und manche lassen nicht nur, wie schon erwähnt, zweifeln, ob Holly Rose wirklich eine Autorin ist, sondern auch, ob alle Beiträge denselben Verfasser haben. Die stilistischen Abweichungen halten sich in Grenzen, weil sie bei mehreren Autoren durch die Bearbeitung des tonangebenden Schreibers oder des Lektors ausgemerzt werden können. Es sind mehr die Inhalte und der Umstand, dass (fast) bloß weibliche Subs auftreten, die den Leser Fragen stellen lassen.

„Klub der Züchtigung“, „Die Ausbildung der Sklavin“ und „Herr unterwerfe mich!“ haben gemein, dass hier geschildert wird, wie junge Frauen begreifen, was es bedeutet, eine Sub zu sein, beziehungsweise wie sie als solche den Feinschliff erhalten. Die physischen und psychischen Torturen, denen sie sich unterwerfen müssen (Fesseln, Schläge, Erniedrigung und so weiter), sind abgesprochen. Grenzen und mögliche Probleme werden ausgetestet, nichts geschieht gegen den Willen der Sub, die alle Verantwortung für sich und ihr Wohl ihrem Herrn übergibt. Durch die Strafen und Schmerzen erfährt sie die Art Wertschätzung, die sie ersehnt, wobei ihr kein bleibender Schaden zugefügt wird. Jederzeit hat sie die Möglichkeit zu gehen, falls sie sich anders besinnt.

Von diesen recht überzeugenden Storys, wie es zwischen Dom und Sub optimal (!) laufen sollte, heben sich „Die Sklavin des Barons“, „Der geile Deckhengst“ und „DoktorSpiele“ ab. Hier stehen persönliche Wünsche und eine Lusterfüllung im Vordergrund, die nicht unbedingt oder bloß im weiteren Sinn etwas mit Unterwerfung und Genuss durch Strafen zu tun haben. Alexa will Lust erleben und holt sich, trotzdem sie noch Jungfrau ist, was sie von Christian haben will, und erscheint dadurch als der dominante Part, der dem älteren Herrn seine sexuellen Wünsche erfüllt, ohne dass er sich groß ins Zeug legen muss - ein Traum von bestimmt vielen Männern. Tabor ist der beste ‚Besamer‘ eines Unternehmens, der seine ‚menschlichen Hengste‘ ob ihrer Ausraster wie Vieh hält (- und die sollen eine gute DNA für leitende Persönlichkeiten liefern?!). Man fühlt sich mehr an Aldous Huxleys „Schöne neue Welt“ erinnert, als hier eine lustvolle Begattung, die eh nicht erwünscht ist, zu sehen. Auch „DoktorSpiele geht in eine härtere Richtung durch den Mix von SM und Rollenspiel. Die Doktorin hat Freude am Quälen/Dominieren, der Patient will gequält werden/sich unterwerfen. Zum Einsatz kommen medizinische Instrumente und Fäkalien.

Noch einen Schritt weiter wagen sich „Die Mätresse des Gutsherrn“ und „Bondage“, deren verbindendes Element die Gewalt ist, welche den Frauen gegen ihren Willen zugefügt wird. Das sind keine vereinbarten BDSM-Spiele, die den Opfern Lust verschaffen. Der vorgebliche Dom ist hier ein gefährlicher Gewalttäter und Psychopath, der seine Auserwählten, die anscheinend die Anlage zur Sub haben, da sie sonst kaum überstehen würden, was ihnen angetan wird, aus Hass peinigt und sie beinahe umbringt. Es mag Personen geben, die auch das ausprobieren (wollen), doch hier geschieht das unter Zwang (wie in den ‚Bodice Ripper‘-Romanen der 70er Jahre, in denen Gewalt gegen Frauen verharmlost und verherrlicht wurde, diese sich in ihren Vergewaltiger - Stockholm-Syndrom - verliebten und somit ‚bestätigten‘, dass ein Nein in Wahrheit Ja heißt) und ist daher sehr grenzwertig.

Schon diese drei verschiedenen Inhalte und Einordnungen der Geschichten könnten auf drei Autoren oder Autorinnen schließen lassen, die gemeinsam das Pseudonym benutzen. Hinzu kommt die Wortwahl, die zum einen eher zweckgerichtet ist und sich maximal des Dirty Talking bedient bis hin zu einer Ansammlung von unflätigen Beleidigungen, die, da sie (inklusive der Behandlung) von Psychopathen kommen, kaum die Bedürfnisse vieler Subs erfüllen dürften - wenn man den anderen Geschichten (und diversen Ratgebern zum Thema) Glauben schenken möchte.

Abgesehen von den beiden Hardcore-Gewalt-Szenarien fällt in diesem Band auch die hohe Quote an Tippfehlern negativ auf (fehlende oder doppelte Wörter und so weiter). Das Lektorat hätte sehr viel aufmerksamer sein dürfen.

„Deinen Schlägen ergeben“ wartet mit Licht und Schatten auf. Ein Teil der Geschichten liest sich unterhaltsam und bringt dem Publikum die Welt von BDSM näher; die übrigen sind für ‚Vanilla-Sex-Typen‘ wenig und weniger nachvollziehbar beziehungsweise überschreiten sie Grenzen, die nicht jeder fallen lassen kann oder möchte.