Brandon Mull: Die Gesellschaft des Abendsterns – Fabelheim 2 (Buch)

Brandon Mull
Die Gesellschaft des Abendsterns
Fabelheim 2
(Rise of the Evening Star)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Hans Link
Titel- und Innenillustration von Brandon Dorman
Penhaligon, 2010, Paperback mit Klappenbroschur, 448 Seiten, 14,95 EUR, ISBN 978-3-37645-3035-8

Carsten Kuhr

Fabelheim, mit diesem Namen verbanden die Geschwister Kendra und Seth einstmals nicht viel. Nachdem sie aber ihre letzten Sommerferien bei ihren Großeltern verbringen durften, und Fabelheim dabei live erlebten, sind sie nicht mehr dieselben unbedarften Kinder, die sie einmal waren.

Kendra wurde feengeküsst, verfügt nun über ganz besondere Fähigkeiten, während ihr jüngerer Bruder in seiner ungestümen Art ein wenig gebremst wurde. Dazu sollte man wissen, dass Fabelheim eines von nur fünf verborgenen Reservaten ist, in denen mythische und vom Aussterben bedrohte magische Wesen Schutz und Aufnahme finden. Natürlich darf dies keiner wissen, und ihre Großeltern wachen, zusammen mit verlässlichen Freunden, darüber, dass die Trolle, Golems, Najaden, Satyrn, Feen und Zentauren in Frieden leben können. Was auch von diesen keiner ahnt ist, dass in jedem der Refugien ein magischer Schlüssel, natürlich streng gesichert, verborgen wurde. Vereint man alle Schlüssel, lässt sich damit das Gefängnis der gefährlichsten Dämonen aufschließen und die Erde ist dem Untergang geweiht.

Noch aber ist es nicht so weit. Alles beginnt damit, dass Kendra in ihrer Schulklasse plötzlich einen neuen Mitschüler bekommt. Dass sich hinter dem charmanten Äußeren ein Klabauter versteckt, ahnt außer ihr niemand. Ein vermeintlicher Freund ihres Opas bietet seine Hilfe an. Dass er der Gesellschaft des Abendsterns und somit den Feinden Fabelheims angehört ahnen die Geschwister zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Doch dies ist nur der erste Verrat, der ihnen in der Folgezeit das Leben schwermachen wird. Auf der Jagd nach dem verborgenen Schlüssel müssen beide über ihre Grenzen hinausgehen, sich Gefahren stellen und ihre Treue und ihren Mut beweisen – nur um im Finale einmal mehr als begossene Pudel dazustehen, denn Verrat lauert immer da, wo man ihn am wenigsten erwartet ...

Nach dem beeindruckenden Debüt im vorigen Jahr legt Penhaligon den nächsten von bislang fünf Bänden um Fabelheim und dessen Beschützer vor. Zu Beginn des Romans geht es dann auch gleich in die Vollen. Mit einem Dämon – das Wort harmlos ist bei Dämonen grundsätzlich nicht angebracht – müssen unsere beiden Helden Bekanntschaft machen, ein Kommandounternehmen schließt sich an, und auch eine rasante Verfolgung darf nicht fehlen. Das hat Pepp, rekapituliert die wichtigsten Erkenntnisse und Ereignisse aus dem ersten Band und bringt den Roman in Fahrt. Dann aber ist es erst einmal vorbei mit der Action. Der Mittelteil liest sich zwar nicht uninteressant, doch mit der Vorstellung der drei Helfer, die auf die Suche nach dem Schlüssel entsandt werden und die unsere Geschwisterpaar begleiten sollen, den Verwicklungen und dem Verrat, stürzen soviel neue Informationen auf den Leser ein, dass der Autor dabei ein wenig den Handlungsfortgang vergessen hat. Das wirkt zwar – noch – nicht langweilig, ist aber gerade nach dem fulminanten Auftakt ein wenig gewöhnungsbedürftig. Zum Finale hin zieht das Tempo dann deutlich an, und kommt der Leser wieder ganz auf seine Kosten.

Ähnlich wie im ersten Teil überzeugt die Zeichnung der Figuren. Sowohl unsere beiden Helden, die wie gewohnt ihre liebe Mühe haben das auf sie Einstürzende zu verarbeiten, als auch die Nebendarsteller sind liebevoll und detailreich gezeichnet.

Mull hat sich dieses Mal ein schwieriges Feld vorgenommen. Es geht um Vertrauen, um Verantwortung und wie man mit missbrauchtem Vertrauen umgeht. Dass so etwas verletzt, dass man sich zukünftig scheuen wird, selbst zu seinem eigenen Besten anderen die Hand zu reichen und sich helfen zu lassen, ist sehr gut nachvollziehbar aufgearbeitet worden.

Ähnlich wie die später von Tad Williams und seiner Frau Deborah Beale gestartete „Tinkerfarm“-Reihe geht es auch Mull darum, aussterbenden Tieren ein sicheres Refugium zu geben. Aktuelle Bezüge fließen dabei kaum ein, obwohl natürlich die Ausrottung ganzer Gattungen exotischer Tiere immer im Hintergrund präsent ist.

Das Gebotene ist beste Jugendliteratur, die auch für erwachsene Leser interessant ist, bietet mit einem kurzen Durchhänger spannende Unterhaltung und macht auf die weiteren Fortsetzungen neugierig.