Batman: Der schwarze Spiegel (Comic)

Scott Snyder
Batman: Der schwarze Spiegel
(Batman: The Black Mirror TPB (Detective Comics 871-881), 2013)
Übersetzung: Steve Kups & Jürgen Zahn
Titelbild: Jock
Zeichnungen: Jock, Francesco Francavilla, David Baron
Panini, 2019, Paperback, 300 Seiten, 29,00 EUR, ISBN 978-3-7416-1127-8

Rezension von Irene Salzmann

Batman alias Bruce Wayne ist von den Toten zurück und gründet Batman Incorporated, um mit ausgewählten Verbündeten global arbeiten und die ganze Welt vor Super-Schurken beschützen zu können. Sein Kostüm überlässt er weiter Richard „Dick“ Grayson, dem ersten Robin und späteren Nightwing.

Das weitere Vermächtnis ist die Stadt Gotham, die in diesem Band (und in anderen Heften) immer mehr wie ein lebendiger Organismus wirkt, der zwar nicht aktiv in die Geschehnisse eingreift, aber Impulse gibt, welche die (latent) Bösen erst recht zu Untaten anregt, und die Guten verzweifeln, aber meist noch engagierter das Verbrechen bekämpfen lässt. Wie Gotham das tut, wird allerdings nicht näher ausgeführt, da die Charaktere lediglich über ihr subjektives Empfinden sprechen.

Der ‚Stellvertreter-Batman‘ ist ein anderer als das Original, denn die Geschichte von Dick unterscheidet sich von der von Bruce. Zwar verloren beide ihre Eltern durch Mord, aber während Bruce (vor allem in der jüngeren DC-Geschichte) zum gnadenlosen Rächer wurde, der jegliches Verbrechen ausmerzen möchte, will sein designierter Nachfolger kleinere Brötchen backen und die Menschen, die ihm wichtig sind sowie die in seinem unmittelbaren Umfeld, beschützen, da er weiß, dass seine Möglichkeiten begrenzt sind und er - leider - nicht jeden zu retten vermag.

Sofern sie nicht über die Identitäten informiert sind, merken Freund und Feind sehr schnell, dass jetzt ein anderer Batman über Gotham wacht - und obschon Dick das Kostüm und seine Aufgabe abzulehnen scheint, nimmt er beides an, gibt sein Bestes und steht seinem Mentor, was die Erfolge angeht, in nichts nach.

„Der schwarze Spiegel“ ist eine längere Saga, bei deren Lektüre man den Eindruck hat, dass für dieses Paperback mehrere Mini-Story-Arcs zusammengefügt wurden (die früheren Veröffentlichungen erschienen in zwei „Sonderbänden“), welche für das vorliegende umfangreiche Paperback (300 Seiten) kompiliert wurden. Scott Snyder hat den Plot so geschickt aufgebaut, dass man anfangs keine Verbindung zwischen den einzelnen Ermittlungen erkennen oder allenfalls erahnen kann und sich der Kreis erst am Ende schließt.


Ein Junge wird unerwartet gewalttätig und fällt danach ins Koma. Der Butler der Familie wird erschossen, und der Mutter wurde ein sie manipulierender Chip implantiert. Die Spur führt zu einem mysteriösen Mann, der sich ‚Dealer‘ nennt und als Auktionator des ‚Spiegelhauses‘ Equipment von Schurken anbietet. Batman verschafft sich Zutritt zu einer dieser Versteigerungen und erlebt Horror pur.

Parallel dazu wird die Familie von Commissioner Jim Gordon mit einem Gespenst aus der Vergangenheit konfrontiert: Sein Sohn James aus der Ehe mit Barbara Gordon und Stiefbruder von Batgirl/Oracle Barbara Gordon (in dieser DC-Version) kehrt nach Gotham zurück und bittet seinen Vater um eine zweite Chance. James weiß, dass er ein Psychopath ist und lässt sich mit Erfolg behandeln. Er bekommt sogar eine Stelle bei der Ärztin Leslie Thompson. Jim möchte glauben, Babs kann ihrem Bruder nicht vertrauen, und Dick, der ein Auge auf ihn werfen soll, hat eigene Probleme.

Er will ein Verbrechen klären und muss nach einigen gefährlichen Aktionen feststellen, dass er benutzt wurde. Danach geht es Schlag auf Schlag: Der Joker bricht aus. Jim vermutet, dass er sich an seiner Familie rächen will und warnt seine Ex-Frau Barbara, kommt aber zu spät. Auch seine Tochter Babs wird entführt und schwer verletzt. Batman, der einige Zusammenhänge hatte recherchieren können, ist ihre letzte Chance. Vielleicht hat er durch die Hoffnung, dass jeder Mensch eigentlich gut ist, Fehler begangen, aber derjenige, der alles von Beginn an inszeniert hatte, machte ebenfalls welche, und der gravierendste ist, den neuen Batman zu unterschätzen.


„Der schwarze Spiegel“ ist eine sehr düstere Batman-Story, in der mit Dick Grayson ein an sich nicht ganz so finsterer Vigilant agiert, der dennoch seinen Job tut. Er nimmt sich zudem des Einzelnen an und möchte Kollateralschäden vermeiden, selbst wenn das größere Muster ersichtlich ist. Was auch passiert, er schont sich ebensowenig wie sein Mentor Bruce Wayne und ist auch im angeschlagenen Zustand bemüht, Verbrecher auszuschalten. Dabei steht ihm ein futuristisches Equipment zur Verfügung, das wettmacht, dass er über keine Superkräfte verfügt.

Nicht in allen Episoden ist Batman als Titelheld die Hauptfigur oder der am häufigsten auftretende Protagonist. Jim und James Gordon haben in etwa ebenso viele Handlungsanteile, sind die Gordons und Batman doch die Hauptziele des Strippenziehers im Hintergrund, der erst im letzten Moment entlarvt wird, da er immer Strohmänner vorzuschicken wusste.

Scott Snyder bringt jedes scheinbar belanglose Detail vom Anfang erneut am Ende, um den roten Faden, der zwischendurch verloren schien, an die Oberfläche zu heben. Alles passt - und ist faszinierend grausig.

Erfreulicherweise hat mit Jock, Francesco Frankavilla und David Baron ein sehr kleines Team an dieser Storyline gearbeitet, so dass sie sehr homogen erscheint.

Ein moderner „Batman“, (relativ - Schurken sind zäh) in sich abgeschlossen und sehr finster. Kann man problemlos ohne Vorkenntnisse lesen. Spannend, ergreifend und immer wieder überraschend. Ein Paperback, das man als Sammler nicht missen sollte.