Graham Masterton: Auge um Auge - Ein Fall für Katie Maguire (Buch)

Graham Masterton
Auge um Auge
Ein Fall für Katie Maguire
(An Eye for an Eye: A Katie Maguire Short Story, 2015)
Übersetzung: Doris Hummel
Festa, 2017, eBook, 0,00 EUR

Rezension von Elmar Huber

„Auf dem Bildschirm war ein Foto von einem weißhaarigen Priester in schwarzer Soutane zu sehen, der in einem Beet mit violett blühenden Hortensien auf der Seite lag. Seine Augen waren geöffnet, und es sah aus, als würde er mit einem Anflug von Neugier in die Kamera blicken. In der rechten Hälfte seines Kopfes befand sich jedoch eine tiefe Mulde, und sein Haar an dieser Seite klebte vor geronnenem Blut.“

Im Blumenbeet der 77jährigen Mary O’Donnell wird der pensionierte Priester Fiachra Caomhánach gefunden, erschlagen mit einem Stein, neben ihm ein Kruzifix, Weihwasser sowie ein Buch zur Dämonen-Austreibung. Die Hausherrin erzählt den Beamten, dass in ihrem Garten immer wieder der Satan aufgetaucht ist, um sie, davon geht sie fest aus, für den Ehebruch zu bestrafen, den sie in jungen Jahren begangen und nie gebeichtet hat.

Den Beamten erscheint es wahrscheinlicher, dass sich ein Unbekannter über das Gelände der benachbarten Werkzeugfabrik Zutritt zum Garten der alten Dame verschafft hat. Die Recherchen decken schließlich ein Motiv auf und damit den dringenden Verdacht, dass der ‚Satan‘ im Auftrag der Werkzeugfirma gehandelt hat. Der Maskenträger ist danach schnell gefunden, doch bestreitet er Stein und Bein, den Priester auch getötet zu haben.

„Katie hatte im Laufe ihrer Karriere schon Hunderte von Lügnern vernommen und konnte seine Anspannung förmlich spüren. Er schaffte es noch nicht einmal, eins seiner Augen konstant auf sie zu richten - sein Blick huschte immer wieder zum Fenster hinüber, so als wollte er sich vergewissern, dass Clodagh wirklich tot war und sich nicht plötzlich auf der Bahre aufsetzen würde, mit der sie zum Krankenwagen getragen worden war, um ihn erneut zu beschuldigen.“


Mit der Gratis-Novelle „Auge um Auge“ bietet der Festa Verlag einen schönen Fan-Service und macht Appetit auf Graham Mastertons „Katie Maguire“-Reihe, von der bislang drei Romane bei dem Leipziger Verlag erschienen sind. Mit „Begging to Die“ wurde in Großbritannien jüngst der zehnte „Katie Maguire“ veröffentlicht.

Graham Masterton darf längst als ‚Altmeister‘ der Horror- und Thriller-Literatur bezeichnet werden. Seinen Durchbruch hatte der Brite 1975 mit „Der Manitou“, dem zahlreiche, teils sehr ähnlich gelagerte Romane folgten. Hohen Stellenwert genießen bei den Fans seine meisterlich komponierten Kurzgeschichten.

Mit Katie Maguire hat er eine Heldin erschaffen, die als Angehörige der ‚Garda’ (Kurzform für ‚Garda Síochána‘, die Nationalpolizei in der Republik Irland, umgangssprachlich für Polizei) in mysteriösen Kriminalfällen ermittelt. In dieser Kurzgeschichte wird zuerst ein Exorzismus angetäuscht, doch schon bald schlagen die Nachforschungen der Beamten sehr viel weltlichere Pfade ein. Zugegeben gestalten sich die Ermittlungen und die Entwicklung der Story als hinreichend bekannt, doch wird dies immerhin flüssig und ohne Schwachstellen abgehandelt. Lediglich das Finale bietet noch einem unorthodoxen Trick seitens der Ermittlerin, der schließlich zum Geständnis des Verdächtigen führt.

Auch wenn sich „Auge um Auge“ als wenig aufregend erweist, lässt die Novelle doch das Muster und die Möglichkeiten der Reihe erkennen, so dass man auch gerne zu einem der Romane greift.

Kurzweiliger Appetizer für die „Katie Maguire“-Thriller-Reihe.