George R. R. Martin: Feuer und Blut - Erstes Buch: Aufstieg und Fall des Hauses Targaryen von Westeros (Buch)

George R. R. Martin
Feuer und Blut - Erstes Buch: Aufstieg und Fall des Hauses Targaryen von Westeros
(Fire & Blood: 300 Years Before a Game of Thrones (A Tagaryen History), 2018)
Übersetzung: Andreas Helweg
Innenillustrationen: Doug Wheatley
Karte: Franz Vohwinkel
Penhaligon, 2018, Hardcover, 892 Seiten, 26,00 EUR, ISBN 978-3-7645-3223-9 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Christel Scheja

„Game of Thrones“ oder „Das Lied von Eis und Feuer“ macht ja momentan mehr Furore auf dem Fernsehschirm als auf dem Buchmarkt. Während sich George R. R. Martin bedeckt hält, wann nun endlich der nächste Roman seiner Reihe erscheint, tröstet er die Fans mit anderen Werken über die Lücke hinweg, bietet die Vergangenheit ja auch viele Möglichkeiten, die Leser nach Westeros zu entführen. In groben Zügen mag die Geschichte vom „Aufstieg und Fall des Hauses Targaryen“ ja schon durch einen Sachbildband bekannt sein, in „Feuer und Blut“ wird sie nun doch einmal ausführlicher geschildert.

 

Als letzte eines der großen Häuser der Drachenherren des untergegangenen Reiches Valyria kommen Aegon der Eroberer und seine Schwestern nach Westeros, um nach und nach die dort befindlichen sieben Königreiche unter ihrem Banner zu vereinen. Natürlich geht das nicht ohne Kämpfe und Intrigen ab.

Zwar bringen die Targaryen genügend Drachen und Männer mit, aber sie müssen sich auch in der Bündnispolitik beweisen und die anderen hohen Familien gegeneinander ausspielen.

So sind auch die Jahre nach der Eroberung immer wieder von kleineren Kriegen, Attentaten und Intrigen geprägt, die so Manchen das Leben kostet. Und als die Sippe der Drachenherren wächst, die bewusst untereinander heiratet und durch ihre Geschwister-Ehen den dortigen Klerus verärgert, gibt es auch immer wieder Ärger, der schließlich zum „Drachentanz“ führt, einen blutigen Thronstreit, der auch nicht vor Kindern und Frauen halt macht und am Ende weder Gewinner noch Verlierer kennt.

Aber noch einmal kann sich das Haus Targaryen aufraffen und kluge Herrscher hervorbringen, die dem Land zumindest für ein paar Jahre Frieden bringen…


Schon auf dem Klappentext macht das Buch keinen Hehl daraus, dass es kein normaler Roman ist, sondern eher eine Chronik; zwar unterhaltsam und flüssig von einem Schreiber erzählt, aber nicht wirklich eine Geschichte, in der man mehr über die Innensicht, Gefühle und Gedanken der handelnden Personen erfährt, deren Motive nur angerissen werden und deren eigentlicher Charakter blass bleibt.

Der Leser wird hier vor eine Aneinanderreihung von Fakten gestellt, blutige Ereignisse werden mit Genuss geschildert, ebenso wie Intrigen und die entsprechenden Fraktionen erläutert werden.

Allerdings verliert man als Leser bei der Vielzahl von Namen schon einmal den Überblick, so dass man sich letztendlich nur auf die Targaryens selbst konzentrieren sollte, um nicht ganz den Faden zu verlieren. Die Gefolgsleute sind oft auch nur das Kanonenfutter, das die Prinzen und Prinzessinnen des Hauses für ihre Machtspielchen missbrauchen; nur gelegentlich wachsen sie zu einer ernsten Bedrohung heran.

Die Spannung bleibt insgesamt eher moderat, denn das Buch ermöglicht es gar nicht, Partei für irgendwen zu ergreifen und mit diesem zu fühlen, denn die Figuren bleiben durch den Charakter des Werks eher auf Distanz.

Daran muss man sich zwar gewöhnen, jedoch ist das ist keine Schwäche der Chronik, die ihrem Anspruch mehr als gerecht wird und allemal leichtgängiger zu lesen ist als etwa Tolkiens „Silmarillion“. Denn Martin begeht nicht den Fehler, einen antiquierten Stil zu verwenden, sondern „frei von der Leber“ weg zu schreiben.

Zwar erzählt er letztendlich nichts Neues, was dem Fan nicht schon irgendwie bekannt vorkäme, aber das geschieht insgesamt sehr kurzweilig.

Ein besonderes Schmankerl sind auch die Illustrationen von Doug Wheatley. Sie lockern nicht nur den Text auf, der sonst eine reine Bleiwüste wäre, sondern geben auch den wichtigen Figuren Leben und ein Gesicht. Gerade der fotorealistische Zeichenstil trägt viel dazu bei, dass man in die Handlung eintauchen und bestimmte Szenen förmlich vor Augen sehen kann. Schon für sie alleine lohnt sich fast der Erwerb des Buchs, das zwar einen stolzen Preis hat, aber durchaus sein Geld wert ist.

Es mag zwar nicht darüber hinwegtrösten, dass der Autor auch weiterhin seine Arbeit herausschiebt und die Fans weiter warten lässt, aber es sorgt dafür, dass das Warten ein wenig versüßt wird.

„Feuer und Blut - Erstes Buch: Aufstieg und Fall des Hauses Targaryen von Westeros“ ist vielleicht nicht ganz das Buch, was sich Fans der „Game of Thrones“-Saga wünschen dürften, bietet aber auf seine eigene Art ein gewisses Lesevergnügen, vertieft den historischen Hintergrund von Westeros und punktet vor allem durch die überragenden Illustrationen, die ein wahrer Augenschmaus sind.