Katharina Fiona Bode & Grit Richter (Hrsg.): Kemet - Die Götter Ägyptens (Buch)

Katharina Fiona Bode & Grit Richter (Hrsg.)
Kemet - Die Götter Ägyptens
Titelbild: Grit Richter
Art Script Phantastik Verlag, 2018, Paperback, 248 Seiten, 12,80 EUR, ISBN 978-3-945045-14-5 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Ägypten, das Land am Nil, mit seinen Bauten, der reichen Kultur und seinen Göttern hat immer schon seine Faszination auf Generationen von Menschen ausgeübt. Napoleon zog es ebenso hierhin wie Rommel, der im Auftrag von Hitler das Land fürs Reich sichern sollte.

Alljährlich reisen zigtausende Touristen an den Nil, um die Überbleibsel der alten Hochkulturen der Reiche zu bestaunen. Auch heute noch, im Zeitalter der ungezügelten Bauwut, steht man fassungslos ob der Pracht und des Einfallsreichtums der alten Ägypter vor ihren Tempeln, Standbildern und Monumenten.

Dabei war es gerade auch das Götter-Pantheon der Ägypter, das hier letztlich für die Innovationen und die Baukunstwerke verantwortlich zeichnete. Ohne die Religion, die sich um die mannigfaltigen Götter und das Leben nach dem Tod rankten, wären die uns heute nach wie vor bekannten Grabmäler der Pyramiden nicht denkbar gewesen.

Doch was wird aus Göttern, deren Gläubige bedrängt, bekämpft, überrannt und letztlich von neuen Religionen assimiliert werden?

Anubis, Re, Osiris und Co. verblassen, verlieren an Einfluss und Macht. Doch so ganz aufs Altenteil wollen sie sich auch nicht abschieben lassen. Wie es ihnen denn ergangen ist, möchten Sie wissen?

Nun, dann lesen Sie doch die Geschichten dieses Bandes, in denen es um die Götter geht, wie sie sich in unserer modernen Zeit schlagen - und lassen Sie sich verblüffen. Denn merke, ein Gott, noch dazu ein ägyptischer Gott, gibt weder einfach auf, noch lässt er sich so mir nichts dir nichts in die Ecke stellen…


Was erwartet den Leser nun im Einzelnen?

In Udo Brückmanns „Das Auge der Macht“ kehren die alten Götter zurück. Lange genug haben sie mit angeschaut, wie die von ihnen erhobene und geförderte Menschheit gewütet hat, jetzt ist der Tag der Abrechnung gekommen. Für die CEOs, Verbrecherkönige, Politiker und Schänder haben sie eine ganz besondere Art der Reue im Gepäck.

Die Götter wachen ausgerechnet in Darmstadt wieder auf. Aus ihren Sarkophagen auferstanden wollen sie dort ihr Reich neu errichten. Doch zwei ihrer Brüder wollen die Rückkehr in Jessica Isers „Das groteske Tagebuch des Anubis“ verhindern.

Axel Pirker berichtet uns in „Die Wiedergeburt des schillernden Gottes“ vom letzten überlebenden ägyptischen Gott - ausgerechnet einem Käfer, der sich gen Rom aufmacht, den alten Streit gegen den Nachfolger von Neuem aufzunehmen.

In Corinna Schattauers „Der Schrei des Falken“ kommt es zur folgenschweren Auseinandersetzung zwischen Re und Apep - den Göttern des Lichts und der Dunkelheit.


Marcus Rauchfuß’ „Der größte Tempel der Geschichte“ erzählt uns von dem findigen Erfinder der Emojis - natürlich ein ägyptischer Gott , der neidlos anerkennen muss, dass seine Kollegin im Web noch besser unterwegs ist, als er.

In Marcus Cremers „The Crocodile Splash Toilet Company“ kommt es zum Aufeinandertreffen der letzten ägyptischen Götter gegen die die Erde bedrohenden Großen Alten.

Auch Götter haben ein Recht darauf, zu vergessen. Einst war sie Anapas Helferin, riss den Toten das Herz aus der Brust, auf dass es gewogen würde. Jetzt hat sie in Tino Falkes „Von Herzen“ immer noch die mehr als unerwünschte Gabe, eines jeden Menschen Geheimnisse zu erblicken.

Einst führte er die Seelen in die Duat - die Rede ist von Mafed, wie er sich jetzt in Jenny Woods „Totenpfade“ nennt. Er ist Gerichtsmediziner in New York. In dieser Eigenschaft stößt er bei einer Leiche auf etwas, das nicht sein kann, nicht sein darf  er riecht einen der Wächter Anubis’.

In Martin Rüschs „Schlangenseele“ begegnen wir zwei Schwestern. Einst waren Wadjet und Nechbet die Schutzgöttinnen Ägyptens, jetzt schickt sich Nechbet an, die Tore zur Duat zu öffnen und sich in Rio zur neuen Herrscherin aufzuschwingen - etwas, das ihre Schwester nicht zulassen kann.

Caroline Strack berichtet in „Tausend Jahre und ein Tag“ vom Bestreben Isis, die auf der ganzen Welt verteilten Stücke ihre Mannes, des Gottes Osiris, zu finden und diesen wieder auferstehen zu lassen - sehr zum Unwillen von Anubis.

Melanie Vogltanz’ „Highway to Heliopolis“ zeigt uns die in der modernen Welt angekommenen Götter. Der eine betreibt eine kleine Kneipe im Nirgendwo der Mojave-Wüste, der andere eine Casino-Kette vom Feinsten. Ihr Kampf könnte das Ende der Welt bedeuten - doch dann mischen sich Menschen ein.

Daniel Müllers „Göttliche Überlebenstipps“ bringen Ihnen und mir das 1x1 im Umfang mit den Allmächtigen auf sehr vergnüglich zu lesende Art bei.

Katharina Fiona Bode schließt den Band dann mit „EpiLog, doch Heh sprach wahr“ ebenso einzigartig wie verwirrend überbrodelnd ab.


Alles in allem also ein Werk, das nicht nur Fans des alten Ägypten sondern auch solcher der Urban Fantasy zufriedenstellen wird. Die Beiträge sind sorgfältig redigiert, stilistisch ansprechend und abwechslungsreich - also gerade das Richtige für kalte Winter-Abende.