Tim Miller: Puppenhaus (Buch)

Tim Miller
Puppenhaus
(Dollhouse, 2015)
Übersetzung: Christian Jentzsch
Titelbild: Arndt Drechsler
Festa, 2018, Paperback, 120 Seiten, 12,99 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Jan Niklas Meier

Auf den ersten Blick ist Ernie Lester ein netter Kerl. Still, höflich, zurückhaltend - ein unauffälliger Typ, den jeder bald wieder vergessen hat. Nur leider spielt Ernie gern mit Puppen. An und für sich wäre das vielleicht ein seltsames Hobby für einen erwachsenen Mann, böte aber trotzdem keinen Grund zur Beunruhigung. Ernies Puppen sind allerdings etwas speziell: Sie sind lebendig. Ernie hält Frauen in seinem Haus gefangen. Er setzt sie unter Drogen, macht sie so gefügig. Bewegungsunfähig, umnebelt sind sie ihm schutzlos ausgeliefert.

Eines Tages trifft unser Psychopath auf die Handy-Verkäuferin Jodi, eine junge Frau, die ihre Tage damit verbringt, Kundengespräche zu führen und ihrem Chef aus dem Weg zu gehen, der ihr nachstellt. Ernie macht Jodi zu einer seiner Puppen - und Bob, der Leiter des Handy-Geschäfts, wird schnell Teil seines perfiden Spiels.


„Puppenhaus“ ist in weiten Teilen ein typischer Miller: schnell, brutal und gemein. Entgegen vieler seiner anderen Werke geht der Autor diesmal allerdings etwas subtiler zu Werke. Miller gesteht seinen Figuren eine gewisse Tiefe zu, die man sonst vergebens sucht. Das macht Lust auf Mehr - nur kommt dieses „Mehr“ eben nicht. „Puppenhaus“ ist nach 126 Seiten zu Ende. Das reicht, um eine typische Miller-Geschichte zu erzählen. Wenn neben offenherziger Gewalt-Eskapaden aber eine psychologische, eine tiefere Ebene die Handlung bereichert, dann sollte diese auch aus erzählt werden. Und in diesem Fall ist so etwas in der Kürze der Erzählung nicht zu leisten.

Nichtsdestotrotz bleibt „Puppenhaus“ ein überaus lesenswertes Buch - allerdings nicht für Zartbesaitete. Wenngleich es sich hier um einen gemäßigten Miller handelt, geht es doch ziemlich explizit zur Sache.