Ingo Siegner: Wie der Bär zu seinen Farben kam (Buch)

Ingo Siegner
Wie der Bär zu seinen Farben kam
cbj, 2018, Hardcover, 48 Seiten, 12,00 EUR, ISBN 978-3-570-17582-8 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Der kleine Bär ist sehr traurig, weil der Zeichner ihn bloß in Schwarz-Weiß gemalt und auch auf die Bitte hin keine Lust hat, zu den Buntstiften zu greifen. Darum schlüpft er in der Nacht aus seinem Buch heraus, um schöne Farben zu finden. Er trifft auf einen Australier, eine Meerjungfrau und den Mann im Mond, die ihm alle einen großen Stift schenken in den Farben Rot, Blau und Gelb. Wieder zurück im Buch wird der Bär vom Zeichner, der ihn vermisst hat, freudig begrüßt - aber bekommt er nun seine Farben?

 

Der erste Eindruck beim Lesen ist, dass es sich um eine nette Geschichte zum Vorlesen für Kinder ab zwei oder drei Jahre handelt, die nicht belehrend ist, kein wichtiges Wissen vermittelt, sondern unterhalten soll. Denn der kleine Bär wünscht sich etwas, das er nicht bekommt, weil das Malen mit Farben arbeitsintensiver ist als mit Grautönen. Und die heutige Welt ist, anders als früher, bunt. Die Zielgruppe kennt keine Schwarz-Weiß- … Fotografie, Filme, Zeitungen etc. Erst recht kennen sie nicht den eigenen Reiz dieser Aufnahmen, um den es auch gar nicht geht.

Der kleine Bär sehnt sich nach einer behaglichen, bunten Welt, die ihn glücklich macht. Da er sie nicht bekommt, begibt er sich auf Reisen, um das Fehlende zu finden. In einer Phantasie-Geschichte spielt es natürlich keine Rolle, wo er die Mittel herbekommt, um seine Ziele zu erreichen. Er besucht entlegene Gebiete, wo man ihm freundlich weiter hilft und er die schönsten Rot-, Blau- und Gelbnuancen erhält.

Der Zeichner freut sich zwar, als der kleine Bär wieder da ist, aber bloß widerwillig macht er sich ans Werk, seine Figur und dessen Umgebung bunt zu gestalten - mit den drei Farben könne er ja auch mischen, sagt der Bär. Erst als dieser immer glücklicher wirkt, hat endlich auch der bequeme Zeichner ein Einsehen.

Hier macht sich schließlich der Lehr-Teil bemerkbar: Der kleine Bär sammelt die Grundfarben, aus denen man die übrigen Farben mischen kann, was auch vorgeführt wird. Der zweite Punkt ist die soziale Ebene, dass man (der Zeichner) sich freut, wenn man andere hat glücklich machen können. Es gibt noch einen unterschwelligen dritten Bereich, dass nette Wesen anderen netten Wesen helfen, auch wenn sie nicht von derselben Spezies sind (Bären, Nixen, Mondmänner…).

Was auch immer man sieht, es ist ein ganz liebes Buch für kleine Kinder zum Vorlesen und Betrachten, die selber anhand der Bilder ihre Entdeckungen machen sollten. Denn da ist ja noch die kleine Maus als Begleiter, mit dem sich ein kleines Kind vielleicht sogar lieber identifizieren möchte als mit dem Bär, weil sie bloß beobachtet und nicht aktiv wird.

Die Illustrationen von Ingo Siegner („Der kleine Drache Kokosnuss“) sind überaus kind- und altersgerecht und runden die hübsche Geschichte gelungen ab.