Diana Rowland: Vom Dämon gezeichnet – Die Fälle von Kara Gillian 1 (Buch)

Diana Rowland
Vom Dämon gezeichnet
Die Fälle von Kara Gillian 1
(Mark oft he Demon, 2009)
Aus dem Amerikanischen von Karina Schwarz
Titelgestaltung von HildenDesign, Birgit Gitschier, unter Verwendung eines Motivs von Shutterstock
Autorenfoto von Carlon Porche Mangrum
Lyx, 2010, Taschenbuch mit Klappenbroschur, 412 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 978-3-8025-8277-6

Irene Salzmann

Kaum wurde Kara Gillian zur Mordkommission von Beaulac/Louisiana versetzt, überträgt man ihr bereits einen heiklen Fall, der vor einigen Jahren für Schlagzeilen sorgte und nun erneut von sich reden macht: Der so genannte Symbolmörder hat wieder zugeschlagen. Schon bald tauchen weitere Leichen auf, die er nach einem bestimmten Schema gefoltert und verstümmelt hat. Ihnen allen gemein ist eine Rune, deren Bedeutung niemand kennt.

Zusammen mit den anderen Mitgliedern der Sonderkommission beginnt Kara zu recherchieren, doch abgesehen von FBI-Agent Ryan Kristoff ist ihr niemand eine große Hilfe, denn die meisten Kollegen sind verärgert, dass ein Neuling die Leitung erhalten hat. Als Kara merkt, dass Ryan an übersinnliche Phänomene glaubt, zieht sie ihn mehr und mehr ins Vertrauen. Sie weiß, dass kein normaler Serienmörder am Werk ist, sondern jemand mit arkanen Kräften ein kompliziertes, gefährliches Ritual vorbereitet. Tatsächlich ist Kara eine Beschwörerin und verfügt über die Macht, sogar Dämonen der zwölften Ebene zu rufen. Als sie einen niederen Dämon beschwören und um Informationen bitten will, scheint jedoch etwas schiefgegangen zu sein, denn statt Rysehl erscheint Rhyzkahl, einer der mächtigen Dämonenfürsten, die keiner, der an seinem Leben hängt, zu rufen wagen würde: Ein solches Wesen unterwirft sich nicht und rächt sich gnadenlos, wenn seine Ehre verletzt wurde. Kara kann ihr Glück kaum fassen: Rhyzkahls Wut verebbt nach einem Moment, und statt sie zu töten, verführt er sie und erlaubt ihr sogar, ihn künftig zu rufen. Allerdings zögert Kara, dieses Angebot zu nutzen, denn ein Dämonenfürst, der in die Welt der Menschen gebeten wird, ohne dass zuvor die Bedingungen festgelegt wurden, könnte das Ende von allem bedeuten. Als Kara die Puzzlestücke endlich zusammengesetzt hat, ist es zu spät, um den Symbolmörder aufhalten zu können. Er erpresst sie mit dem Leben der Menschen, die ihr wichtig sind, um mit ihrer Hilfe die Beschwörung zu vollenden – und Rhyzkahl in seine Gewalt zu bringen …

Leider findet man nur wenige Informationen über Diana Rowland, die offenbar mit Laura Joh Rowland, der Schöpferin des Samurai-Detektivs Sano Ichiro, verwandt ist. Ihrer Biografie kann man entnehmen, dass sie ein bewegtes Berufsleben (unter anderem als Polizistin, Kriminaltechnikerin und Assistentin in einer Leichenhalle) hinter sich hat und viele Erfahrungen sammelte, die nun in ihre Romane einfließen.

Diana Rowlands Debüt-Roman entführt in den amerikanischen Bundesstaat Louisiana, in die Nähe von New Orleans (es wird gelegentlich an den Hurricane Katrina und die Folgen erinnert). Nur wenige Menschen wissen, dass es Dämonen gibt und Personen, die fähig sind, diese zu beschwören. Die Polizistin Kara Gillian ist eine davon. Sie lässt den Leser an ihren Kenntnissen teilhaben: Es gibt zwölf Ebenen, in denen die verschiedenen Arten Dämonen leben, und über ihnen stehen noch viel mächtigere Wesen, die Dämonenfürsten. Die menschlichen Maßstäbe gelten nicht für sie, daher sind sie nicht im herkömmlichen Sinn gut oder böse. Sie legen großen Wert auf ihre Ehre; beleidigt man einen Dämon, ist seine Rache furchtbar, erweist man ihm einen Gefallen, möchte er seine Schuld begleichen. Die Art der Beschwörung, die Verträge und auch die Gefahren sind unterschiedlich groß, und je mächtiger ein Dämon ist, umso riskanter ist die Anrufung. Obwohl Kara ihre Fähigkeiten im Falle des Symbolmörders einsetzt und auch Dämonen ihre Auftritte haben, missbraucht die Autorin die Möglichkeiten der Phantastik nicht. In erster Linie leisten die Polizisten die bekannte Ermittlungsarbeit, denn Karas Respekt vor den Dämonen ist zu groß, als dass sie leichtfertig Mächte entfesselt, die sie – vielleicht – nicht beherrschen kann. Ihr Gegenspieler hat keine solchen Skrupel.

Das leseerfahren Publikum ahnt früh, dass der schöne Rhyzkahl Dreh- und Angelpunkt des Geschehens ist. Er erscheint wohldosiert, so dass man stets gespannt ist, wann er sich das nächste Mal einmischt und was er überhaupt bezweckt. Seine Beschreibung und sein Auftreten erinnern an Michael Moorcocks Roman-Figur Elric von Melniboné, zu der es auch Comic-Adaptionen gibt. Tatsächlich ist Rhyzkahl immer wieder für eine Überraschung gut und darf am Ende doch noch deus ex machina spielen, um seine Macht zu verdeutlichen. Obwohl seine Rolle vergleichsweise klein ist, stehen die anderen Charaktere, ausgenommen Kara, in seinem Schatten. Sie erfüllen ihre Aufgaben als Mentorin, Informationsquell, Hemmschuh, Heldenbegleiter und so weiter. Man darf jedoch davon ausgehen, dass Ryan Kristoff in den Folgebänden wieder dabei sein wird und sich vielleicht eine Dreiecksbeziehung, vergleichbar der in „Blood Ties“ von Tanja Huff, deren Detektivin zwischen einem Polizist und einem Vampir steht, entwickelt. Überdies gewinnt Kara womöglich durch die Geschehnisse etwas, was ihr beim Umgang mit Dämonen von Nutzen sein kann, so wie Lilith Saintcrows Dante Valentine.

Zwar ist „Vom Dämon gezeichnet“ in Hinblick auf den Symbolmörder in sich abgeschlossen, doch bleiben einige Fragen offen, und die Weichen werden für das Kommende gestellt. „Vom Dämon versucht“, der zweite Roman um Kara Gillian, ist für Februar 2011 angekündigt.

„Vom Dämon gezeichnet“ ist ein wahrer Pageturner, der mit waschechter Urban Fantasy, Horror und sogar reichlichen Krimi-Elementen aufwartet – das gefällt den Genre-Fans! Doch auch die Freunde der Romantacy kommen nicht zu kurz, wenngleich die romantischen Szenen angemessen kleingehalten werden und nicht grafisch ausfallen. Freilich ist anzunehmen, dass sich in dieser Hinsicht noch etwas tun wird. Der Roman ist flüssig und routiniert geschrieben, man kann sich leicht mit Kara Gillian identifizieren und Anteil an ihren Problemen nehmen, die Charaktere sind interessant und die Spannung steigert sich vom Anfang bis zum Ende zu einem gelungenen Finale, das Lust auf mehr macht.

Hat man Spaß an Büchern wie Ilona Andrews „Stadt der Finsternis“, Caitlin Kittredges „Nocturne City“ oder Seanan McGuires „October Daye“, sollte man „Die Fälle von Kara Gillian“ unbedingt lesen, denn sie bieten beste phantastische Unterhaltung.