Grayson Megaband 1: In geheimer Mission (Comic)

Tom King, Tim Seeley
Grayson Megaband 1
In geheimer Mission
(Grayson 1-12,2014/2015)
Übersetzung: Josef Rother
Tielbild: Mikel Janin
Zeichnungen: Mikel Janin, Guillermo Ortego, Stephen Mooney, Hugo Petrus
Panini, 2016, Paperback, 332 Seiten, 28,00 EUR, ISBN 978-3-95798-755-6

Rezension von Elmar Huber

Nightwing alias Dick Grayson ist seit dem „Forever Evil“-Event offiziell tot. Inoffiziell arbeitet er als Agent 37 für die Geheimorganisation ‚Spyral‘ unter der Leitung von Mr. Minos, noch inoffizieller ist er Spyral beigetreten, um die Organisation in Batmans Auftrag auszuspionieren.

Zusammen mit seiner Spyral-Partnerin Matrone alias Helena Bertinelli erhält er von Minos den Auftrag, eine Reihe von künstlichen Organen zu beschaffen, die sogenannten Paragon-Teile, die die DNA der Justice-League-Mitglieder enthalten und übermenschliche Kräfte verleihen. Zusammengesetzt würde Paragon also über die gebündelten Kräfte der Justice League verfügen, was Batman mit allen Mitteln verhindern will.

 

Absichtlich oder nicht schafft man schon in der Werbung für „Grayson“ und mit dem Klappentext die Assoziation zu „James Bond“, und tatsächlich legt der Megaband gleich mit einer satten Action-Sequenz los, die den traditionellen Pre-Title-Szenen eines „Bond“-Films in nichts nachsteht.

Weiterhin erwarten den Leser nicht wenige Finten, Twists und Doppelmanöver, und es herrscht eine ständige Unsicherheit, wer Freund und wer Feind ist; auch in den eigenen Reihen.

Die Spionage-Organisation Spyral indes, die ihr Versteck auf dem Gelände der St. Hadrians Mädchenschule hat, ist ein typisches Kind von Grant Morrison, der schon immer dafür gut war, das Batman-Universum auf originelle und auch kuriose Art zu erweitern und sich nicht im ewig gleichen Bat-Sumpf im Kreis zu drehen.

Einige neue technische Gadgets gibt es auch, wie die Hypnos, die es einem Gegenüber unmöglich machen, sich an das Gesicht ihres Benutzers zu erinnern (man sieht nur eine Farbspirale), Nanobots, die es erlauben, ihren Träger zu lokalisieren, oder einen implantierten Sicherheitsschalter, der dazu dient, Grayson durch Nennung eines Schlüsselworts außer Gefecht zu setzen. Auch Minos selbst wird gegenüber seinen Agenten und dem Leser von Hypnos geschützt, und es wird angedeutet, dass sich hinter ihm eine bereits bekannte Figur verbirgt.

Zugegeben, der Band wurde zweimal gelesen, und man muss einigen Rezensionskollegen zustimmen, bei denen das Buch einen verworrenen Eindruck hinterlassen hat, gleichzeitig aber eine Lanze für die Autoren Tom King („Vision“) und Tim Seeley („Batman Eternal“, „Hack/Slash“) brechen, denn beim zweiten Mal hat die Story doch einen sehr viel kompakteren Eindruck hinterlassen als zuvor. Ein zu vermeidender Grund, warum der Megaband so zerrissen wirkt, ist die durchweg positiv zu wertende Aufnahme einiger Specials, nämlich der „Futures End“-Ausgabe (hätte sich am Ende des Bandes super gemacht), des „Grayson“-Annuals 1 und der „Grayson-Sneek-Peak“-Seiten (wäre zu Anfang gut gekommen), die dem Erscheinungsdatum nach eingeordnet wurden und damit die laufende Handlung mehrmals unterbrechen. Ohne jetzt diesen Storys ihre Qualität absprechen zu wollen.

Dazu entsteht der Eindruck, dass die Autoren jedem Handlungsbogen, die mal länger, mal kürzer ausfallen, eine eigene Stimmung mitgeben wollten, was auch sehr gut gelungen ist. Exemplarisch sei hier die Nummer 5, „Wir alle sterben bei Morgengrauen“, genannt, in der sich Dick Grayson, Helena Bertinelli und der Midnighter (ist in mehreren Episoden dabei) mit einem frisch geborenen Baby, das ein Paragon-Organ trägt, mehrere Tage durch die Wüste schleppen müssen. Unter diesem Gesichtspunkt haben die Autoren ganze Arbeit geleistet, und es ist vielleicht angeraten, den Band nicht am Stück zu lesen, sondern zwischen den einzelnen Storybögen je eine kleine Pause zu machen.

Auf diese Art kann man auch den Anstieg einer großen Spannungskurve erkennen bis hin zum Dreiteiler „Nemesis“ (Nummern 9 bis 11), in dem sich Dick Grayson plötzlich selbst im Kampf gegenübersteht. Die Abschlussnummer 12 bildet den absoluten Höhepunkt. Dick sucht seine ehemaligen Mitstreiter auf, die er im Glauben ließ, er wäre tot, versucht, sein Handeln zu rechtfertigen und bittet sie unterschwellig um Hilfe gegen Spyral. Emotional ganz große Klasse! Dazu schlägt das Finale dieses Megabandes noch einen Bogen zu einer vorigen Nummer und etabliert damit eine komplett neue Ausgangssituation für die „Staffel 2“.

In geeigneter Reihenfolge gelesen zeigen sich also deutlich die Absicht und auch die Qualität der Autoren, die hier eine etwas andere Serie aus dem Batman-Universum abgeliefert haben. So kann man „Grayson“ als Gegenpart zu „Gotham Central“, am anderen Ende des Bat-Spektrums, sehen.

Auch zeichnerisch gibt es keinerlei Ausfälle zu vermelden. Stamm-Illustrator Mikel Janin überzeugt auf ganzer Strecke und sorgt für eine durchgehend angenehm homogene Optik, „Grayson“-Annual-Zeichner Stephen Mooney („Half Past Danger“) bietet hochwertige Abwechslung.

Tom King und Tim Seeley spinnen gekonnt die Geschichte um das Grant-Morrison-Baby Spyral weiter, wo sie den totgeglaubten Dick Grayson als Doppelagenten einschleusen. Action- und fintenreicher Agenten-Thriller mit einem psychedelischen Touch.