Shazam! (Comic)

Geoff Johns
Shazam!
(Shazam!, Zweitstory aus Justice League (Vol. 2) 7-11+0+14-16+18-21, 2013)
Übersetzung: Christian Heiss
Titelbild: Ivan Reis, Joe Prado, Rod Reis
Zeichnungen: Gary Frank
Panini, 2018, Paperback, 188 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-7416-0986-2

Rezension von Elmar Huber

Mit seinen 15 Jahren gilt der Waisenjunge Billy Batson als schwer in eine Pflegefamilie vermittelbar. Auch wenn er den Chorknaben spielt, ist er entsprechend desillusioniert, als er bei den idealistischen Vasquez‘ und ihren fünf anderen Pflegekindern einzieht. Und obwohl er seine neuen ‚Geschwister‘ bald alle vor den Kopf stößt, geben sie ihm eine Chance. Vor allem der schlitzohrige Freddy bemüht sich um Billys Freundschaft und versucht, etwas über seinen neuen ‚Bruder‘ herauszufinden.

So wird er der erste Zeuge von Billys Verwandlung in Shazam, nachdem ein altersschwacher Magier den Jungen aus der U-Bahn in den Felsen der Ewigkeit entführt und ihm magische Kräfte verliehen hat, die ihn zu seinem Nachfolger und damit zum „mächtigsten Sterblichen der Welt“ machen. Nachdem der erste Schreck überwunden ist, lassen sich die neuen Kräfte gut nutzen, den reichen Vollidioten von der Schule eine Lektion zu erteilen, Süßigkeiten bis zum Abwinken zu organisieren und nebenbei noch einige kleinere Verbrechen zu vereiteln.

Dumm nur, dass es ein Gegenstück zu Shazam gibt. Um seine Familie mit Hilfe von Magie zu retten, hat Dr. Sivona Black Adam befreit, der in Windeseile die personifizierten sieben Todsünden um sich versammelt.


Obwohl Shazam zu seiner Entstehungszeit angeblich sogar Superman an Popularität überflügelt hat, genießt er heute eher den Nimbus eines unzeitgemäßen Golden-Age-Helden. Dass das nicht so bleiben muss, beweist Geoff Johns („JSA“, „Teen Titans“, „52“) mit dieser erfrischenden, modernen Entstehungsgeschichte, die 2011 als Zweitserie in seiner „Justice League“-Serie abgedruckt wurde. Und dass der magische Superheld auch unter den Comic-Kreativen Fans hat, zeigt zum Beispiel Jeff Lemires Nostalgie-Serie „Black Hammer“, in der Shazam in Gestalt von Golden Gail Einzug fand.

Der vorliegende Band zieht den Leser schon gleich zu Beginn mit vollem Tempo in die Geschichte hinein, wenn man erfährt, dass bereits dutzende Menschen auf der ganzen Welt von magischen ‚Entführungen‘ betroffen waren. Bereits hier spielt Johns mit den Erwartungen und auch dem Vorwissen des Lesers und baut so eine zweite (Insider-) Ebene in seine Geschichte ein.

Nach diesem vereinnahmenden und mysteriösen Auftakt bedient der Autor die Charakter-Schiene. Billy Batson freundet sich trotz seiner anderslautenden Vorsätze doch mit den Vasquez-Kindern an und steht ihnen sogar zur Seite, was ihn trotz seiner gelegentlichen Ausrutscher zum Empfänger der Shazam-Macht qualifiziert.

Parallel wird die Mythologie der Figur abgearbeitet, und Black Adam - schon farblich ein Negativ des Helden - wird befreit und rüstet auf. Natürlich ist es nicht ganz so einfach, wie ein Ausflug in die Vergangenheit zeigt, der die Entstehung von Shazam und Black Adam schildert.

So entwickelt sich „Shazam!“ nach dem überraschenden und sympathischen Auftakt in den deutlich vorhersehbaren Bahnen einer Origin-Story. Da man als Leser jedoch so gelungen abgeholt wurde, stört das hier gar nicht weiter. Eine gute Portion Humor tut ein Übriges, das Publikum bei der Stange zu halten. Wer sich übrigens den Trailer des kommenden „Shazam!“-Kinofilms ansieht, bekommt eine ganz gute Zusammenfassung des Bandes geliefert.

Zeichner Gary Frank („Midnight Nation“) hat sich nicht umsonst innerhalb der letzten Jahre zu einer festen und verlässlichen Größe entwickelt. Optisch bietet „Shazam!“ also souveräne Profi-Kost, die angenehm an Top Cow/Wildstorm erinnert.

Das Paperback wirkt in der Aufmachung und Ausstattung etwas lieblos, als hätte man die Storys bei Panini noch etwas eingestaubt in der Schublade gehabt und wolle sie nun, da der Kinofilm vor der Tür steht, endlich unters Volk bringen. Immerhin sind die Storys von 2011, und auch das Paperback erschien in USA schon 2013. Man muss sich also bewusst sein, dass die Story zeitlich ins „Neue DC-Universum“ gehört, das ja inzwischen schon wieder Schnee von gestern ist.

Originelles und zeitgemäßes Origin-Abenteuer, das die Golden-Age-Patina ordentlich abschüttelt.