Der Traum 1: Jude (Comic)

Jean Dufaux
Der Traum 1
Jude
(The Dream - Tome 1, 2018)
Übersetzung: Julika Herzog
Titelbild und Zeichungen: Guillem March
Panini, 2018, Hardcover, 56 Seiten, 17,00 EUR, ISBN 978-3-7416-0803-2

Rezension von Elmar Huber

Gemeinsam mit seiner Partnerin Ona ist Jude der allabendliche Star der Hardcore-Bühnenshow im Broadway-Club ‚Girls in Love‘. Eines Abends nach der Vorstellung betritt die Casting-Agentin Megan seine Garderobe und macht ihm das Angebot, an einer Schauspielerauswahl für die Filmproduktionsgesellschaft IAP, Invisible Art Production, teilzunehmen.

Sina Songh, die Tochter des einflussreichen Gangsterbosses Songh Hue, hat ein ganz anderes Auge auf den Adonis geworfen und ihn zu ihrem neuen Spielzeug auserkoren. Jude lernt schnell, dass ein Nein keine Option ist. Doch so brutal und pervers die Fänge der Chinesen auch sein mögen, sind sie doch nichts gegen die Möglichkeiten, die der IAP zur Verfügung stehen.


Der Titel ist Programm; das Album entführt seine Leser in eine traumartige erotische Noir-Parallelwelt, aus der man nach der Lektüre erst wieder erwachen muss. Zwar wird der Titelcharakter Jude als Leading Man eingeführt, doch zeigt sich schnell, dass der gutgebaute Hengst keine Ahnung hat, was um ihn herum vorgeht. Auch wird er weder als besonders heldenhaft, noch ausgesprochen tiefgründig gezeichnet, viel eher eindimensional, passiv und sich selbst der Nächste. Und damit ist er das perfekte ahnungslose Opfer für ein vielschichtiges Ränkespiel, das sich hier unzweifelhaft anbahnt.

 Dabei ist die schöne Sina Songh, die es vor allen Dingen auf seine Standfestigkeit abgesehen hat und sich gern von ihrem Leibwächter dabei zusehen lässt, noch am leichtesten zu durchschauen. Viel mehr scheint hinter der ominösen Filmproduktionsfirma IAP zu stecken. Verschiedenartige Darstellungen einer erotischen Höllenvision sind in diesem Zusammenhang überall präsent. Und fast scheint es, als wären die Personen, die für IAP arbeiten, gar keine normalen Menschen.

Mit diesen unterschwellig brodelnden phantastischen Andeutungen und einer Hauptfigur, die plötzlich zum arglosen Ball in einem noch unbekannten Spiel wird, erinnert „Der Traum“ an Ed Brubakers Noir-Albtraum „Fatale“.

Dazu wirkt der Band beabsichtigt und auf lässige Art ‚retro‘. Die komplette Optik des Albums - die randlosen Panels, das durchgehend kursive Lettering - katapultieren den alt-genug Leser zurück in die selige Zeit des Alpha Verlages und „Schwermetall präsentiert“. Und das im besten Sinne.

Mit Autor Jean Dufaux („Venus H.“, „Djinn“, „Jessica Blandy“) und Zeichner Guillem March („Gotham City Sirens“, „Monika“) hat sich ein Dream-Team zusammengefunden, das nach dieser Vorlage noch Einiges erwarten lässt. Mit Spannung darf man sich auf Band 2 freuen, denn Antworten werden hier noch nicht geliefert.

Ein erotischer Noir-Thriller mit Fingerzeig ins Phantastische und gleichzeitig ein kunstvoll gestalteter (Alb-) Traum.