Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen 3: 1910 (Comic)

Alan Moore
Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen 3
1910
(The League of Extraordinary Gentleman: 1910, 2009)
Aus dem Amerikanischen von Gerlinde Althoff
Titelillustration und Zeichnungen von Kevin O’Neill
Farbe von Dimagmaliw
Panini, 2010, Paperback mit Klappenbroschur, 84 Seiten, 12,95 EUR, ISBN 978-3-86607-464-4

Christel Scheja

Seit 1999 geben Alan Moore und Kevin O’Neill ihre Comicreihe „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ heraus, in der literarische Figuren des ausgehenden 19. Jahrhunderts wie Allan Quatermain, Mina Murray, geschiedene Harker, und Captain Nemo gegen ebensolche Bösewichte kämpfen. Die erste Serie wurde bereits 2003 mit mäßigem Erfolg verfilmt. Eine zweite Serie existiert bisher nur auf dem Papier, In dieser haben sich die Künstler von H. G. Wells „Krieg der Welten“ inspirieren lassen. Nun endlich ist auch die dritte Miniserie erschienen, die zwölf Jahre nach der Invasion der Marsianer spielt. „1910“ wird von Panini als Graphic Novel herausgegeben.

Seit Jahren scheint alles ruhig zu sein und die Liga überlegt schon, sich ganz zurückzuziehen, da häufen sich die Vorzeichen, dass wieder etwas in der Luft liegt und geschehen wird. Nicht nur, dass Carnacki, der Geisterseher, immer wieder von düsteren Visionen geplagt wird, in denen er von einem geheimnisvollen Kult erfährt, der ein sogenanntes „Mondkind“ erschaffen will, auch ein mutmaßlicher Serienmörder kehrt zurück, der 1888 als Jack the Ripper Furore gemacht hat.

Mina hat alle Hände voll zu tun, um Carnacki zu helfen seinen Träumen nachzugehen und herauszufinden, wieviel Wahrheit in seinen Visionen steckt und den Mörder im Auge zu behalten. Schon bald werden sie und die Crew mit unheimlichen Ereignissen konfrontiert. Und müssen erkennen, dass die Visionen einen sehr wahren Kern haben.

Für Captain Nemo spielt sich derweil eine ganz andere Tragödie ab. Auf dem Sterbebett ist er nicht fähig, ehrlich und offen zu seiner Tochter Janni zu sein. Diese läuft davon, um in London als Spelunken-Jenny unterzukommen und zu erfahren, wie hart und grausam das Leben sein kann.

„1910“ beginnt sehr kryptisch und endet auch genauso. Das Gefühl bleibt, dass man es eigentlich nur mit dem Auftakt zu einer größeren Geschichte zu tun hat, denn es werden eigentlich nur Weichen gestellt, aber keine wirklichen Entscheidungen getroffen und Ziele anvisiert. Auch muss sich das Team um Mina noch zusammenraufen, um wirklich effektiv zu arbeiten. Aber ansonsten bietet die Graphic Novel all das, was man von ihr erwartet – die passende Steampunk-Atmosphäre mit dem Nachhall viktorianischer Zeiten, viele Anspielungen an literatische Werke dieser Zeit und viele kauzige Gestalten, wie sie sich wohl nur Engländer ausdenken können.

Die Umsetzung ist gewohnt zackig und hart, der Mystizismus wird sehr nüchtern und wissenschaftlich betrachtet. Gewalt und Kaltschnäuzigkeit sind an der Tagesordnung. Aber genau diese Mischung mit einem Hauch schwarzen Humor garniert ist etwas, was die „Liga“ ausmacht und von vielen anderen Geschichten abhebt. Auch die Gestaltung ist gelungen, vor allem die Anlehnungen an zeitgenössische Werbung, wie man sie oft genug in den Pulp-Heften der Zeit vorgefunden hat.

Wer Steampunk und literarische Anspielungen mag, der wird auf keinen Fall an diesem neuen Band der „Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ vorbeikommen.