The Discipline 1: Die Verführung (Comic)

Peter Milligan
The Discipline 1
Die Verführung
(The Discipline 1-6, 2016)
Übersetzung: Joachim Körber
Titelbild und Zeichnungen: Leandro Fernandez
Panini, 2018, Panini mit Klappenbroschur, 148 Seiten, 17,00 EUR, ISBN 978-3-7416-0658-8

Rezension von Elmar Huber

In einem Museum lernt Melissa Peaks, gebildet, gut situiert und emotional wie sexuell frustriert, den verführerischen Orlando kennen. Sie lässt sich auf das Spiel mit ihm ein und gerät so in den Krieg zweier uralter Mächte, der Disziplin und der Stalker, die sich in ihren Masken unerkannt zwischen den Menschen bewegen und Sex und Gewalt als Waffen einsetzen.

 

Seit seinem großartigen „Enigma“ oder „Human Target“, also seit über zwanzig Jahren, steht Peter Milligan für außergewöhnliche Erwachsenen-Unterhaltung. Insofern war auch die Vorfreude auf „The Discilpine“ groß, zumal die Werbezeilen ansatzweise Richtung „Hellraiser“ deuten. Was man jedoch anfänglich erhält, ist nichts, was in unzähligen Urban-Fantasy-Schinken nicht schon mal zu lesen gewesen wäre.

Eine unzufriedene junge Ehefrau im goldenen Käfig verfällt einem attraktiven und geheimnisvollen Fremden, der ihr einige seltsame Dinge zeigt („Hello, Mr. Grey!“). Rubbeldiekatz steckt Melissa mitten im Geschehen um die Disziplin, der Orlando und nun auch sie selbst angehören -, und die Stalker, bei denen zum Beispiel Melissas beste Freundin Bliss Mitglied ist.

Beide Arten bekriegen sich bis aufs Messer, doch warum hier eigentlich Zwietracht herrscht, lässt sich nicht erschließen. Ebenso wie der Ursprung der beiden Gruppierungen bleiben auch ihre Motivationen (noch?) im Dunkeln. Auch fragt man sich, warum einem das Schicksal der nur begrenzt sympathischen Melissa nahe gehen sollte. Peter Milligan bietet einfach zu wenig, um den Leser einzufangen und für seine Figuren zu vereinnahmen.

Erst mit US-Heft 5 in dem Band beginnt die Story, interessant zu werden und ein wenig in die Tiefe zu gehen. Es erfolgt ein Rückblick ins Römische Reich, wo die ‚wahren‘ Ereignisse um die Liaison zwischen Kleopatra und Cäsar erzählt werden. Im US-Heft 6 - Melissa wird von der Disziplin nach Rom gesandt, um einen bestimmten Stalker zu finden und zu töten - mutiert „The Discipline“ plötzlich zum Agenten-Thriller, womit nochmal deutlich Fahrt in die Geschichte kommt. Und wie es sich gehört, werden auch noch Zweifel an der Aufrichtigkeit der Disziplin gestreut.

Die Bilder des Argentiniers Leandro Fernandez sind sehr simpel gehalten, was durch die flächige Kolorierung ohne Tiefen-Effekt noch verstärkt wird. Mit der Vertigo-Brille geht das schon in Ordnung, wäre nicht die Darstellung von Disziplin als affektierte, echsenartige Wichtigtuer mit spitzen Köpfen und Stalkern als eine Art Bison-Menschen eher albern als überzeugend.

Nach einem enttäuschenden und holprigen Auftakt gewinnt „The Discipline“ erst gegen Ende des Bandes an Kontur und Tempo.