Dead Boy Detectives 1: Die Ängste von Schuljungen (Comic)

Toby Litt
Dead Boy Detectives 1
Die Ängste von Schuljungen
(Run Ragged 1-3, Dead Boy Detectives 1-6, 2014)
Übersetzung: Gerlinde Althoff
Titelbild und Zeichnungen: Mark Buckingham
Panini, 2014, Paperback mit Klappenbroschur, 140 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-95798-112-7

Rezension von Elmar Huber

„Die Lumpenschule“:
Mitten in den Ermittlungen zum Fall der verschwundenen Katze Twinkle werden die Dead Boy Detectives Charles Rowland (gestorben 1916) und Edwin Paine (gestorben 1990) vom Geist des Schulleiters Locke in die Lumpenschule auf der Isle of Dogs entführt, wo Locke seit 1844 ununterbrochen Unterricht hält. Und wer nicht aufpasst oder versucht zu fliehen, der macht Bekanntschaft mit Lockes hungrigen Hunden.

„Die Ängste von Schuljungen“:
Charles und Edwin observieren einen als Kunstraub inszeniertes Event des Künstlerpaares Maddy Surname und Seth von Hovercraft. Im Schutz dieser Aktion schlagen echte Diebe zu. Es gelingt den Geisterdetektiven, den Raub zu vereiteln und dazu noch Crystal Palace, der Tochter des Künstlerpaares, das Leben zu retten mit dem Nebeneffekt, dass Crystal die beiden toten Jungen nun sehen kann.Sie beschließt, nach St. Hilarion‘s zu gehen, die Schule, in der Charles und Edwin getötet wurden. Aus Sorge um Crystal, und weil Charles sich in das Mädchen verliebt hat, folgen ihr die Detektive nach St. Hilarion’s, wo sich seit ihrer eigenen Schulzeit offenbar nichts verändert hat. Gemeinsam mit Crystal finden sie heraus, dass in der Einrichtung ein Schüleraustausch der besonderen Art im Gange ist. Und auch die Rowdies, die für Edwins Tod verantwortlich sind, sind noch auf der Schule – ebenfalls als Geister.
 
„Das Haus auf halbem Wege“:
Nachdem die Detektive ihr neues Heim, ein Baumhaus im Garten der Surname von Hovercrafts, bezogen haben, wird Edwin auf ein heruntergekommenes Haus in der Nähe aufmerksam. Von Neugier gepackt sieht er sich dort um und trifft auf die junge Beatrice, in deren Zimmer die Schwerkraft aufgehoben zu sein scheint, sowie auf ihre treue Dienerin Persephone, die halb in einem afrikanischen Spiegel gefangen ist. Edwin verspricht Beatrice zu helfen, doch dafür benötigen die Detektive selbst Unterstützung.
 

Ihre Karriere begannen die Dead Boy Detectives als Nebenfiguren in Neil Gaimans „Sandman“ (im Band „Die Zeit des Nebels“), ein erstes Wiedersehen gab es im Vertigo-Crossover „Der Kinderkreuzzug“. Es folgten Auftritte in „Die Bücher der Magie“ und diversen Vertigo-Annuals und -Miniserien, bevor Charles und Edwin 2014 ihre eigene, fortlaufende Serie erhielten. Man kann die beiden Geisterdetektive also durchaus als Vertigo-Veteranen der ersten Stunden bezeichnen, als Gaiman & Co. das Label mit ihren neuartigen Märchen für Erwachsene („Sandman“, „Die Bücher der Magie“) definiert haben.

Nicht selten wurden damals Figuren zwischen den Serien und Mini-Serien hin und her getauscht, und alles schien in seiner eigenen, absonderlichen Logik stimmig zu sein, sodass der Eindruck eines phantastischen Konglomerats, quer durch Zeiten und (T)Räume entstand. Und auch die Serie von Toby Litt vermittelt den Eindruck, ein Teil dieses Gemenges zu sein. Die skurrilen Ideen, die sich hier finden, könnten genauso gut aus der ersten Generation von Vertigo-Heften stammen.

Auf beinahe jeder Seite finden sich neue Ideen und Wendungen, Überraschungen in Form und Inhalt, die man nie kommen sieht. Und stets pflegt Toby Litt auf der ersten Ebene den naiven Tonfall, den tapsigen Humor und die wilden Gedankensprünge, die die Kindlichkeit seiner Hauptfiguren widerspiegeln. Freilich gibt es noch eine zweite, dunklere Ebene.

Natürlich sorgen auch die Bilder von „Sandman“- und „Fables“-Zeichner Mark Buckingham für das angenehm zeitlose Look and Feel. Damit stellt „Dead Boy Detectives“ einen angenehmen Anachronismus in der zeitgenössischen Comic-Landschaft dar, vor allem weil viele Vertigo-Veteranen („Constantine“, „Swamp Thing“) mit „New 52“ ins reguläre DC-Universum eingegliedert wurden.
 
Das vorliegende erste Paperback enthält die Bände 1 bis 6 der regulären Serie, sowie die dreiteilige Kurzgeschichte „Die Lumpenschule“ aus den Vertigo-Anthologien „Ghosts“ 1, „Time-Wart“ 1 und „The Witching Hour“ 1.

Toller Auftakt der eigenen „Dead Boy Detectives“-Serie. Eine unbedingte Empfehlung für alle Vertigo-Fans der ersten Stunde.