Doctor Strange: Der Eid (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 05. August 2018 14:55

Brian K. Vaughan
Doctor Strange: Der Eid
(Dr. Strange: The Oath 1-5 + Dr. Strange: Fahrenheit 666, , 2006/2007)
Übersetzung: Marc-Oliver Frisch
Titelbild und Zeichnungen: Marcos Martin
Panini, 2016, 132 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-95798-863-8
Rezension von Elmar Huber
Als Dr. Strange herausfindet, dass Wong an einem bösartigen Hirntumor leidet, setzt er alles daran, seinem Freund und Diener zu helfen. Ein Elixier aus einer anderen Dimension soll Wongs Rettung sein. Doch kaum hat Strange den Trunk in seinem Besitz, wird er ihm von einem Dieb namens Brigand gestohlen, der Strange darüberhinaus mit einer magischen Pistole lebensgefährlich verletzt.
Wong bringt seinen verletzten Meister zur Night Nurse, einer auf Superhelden spezialisierten Ärztin, die den Okkultisten wieder zusammenflickt. Dr. Jonas Hill, Stranges Freund und ehemaliger Kollege, findet derweil heraus, dass das Elixier nicht nur ein Mittel gegen Krebs ist, sondern generell jede Krankheit heilen könnte.
Während der Verfolgung von Brigand erfährt Strange, dass es sich bei dem Auftraggeber des Diebstahls um Dr. Dominic West handelt, dem Arzt, der einst, nach Stranges verhängnisvollem Unfall, dessen Hände operiert hat. Heute ist West CEO einer international tätigen Pharmafirma. Außerdem war er ebenfalls Schüler des Uralten, dessen Lehren Strange seine magischen Kräfte verdankt.
Kaum erblickt ein neuer Marvel-Held erstmals das Licht der Kino-Leinwände, finden sich auch schon einige Titel im aktuellen Comicprogramm, und wenn es keinen aktuellen Stoff gibt, nimmt man auch gern mal Mini-Serien, die schon einige Jahre auf dem Buckel haben und die ohne die aktuelle Präsenz im Kino vielleicht nie nach Deutschland gekommen wären. Das beschert dem interessierten Leser einige Gurken, wie zuletzt „Wer ist Black Panther?“, aber auch ganz dankbares Material, wie im Fall des vorliegenden „Doctor Strange: Der Eid“ von „Y - The Last Man“-Autor Brian K. Vaughan aus den Jahren 2006 und 2007.
Brian K. Vaughan steigt in die Story ein, als Wong mit dem schwerverletzten Strange die Praxis der Night Nurse betritt. Was davor passiert ist, erfährt man während der OP - Strange assistiert der ‚Nachtschwester‘ in seiner Astralgestalt - in Rückblenden. Trotz dieses Spannungstricks gestaltet sich die Story sehr schön übersichtlich und verzichtet auf allzu viel surrealen Hokuspokus, an dem sich höchstens ein erfinderischer Zeichner austoben kann.
Natürlich kommt es zu einigen Ausflügen ins Traumreich und zu Begegnungen mit magischen Zeitgenossen, was die Geschichte irgendwo zwischen „Hellblazer“/„Constantine“, „Moon Knight“ und „Sandman“ ansiedelt, doch insgesamt erweist sich „Der Eid“ als sehr angenehm geerdet. Das Ganze wird noch sehr schön mit der Entstehungsgeschichte von Dr. Strange verknüpft, sodass sich am Ende ganz klassisch zwei Gegenspieler gegenüber stehen, die zwei Seiten derselben Medaille verkörpern und die beide nicht auf ein eindeutiges Gut/Böse-Schema reduziert werden können.
Dank Autor Brian K. Vaughan kommt auch der Humor nicht zu kurz, der in erster Linie daraus resultiert, dass Stephen Strange selbst nach seiner Läuterung und dem Erlangen magischer Kräfte immer noch ein hochnäsiger Fatzke ist, der in regelmäßigen Abständen wieder auf den Boden der Realität geholt werden muss. Die Konstellation, die sich dahingehend im Zusammenspiel mit der energischen Night Nurse (mit appetitlichem Fetisch-Appeal) als Screwball-Sparringspartner und seinem über alles demütigen, bescheidenen und todkranken Diener Wong als Comedy-Relief ergibt, ist zwar nicht neu, doch immer wieder dankbar.
Marcos Martins Dr. Strange ist optisch ganz klassisch an Errol Flynn orientiert und damit nahe daran, wie Mitschöpfer Steve Ditko die Figur einst ersonnen hat. Insgesamt sind die Zeichnungen von Marcos Martin („Batgirl: Das erste Jahr“, „JSA“, „Robin: Das erste Jahr“) relativ nüchtern ausgefallen, ohne Effekthascherei, und verstärken noch den Retro-Touch der Geschichte.
Als kleiner Bonus ist außerdem der Vier-Seiter „Fahrenheit 666“ enthalten, in dem sich eine vermeintlich todkranke Krankenhauspatientin als brütender Dämon entpuppt.
Sehr schön gelungene Mini-Serie mit Humor und Nostalgiefaktor, die sich angenehm von der überwiegend herrschenden Helden-Gigantomanie abhebt.