Empress (Comic)

Empress
(Empress 1-7, 2016/2017)
Autor: Mark Millar
Zeichner: Stuart Immonen
Übersetzung: Bernd Kronsbein
Panini, 2017, Paperback, 192 Seiten, 19,99 EUR, ISBN 978-3-7416-0284-9

Rezension von Elmar Huber

Die Erde vor 65 Millionen Jahren: König Morax herrscht mit eiserner Hand über die Menschen und sonstigen Bewohner der Erde. Alles was er unternimmt, tut er für seine Frau Euphoria, die jedoch schon lange Pläne schmiedet, diesen tyrannischen Irren zu verlassen. Ein Plan, der einem Todesurteil gleicht, denn Einsicht und Verzeihung kommen in Morax‘ Wortschatz nicht vor.

Mit Hilfe ihres Leibwächters, Captain Dave Havelock, setzt sie ihren Plan in einem günstigen Moment in die Tat um. Sie kapern ein Raumschiff und machen sich gemeinsam mit Euphorias drei Kindern auf eine waghalsige Flucht quer durch die Galaxis in der Hoffnung, weit genug aus Morax‘ Einflussbereich zu entkommen und auf Nimmerwiedersehen unterzutauchen.


Er hat es schon wieder getan. Mark Millar („Secret Service“/Kingsman“, „Wanted“, „Kick-Ass“) stürzt den Leser mit einem kaum so nennenswerten Vorspiel in eine halsbrecherische Handlung, die eigentlich vom ersten Augenblick nur noch straight nach vorn geht. Dabei ist es Millars Stärke, den Leser nicht abzuhängen und die Figuren trotz des dominanten Tempos emotional greifbar zu machen, sodass man schon bald mit Euphoria, ihren Kindern und Captain Havelock fiebert.

Dazu spielt „Empress“ zwar in einer weit, weit entfernten Zeit, doch sind die Handlungsmotive der Figuren so aktuell, wie es nur geht. Euphoria flieht vor ihrem Mann, einem veritablen Despoten, der zwar nie Hand an sie gelegt hat, doch der auch nicht als Vorbild für ihre Kinder dienen soll. Teenie-Töchterchen Aina steckt mitten in der Pubertät, rebelliert gegen alles und jeden und möchte lieber bei Papa bleiben als mit Mum und ihrem Lover - was jeder annimmt, sich tatsächlich aber erst im Lauf der Handlung entwickelt - quer durch die Galaxie zu fliehen.

Dabei gelingt es Millar, den Ernst der Lage glaubhaft zu machen und trotzdem den Grundton seiner Story auf einem unbeschwerten Level zu halten, über das die Story flutscht, wie ein Stück Seife über den Duschenboden. Obendrauf gibt es noch, zwar vorhersehbare, aber damit auch nachvollziehbare Charakter-Entwicklungen. So hegt Euphorias Beschützer Havelock trotz aller anderslautenden Lippenbekenntnisse natürlich Gefühle für seine Schutzbefohlene, was deutlich an Daenerys Targaryen und Jorah Mormont aus „Game of Thrones“ erinnert.

Und als wäre die Flucht vor Morax und das Gefühlschaos nicht Antrieb genug, müssen die Fliehenden noch mit einem unzuverlässigen Teleportationsgerät klarkommen, das die Gruppe auch mal prompt in ein königliches Naturschutzreservat schleudert, wo Morax bedrohte Tierarten vor der Ausrottung schützt. Zur Erinnerung: Wir befinden uns 65 Millionen Jahre in der Vergangenheit, und ein simpler Dinosaurier ist im Angesicht Dutzender anderer fleischfressender Riesenviecher für unsere Helden eher ein Grund, sich auszuruhen.

So erinnern hier Stimmung und Aufbau frappierend an das erste Kino-Abenteuer von Marvels „Guardians of the Galaxy“, freilich ohne als Kopie gelten zu müssen. Dazu ist Mark Millar zu gut darin, eigenständige Stoffe zu entwickeln.

Als Kür findet sich zwischen der ganzen Dramatik, Action und Komik sogar noch eine gewisse Eleganz, denn Mark Millar hat noch einige überraschende und verschieden weit greifende Story-Loops eingebaut. Vieles, was scheinbar nebensächlich erwähnt wird, erlangt im Lauf der Handlung weit größere Bedeutung. Wie zum Beispiel der Nebensatz, dass Morax in seinem ego-zentralisierten Weltbild kein Interesse an Euphorias Vergangenheit hat, ja, ihr sogar verbietet, darüber zu reden. Dies sorgt nicht nur dafür, dass die Flüchtigen bei Euphorias Schwester - von der Morax gar nichts weiß - zeitweise Unterschlupf finden, sondern auch für einen hammerguten Twist am Ende des Bandes. Infolgedessen hat innerhalb der Handlung alles Hand und Fuß, was man nicht gerade von jedem Comic behaupten kann.

Die Zeichnungen von Stuart Immonen (DC: „Final Night“, Marvel: „Fear Itself“) sind ausgesprochen flüssig und dynamisch, dabei mit leichten Manga-Anleihen. Auch die Mimik der Figuren ist stets auf den Punkt getroffen. Exzellent!

Originell, schnell, witzig, pointiert und durchdacht. Wieder einmal ganz großes Comic-Kino von Star-Autor Mark Millar.