Professor Zamorra 34: Crestfallen Point, Simon Borner (Buch)

Professor Zamorra 34
Simon Borner
Crestfallen Point
Titelillustration: Sandobal
Zaubermond, 2010, Hardcover, 255 Seiten, 14,95 EUR

Carsten Kuhr

Das Undenkbare ist geschehen – Nicole Duval hat den Dämonenjäger verlassen (vgl. Band 927 der Heftserie). Innerlich verletzt, fast betäubt vor Schmerz, hat sich Zamorra in seinem Chateau vergraben, als ein seltsamer Artikel in einer Fachzeitschrift sein Interesse weckt. In einem Sanatorium auf einer kleinen Insel vor der kanadischen Metropole Vancouver lässt sich ein US-amerikanischer TV-Prediger behandeln. Immer wieder hat dieser Visionen – lebendiggewordene Steinengel verfolgen ihn, prangern seine Sünden an und wollen ihn dem letzten Gericht zuführen. Der behandelnde Psychologe hält natürlich alles für eine starke Neurose, doch Zamorra spürt, dass sich mehr hinter den Ereignissen verbirgt, als zunächst ersichtlich ist.

Als er auf Crestfallen Point eintrifft, überstürzen sich die Ereignisse. Zusammen mit einer Filmcrew, die einen Außendreh auf der Insel geplant hat, werden die Insulaner von einer dunklen Kuppel eingeschlossen, die jede Verbindung zur Außenwelt unterbindet. Ist der Jüngste Tag angebrochen, verbirgt sich in dem Überbleibsel eines alternden Punkstars wirklich Gott, oder ist es einmal mehr nur dämonisches Blendwerk, das die Hölle auf Erden entfacht?

Simon Borners erster Beitrag zur Hardcover-Edition des Zaubermond Verlags wendet sich einer Ära zu, in der unser titelgebender Held eine wahrlich schwere Zeit durchlebt. Seine geliebte Partnerin hat ihn verlassen, und auch Merlins Stern ist nicht mehr zur Hand. Statt sich aber dem Selbstmitleid zu ergeben und sich zu vergraben, geht er ganz seinem Instinkt folgend einem neuen Fall nach. Geschickt greift der Autor hier das gerade und insbesondere in den USA wuchernde Unkraut der Fernseh-Prediger auf, die auf allen Kanälen unterwegs sind um vorgeblich im Auftrag des Herrn – tatsächlich aber in den allermeisten Fällen im Dienste des eigenen Portemonnaies- das Evangelium zu verbreiten und um Spenden für die Bedürftigen zu bitten. Zusammen mit einer zweiten handlungsrelevanten Gruppe – der Filmcrew einer Mystery-Serie – wird er dann auf der Insel eingeschlossen, und muss sich mit dem dort sich manifestierenden Bösen auseinandersetzen.

Neben der interessant wirkenden Kulisse eines aufgegebenen Bücherdorfes aber wirkt eben jenes Böse dann leider nicht ganz überzeugend. Fliegende Steinengel, der kleine Eros, der seine Steinpfeile verschießt, das hat mich dann eher erheitert, als dass es Gruselfeeling aufkommen lassen würde. Dabei hat Borner in seinen Beiträgen zur Heftserie bewiesen, dass er durchaus entsprechende Szenen beschreiben kann, auch wenn mir persönlich seine „Sternenfaust“-Abenteuer besser gefallen haben. Vorliegend bietet die Heimsuchung einer Gruppe von Flüchtigen, die der Insel auf einem kleinen Boot entkommen wollen, eben jenes schleichende Grauen, das bei dem Leser diese wohltuenden Angstschauer auslöst. Und auch die Albträume des Fernsehpfarrers konnten im Ansatz überzeugen. Lediglich die fliegenden Statuen wirkten dann nicht ganz stimmig. Obwohl der Autor die Kulisse des menschenleeren Dorfes nur wenig nutzte, baute er hier geschickt Stimmung auf, die letztlich aber, insbesondere in der für mich nicht ganz stimmigen Auflösung des Rätsels wieder zunichte gemacht wurde.

Borner zeigt, dass er durchaus auch im Gruselmetier eigenständig zu unterhalten weiß, auch wenn die Auswahl der Antagonisten diese Mal nicht ganz glücklich war.