Jörg Benne: Die Stunde der Helden (Buch)

Jörg Benne
Die Stunde der Helden
Titelbild: Matyan und Matthias Lück
Mantikore, 2018, Paperback, 416 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-3-96188-042-3 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Jan Niklas Meier

Felahar von Brickstein ist definitiv kein sonderlich heldenhafter Zeitgenosse. Er ist mehr so der Durchschnittstyp von nebenan: unsportlich, etwas dicklich, ziemlich unscheinbar. Trotzdem treibt sich dieser junge Mann ausgerechnet in den wilden Nordlanden Nuareths herum, wo es bekanntermaßen des Öfteren rau zugeht und man gar damit rechnen muss, eines gewaltsamen Todes zu sterben.

Felahar nimmt diese Gefahren auf sich, um Geschichten zu hören, Legenden voller Heldenmut und Ehrenhaftigkeit. In einem Gasthaus mitten im Nirgendwo begegnet er schließlich den Helden Huk, Wim und Dalaghar - fortan begleitet er die drei auf ihren Abenteuern. Schnell stellt Felahar allerdings fest, dass der Alltag seiner Idole wenig Heldenhaftes an sich hat. Eines Tages allerdings stolpert das Quartett in eine schicksalshafte Mission, die ihnen wirklichen Heldenmut abverlangen wird.


In weiten Teilen erinnert Bennes Roman an eine Pen and Paper-Runde: Gemeinsam mit Freunden erledigt man verschiedene Missionen, die einem der Spielleiter vorsetzt. Zumeist folgt das Ganze dem Schema „Reist von a nach b, tut c und kommt wieder zurück.“ Simpel also. Genau dieser Aufbau macht nun allerdings einen guten Teil des Charmes des Romans aus. Der Ich-Erzähler Felahar wird von eben jener Stupidität der Aufträge (und dem Vorgehen der Helden) immer wieder aufs Neue überrascht - und das in einem ziemlich negativen Sinne. In einem Planwagen rattern die drei durch das Land und lassen sich etwa dafür bezahlen, im nahegelegenen Wald das eine oder andere Monster zu erschlagen. Danach geht es weiter zum nächsten Auftrag. Ohne ihr Handeln zu hinterfragen, jagen die „Helden“ dem Geld nach - schließlich müssen sie von irgendetwas leben. Abgeklärt, zynisch leben sie ihr Vagabundenleben, von Heldenmut und strahlender Ritterlichkeit keine Spur. Natürlich bricht diese Tristesse irgendwann auf - Benne stellt allerdings die interessante Frage, mit welchem Preis der letzten Endes hervortretende wahre Heldenmut erkauft wird.

„Die Stunde der Helden“ ist aus der Ich-Perspektive geschrieben, das allein hebt das Buch wohltuend von der Konkurrenz ab. Als Leser hat man das Gefühl, Felahar bei einer seiner Geschichten zu lauschen. Grundsätzlich stellt sich - gerade am Anfang des Buches - die Frage: Ist das ziemlich gut oder wirklich schlecht? Benne spielt mit Klischees, dazu gehört eben auch das Präsentieren von Fantasy-Stereotypen schlechthin; sowohl was die Story als auch die Charaktere angeht. Je weiter man in der Handlung voranschreitet, wird allerdings klar: Er tut das zu einem bestimmten Zweck. Am Ende stimmt der Roman nachdenklich.

Für mich zumindest ist „Die Stunde der Helden“ ein ziemlich zynisches (und ein ziemlich gutes) Buch. Daneben weiß Benne aber auch gerade mit seinen Klischees zu unterhalten - auf in die nächste Runde Pen and Paper!