Albert Daiber: Anno 2222 / Die Weltensegler / Vom Mars zur Erde (Buch)

Albert Daiber
Anno 2222 / Die Weltensegler / Vom Mars zur Erde
Titelbild: Fritz Bergen
Verlag Dieter von Reeken, 2018, Paperback mit Klappenbroschur, 334 Seiten, 22,50 EUR, ISBN 978-3-945807-20-0

Rezension von Carsten Kuhr

Drei zunächst bei Dieter von Reeken als Einzelveröffentlichungen in Broschur erschienene Romane werden als preisgünstiger Sammelband neu aufgelegt. Die Rede ist von den drei Romanen des Schwaben Albert Daiber, die der später nach Chile ausgewanderte Stuttgarter zwischen 1905 und 1914 veröffentlichte.

 

Den Auftakt macht eine Satire, aus dem Jahr 2222. Just am 1. April setzt der Yankee den Vereinigten Staaten von Europa ein Ultimatum. Entweder sie ändern den seit mehreren Jahren bestehenden Namen und entschuldigen sich, selbstverständlich in klingender Münze, beim Anführer der Nation, oder es geht ans Eingemachte. Der Herausgeber einer sechsmal am Tag erscheinenden Tageszeitung ist erbost. Geschickt, dass sein Wissenschaftsredakteur eine aufsehenerregende Neuigkeit präsentiert; im Pazifik taucht ein Lemurianien genannter Urkontinent wieder auf, die Sahara wird überflutet und der auf die Erde fallende Mond löst die beiden Amerikas von der Erdkugel ab, schleudert sie ins All und bildet so einen neuen Begleiter unserer Erde...

Erstaunlich doch, wie sich die Zeiten gleichen - obwohl der Autor Präsident Trump nicht gekannt haben kann…


Dr. Stiller, seine Zeichen Tübinger Professor, will seinen Traum, seine Obsession vom Mars, wahr machen. Auf dem Cannstatter Wasen baut er seinen Weltensegler, einen Zeppelin, der ihn und seine Begleiter zum roten Planeten bringen soll. Sieben von Daiber eindringlich skizzierte Professoren brechen schließlich wagemutig auf, den paradiesisch beschriebenen Mars zu erkunden. Alle sieben werden von dem wundervoll beschrieben Planeten geprägt - einer von ihnen beschließt gar, auf dem Mars zurück zu bleiben. Aber auch die Heimkehrer finden sich in ihrem Alltag nicht mehr wieder.  Die überall herrschende Zucht und Ordnung, das Preußische ist ihnen fremd geworden. Zu groß war und ist der Unterschied zu den Freigeistern des Mars.

Auch heute noch liest sich der dialoglastige Text angenehm und flüssig, die Anspielungen auf die Schwaben und ihre Eigenheiten sind liebevoll ausgeführt.


Auch die Fortsetzung um den auf dem Mars verbliebenen Professor Frommherz ist dem Band beigefügt. Ursprünglich vier Jahre nach dem Roman um die Weltensegler erschienen, schildert er darin das weitere Schicksal des Neumarisianers. Seine Aufgabe, ein menschlich-marsianisches Wörterbuch zu schreiben, seine unerfüllte Liebe zur Nichte seines Gastgebers führen dazu, dass sich der Professor zur Rückkehr zur Erde bereit erklärt. Von den Marsianern, die der menschlichen Zivilisation nichts abgewinnen können, wird er in Cannstatt abgesetzt.

Faszinierend, wie Daiber dabei die Marskanäle erklärt - die Seen des Mars werden von Asbesthauben abgedeckt um das Verdunsten zu verhindern, und die in Gemeinschaftsarbeit ausgehobenen Kanäle verteidigen die Lebensfähigkeit der Bewohner.


Auch heute noch lesen sich alle drei Kurzromane durchaus flüssig und unterhaltsam. Auffallend sind die Unterschiede. Ist der erste Beitrag noch eine lustige Satire und die Überlegenheit der Deutschen (Europäer) gegenüber den anderen Rassen übertrieben dargestellt wird, so zeichnet der Autor in den beiden Mars-Titeln neben einem liebevollen Bild seiner schwäbischen Heimat auch durchaus nachdenkliche Bilder des Menschen.

Gerade im Kontrast zu den durchgeistigten, hochentwickelten Marsianern wird deutlich, dass die Entwicklung des Primaten Mensch noch lange nicht abgeschlossen ist, dass aber auch die Überheblichkeit der Marsianer kritikwürdig ist.