Das Schwarze Auge 113: Die Paktiererin, Dietmar Preuß (Buch)

Das Schwarze Auge 113
Die Paktiererin
Dietmar Preuß
Titelillustration von Arndt Drechsler
Karte von Ralf Hlawatsc
FanPro, 2009, Taschenbuch, 378 Seiten, 9,00 EUR, ISBN 978-3-89064-158-4

Christel Scheja

Gerade die kleinen Geschichten, fernab der Orte, an denen die Geschichte Aventuriens, der Welt des „Schwarzen Auges“, fortgeschrieben wird, entwickeln oft eine eigene Dynamik. Vor allem erlauben sie den Autoren mehr Freiheiten, den Hintergrund mit den vorgegebenen Elementen nach ihrem Gutdünken zu gestalten. Zu dieser Art von Romanen gehören auch die von Dietmar Preuß, der nun zum dritten Mal zu seinen Helden Beolf und Sidra zurückkehrt.

Beide müssen diesmal ihren Wehrhof Hohenhag verlassen und dem Ruf ihres Lehnsherrn folgen. Ganz offensichtlich braucht er ihre Hilfe wegen einer Krankheit, die sich immer weiter ausbreitet. Vor allem Sidra hat ein mulmiges Gefühl, und das wird besonders stark, als die beiden kurz vor der Burg an einem Galgen einen aufgehängten Wolf entdecken. Sie ahnen, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht und vermutlich sogar übernatürliche Mächte ihre Hände im Spiel haben.

Und richtig: Freiherr Nymmir von Waldsteyn verhält sich sehr dubios. Normal ist ja noch, dass er die als ausgezeichnete Heilerin bekannte Sidra bittet, etwas gegen die Krankheit zu unternehmen, aber es wird seltsam, als er Beolf mit zwölf Kriegern ausschickt, um die nahegelegene Baronie Aare zu erobern, die zwar zum Mittelreich und dem Herzogtum Weiden gehört, aber nur über sein Land betreten werden kann. Dort soll schon seit einigen Jahren eine wahnsinnige Hexe hausen, die das Land verflucht und möglicherweise einen Bund mit einem Dämon eingegangen ist.

Während sich der Wersasse auf den Weg macht, um seine Aufgabe zu erfüllen, muss sich Sidra nicht nur mit Symptomen herumschlagen, die sie so noch nicht gesehen hat, sondern auch mit einem lüsternen Praiosgeweihten, der sich zwar wie ein Inquisitor aufspielt, aber weit davon entfernt ist, im Namen seines Herrn zu handeln. Glücklicherweise erhält sie bald Hilfe und Rat von einer anderen Hexe, erfährt aber auch, dass alles schlimmer ist, als es auf den ersten Blick ausgesehen hat.

Schön ist, dass Dietmar Preuß seine Romane um Beolf und Sidra so hält, dass sie unabhängig voneinander zu lesen sind. Man begegnet zwar immer wieder einigen Figuren aus „Hohenhag“ oder aus „Die rote Bache“, aber sie haben nicht mehr als Cameo-Auftritte und beweisen, dass der Autor sie nicht vergessen hat.

Ansonsten spinnt er eine solide, wenn auch nicht herausragende Abenteuergeschichte, die diesmal zwar sehr spannend anfängt, leider jedoch immer mehr nachlässt, je mehr sie sich dem Ende nähert. Das liegt einerseits an der blassen Feindin, die zwar einen interessanten Ansatz hat – eine junge ehrgeizige Hexe, die sich aus Angst dem Bösen ergibt –, er diese Dramatik aber nicht sonderlich ausschöpft, da seine Protagonistin sich viel zu schnell mit allem abfindet und am Ende immer nur noch mehr von Hass zerfressen wird. Andererseits ist die Auflösung dann doch enttäuschend einfach.

Allein die Hauptfiguren bleiben überzeugend und das, was sie schon immer waren: bodenständige Charaktere, die sehr pragmatisch handeln und ihre Kräfte und Fähigkeiten klug genug einzusetzen wissen, ohne sich zu übernehmen.

Alles in allem lässt sich „Die Paktiererin“ zwar gut lesen, aber am Ende bleibt man gerade als erfahrener Leser ein wenig enttäuscht zurück, da der Autor aus einigen Elementen der Geschichte – wie der tragischen Story der Gegenspielerin – doch ein wenig mehr hätte machen können.