Die neuen X-Men 2 (Comic)

Dennis Hopeless
Die neuen X-Men 2
(All New X-Men (2016) 7-11, 2016)
Übersetzung: Jürgen Petz
Titelbild: Mark Bagley
Zeichnungen: Mark Bagley, Paco Diaz
Panini, 2016, Paperback, 124 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-7416-0042-5

Rezension von Irene Salzmann

Nach dem desaströsen Kampf gegen Toad und Blob lecken die jungen X-Men aus der Vergangenheit (außer Marvel Girl) und die neuen Kameraden ihre Wunden. Das Schlimmste ist, dass sich Wolverine und Angel nach einem Streit abgesetzt haben und Cyclops von Toad entführt wurde. Ohne einen Telepathen können sie mit Hilfe von Cerebro ihren Freund nicht finden, solange er keinen Gebrauch von seinen Kräften macht.

Als sie ihn aufgrund dessen endlich lokalisieren, zählt jede Sekunde, denn Toad will Cyclops töten! Tatsächlich glaubt Toad, wenn er den jungen Cyclops umbringt, würde er als Erwachsener nicht mehr existieren und infolgedessen nicht mehr durch die Phoenix-Kraft Unheil über die Welt bringen, ja, es würde alles wieder werden wie vorher. Dass die Zeitreisen wohl längst eine neue Alternativwelt erschaffen haben dürften, kommt ihm nicht in den Sinn.

Beast, der aus den jüngsten Entwicklungen für sich das Fazit zieht, dass sie alle in ihre eigene Zeit zurückkehren müssen, bevor sie in dieser Zukunft durch Feinde getötet werden, denen sie (noch) nicht gewachsen sind, beginnt mit Zeitreise-Maschinen zu experimentieren, schafft es aber ebensowenig wie sein älteres Alter Ego, eine Lösung zu finden. Daraufhin wendet er sich an Dr. Strange, denn Magie könnte der einzige Weg zurück sein.

Allerdings hat Dr. Strange nicht nur Probleme mit seinen Kräften und muss Beasts Ersuchen ablehnen, sondern er ist damit beschäftigt, Wesen aus einer anderen Dimension davon abhalten, auf die Erde zu gelangen. Mit einer magischen Maske - dem Auge von Horus - kann Beast Dinge sehen, die sonst verborgen sind. Er steht Dr. Strange im Kampf gegen die bizarren Angreifer bei und darf die Maske behalten.

Diese wird von Genesis (Kid Apocalypse) entdeckt, und als er sie aufsetzt, werden er und Beast, der mit einer Zeitmaschine experimentierte, in die Vergangenheit und nach Ägypten geschleudert. Dort begegnen sie dem jungen En Saba Nur, der später Apocalypse werden soll und aus dessen genetischem Material Genesis geklont wurde. Genesis, der trotz seines Lächelns innerlich mit seinem Schicksal hadert und Angst hat, eines Tages zu Apocalypse zu werden, lernt sein Original als freundlichen, hilfsbereiten Jugendlichen kennen, der vor seinem grausamen Vater Baal fliehen will. Genesis versucht, ihm zu helfen in der Hoffnung, dass die finstere Zukunft verhindert werden kann, aber…


Der zweite Band über „die neuen X-Men“ knüpft nahtlos an den Vorgänger an, fokussiert jedoch fast ausschließlich auf Cyclops Kampf gegen Toad, Beasts Bemühungen, einen Weg zurück in die eigene Zeit zu finden, und die Probleme, die Genesis mit seiner möglichen Zukunft hat. Der Konflikt zwischen Angel und Wolverine wird ebensowenig angesprochen wie Icemans Outcoming, homosexuell zu sein. Einen Gastauftritt hat Dr. Strange, doch muss man schon dessen Serie lesen, um zu wissen, welche Schwierigkeiten ihn gerade plagen.

„Die Apocalypse-Kriege“ sind aktuell auch Thema der „X-Men“ (Band 2 ff), allerdings trifft hier eine andere Gruppe unter Storms Führung auf einen Apocalypse der Zukunft, der zahlreiche Welten beherrscht und überall die Mutanten ausgelöscht hat. Als Nightcrawler ihn schwer verletzt, drohen all diese Welten unterzugehen, da sie mit Apocalypse verbunden sind. Der Handlungsstrang hat allerdings nichts mit jenem zu tun, der in „Die neuen X-Men“ läuft, sodass man die Reihen unabhängig voneinander lesen kann. Immerhin deutet all das auf viele mögliche Entwicklungen für die Zukunft hin.

Obschon die fünf in diesem Paperback gesammelten Episoden wie kleine Einzelhandlungen mit sich verschiebenden Schwerpunkten innerhalb der Handlung und bei den agierenden Personen wirken, so hat sie Dennis Hopeless („Cable and X-Force“, „House of M“, „Avengers Undercover“) doch durch einen roten Faden verbunden: Dass sie im Kampf gegen Blob und Toad kläglich versagten und Cyclops beinahe umgekommen wäre, bewirkt, dass Beast, der bisher glaubte, die X-Men könnten auch in dieser Epoche Gutes tun, seine Meinung revidiert und sie alle in ihre eigene Zeit bringen will. Dieser Wunsch führt ihn zu Dr. Strange, was sich als Auftakt zu einer neuen Storyline erweist, in der Genesis Einblicke in sein wahres Denken erlaubt und schließlich seine Zukunft positiv beeinflussen möchte.

Am Ende des Bandes darf man bis zur Fortsetzung spekulieren, wie Genesis mit dem Ausgang des Abenteuers umgehen wird, ob er begreift, dass Manipulationen der Zeit unvorhersehbare Risiken bergen - oder ob ihn die Frustration ein wenig mehr zu Apocalypse werden lässt.

Die Illustrationen stammen von Mark Bagley („Ultimate Spider-Man“, „Thunderbolts“, „The New Warriors“) und Paco Diaz („Marvel Comics Presents“, „Hawkeye: Blindspot“, „Nightwing“). Der Zeichner-Wechsel geht praktisch unbemerkt über die Bühne, da die Künstler einander stilistisch ähneln und sehr gefällig arbeiten. Infolgedessen erscheinen alle Figuren realistisch-idealistisch, wie man es von Superhelden-Comics gewohnt ist. Das in Verbindung mit der abwechslungsreichen, dramatischen Handlung macht die Serie derzeit zu einem Highlight.

Obwohl es fünf aufeinanderfolgende Episoden erlauben, leicht Zugang zur Story zu finden, sollte man den vorherigen Band gelesen haben, um das Team und seine Konflikte kennenzulernen und zu wissen, wie es überhaupt zu der Ausgangssituation hat kommen können. Das Ende könnte man so akzeptieren, aber es hängt Vieles in der Luft, sodass man unbedingt wird weiterlesen wollen, wenn man Spaß an der Serie und an den sehr ansprechenden Illustrationen hat. Genau so möchte man die „X-Men“ haben.