Wonder Woman - Göttin des Krieges 3: Auferstehung (Comic)

Meredith Finch
Wonder Woman - Göttin des Krieges 3
Auferstehung
(Wonder Woman 48-52, 2016)
Übersetzung: Ralph Kruhm
Titelbild: David Finch
Zeichnungen von David Finch, Johnny Desjardins, Miguel Mandonça u.a.
Panini, 2016, Paperback mit Klappenbroschur, 172 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-7416-0025-8

Rezension von Irene Salzmann

Zolas Baby Zeke, welches ein Gefäß für Zeus‘ Wiedergeburt darstellt, ist erkrankt. Die Götter, soweit sie informiert sind, sind ratlos, und so nimmt es Wonder Woman auf sich, nach einem Heilmittel zu suchen. Doch statt Gaia offeriert Hekate ihren Beistand. Sie verhehlt Wonder Woman nicht, dass sie persönliche Motive verfolgt, aber das ist auch schon die ganze Hilfe, mit der die Kriegsgöttin rechnen darf.

 

Sie lässt sich auf den Handel ein, denn sie hat keine andere Wahl, die Zeit drängt. Außerdem erfährt Wonder Woman von Dingen, die Hekates Warnungen vor den Olympiern plausibel erscheinen lassen. Doch dann holen die Zweifel sie ein, und eine Begegnung mit Hera lassen sie wieder zaudern.

Schließlich muss Wonder Woman beobachten, wie Hekate Zeke opfern will, um Zeus zurückzuholen als ihren Lover, während  Hera den Thron für sich selbst anstrebt…


Geschickt mischt Meredith Finch Mythologie mit jüngeren Entwicklungen. Infolgedessen hat der untreue Göttervater nicht nur die aus den Homer‘schen Geschichten bekannten Götter, Halbgötter und sonstige Kreaturen gezeugt, sondern auch ein Kind, das seiner eigenen Wiedergeburt dienen soll. Dessen Mutter und Diana wollen das unschuldige Kind retten, als es plötzlich krank wird, was an sich schon unlogisch erscheint, denn es hat seine Macht (siehe Band 2) bereits gezeigt, und es ist klar, dass sich Zeus früher oder später manifestieren, der Junge dabei keine Rolle spielen wird. Die eine oder andere Gottheit könnte das beschleunigen; in diesem Fall übernimmt das Hekate.

Diana, die aktuelle Kriegsgöttin, agiert sehr naiv, denn sie selbst ist ehrlich und setzt genau dieselbe Ehrlichkeit bei anderen voraus - und wird enttäuscht, denn die Gegenspieler, ob Götter oder Menschen, sind Intriganten, die ausschließlich ihre eigenen Ziele verfolgen. Prompt fühlt sie sich hin und her gerissen zwischen dem, was Hekate und was Hera sie wissen lassen, denn es sind Halbwahrheiten, und ihre eigenen Mittel, das Wesentliche zu erfahren, setzt sie spät ein veziehungsweise erweisen sich diese als begrenzt.

Es ist nicht zwingend nötig, die Vorgeschichte zu kennen, da dieser Handlungsstrang eine gewisse Einheit darstellt - und DC ohnehin wieder einen Reboot geplant hat, der alles egalisiert, sodass man sich fragt, welchen Sinn es hat, einer immer kürzeren Kontinuität zu folgen, die dann - hihi, wie lustig, alles vorbei, jetzt kommt Neues! - nicht mehr zählt. Denn der Leser möchte seinen Helden schon etwas länger folgen und nicht nach zwei, drei Jahren oder so mal wieder ein Häkchen setzen und auf die Auflösung einer spannenden Stoyline verzichten müssen. Seit den 80ern passiert das immer öfter und in kürzeren Abständen.

Wie auch immer, Wonder Woman erkundet hier die Geheimnisse hinter den Kulissen des Olymps und muss einmal mehr feststellen, dass sie belogen und als Mittel zum Zweck benutzt wurde, denn ihre Schwächen sind zu offensichtlich.

Meredith Finch gelingt es vortrefflich, den Zwiespalt ihrer Hauptfigur darzustellen, die endlich eine Familie haben und akzeptiert werden will, die all ihre Liebe, die sie selber nie erfuhr und nach der sie hungert, auf Personen ihres Umfelds projiziert, wodurch sie entweder angreifbar oder enttäuscht wird. Sie erscheint in dieser skrupellosen, egoistischen Welt völlig deplatziert…,

…doch viele werden sich mit ihr identifizieren können: Wer altruistisch handelt, wird ausgenutzt; wer ehrlich ist, wird belogen und betrogen. Obschon es im Comic ein Happy End gibt, wie man es sich auch fürs reale Leben wünscht, ist dieser Band schon eine Metapher für all das, was in der Wirklichkeit seit Jahren und in allen Nationen schiefgeht: Auch den Bürgern wird die Wahrheit vorenthalten, nicht die angeblichen und optischen Monster sind welche, sondern jene, die sie zu Monstern machten, und wer die Macht in den Händen hält, will sie nicht hergeben, sondern festigen, egal, zu welchem Preis.

Diese Message läuft subtil verborgen mit, denn die vordergründige Handlung setzt auf Action und ausgesprochen schöne Bilder, wobei David Finch und sein Schüler Johnny Desjardins nicht enttäuschen. Der Wechsel fällt kaum auf, da der Stil des Meisters fast vollständig und zur Freude des Betrachters übernommen wurde.

Löst man die erste Episode und das Donna-Troy-Intermezzo heraus, erhält man eine durchgängige Story. Auf den Opener müsste demnächst eine Fortsetzung folgen - und was ist mit dem Reboot? Donna Troy ist dabei, ihren Platz zu finden, was nicht einfach ist. Und Wonder Woman, tja, da wäre noch allerlei zu erzählen. Aber Reboots… Was soll man dazu noch sagen außer: armer Leser (und: arme Figuren)!