Clark Ashton Smith: Die Totenbeschwörer von Naat - Gesammelte Erzählungen 5 (Buch)

Clark Ashton Smith
Die Totenbeschwörer von Naat
Gesammelte Erzählungen 5
Übersetzung: Malte Schulz-Sembten, Michael Siefener, Heiko Langhans, Frank Festa
Festa, 2016, Hardcover, 576 Seiten, 28,00 EUR, ISBN 978-3-86552-464-5 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

„Weird Tales“, das wegweisende Pulp-Magazin der 30er Jahre in den USA hatte drei Autoren, die es mit ihren Geschichten geprägt haben. Neben H. P. Lovecraft, der seine Erzählungen um die Großen Alten dort veröffentlichte, gehörte Robert E. Howard zu den gefeierten Autoren. Nicht nur Conan, auch Howards Horror-Geschichten, die Storys um Solomon Kane, die Pikten und Kull sorgten für seinen Ruhm. Als Dritter im Bunde zählte Clark Ashton Smith zu den regelmäßigen Lieferanten von Beiträgen für das Magazin.

Anders als seine beiden Freunde und Kollegen aber konzentrierte er sich nicht auf einen Protagonisten oder ein Sujet, sondern unternahm immer wieder neue Ausflüge in ferne Welten, frühe oder später Zeiten und Orte. Dies mag der Grund dafür sein, dass Smith heute, auch und insbesondere in seinem Heimatland, kaum mehr verlegt wird, dass seine Werke zusehends dem Vergessen anheimfallen. Dabei zeichnen sich seine Geschichten durch eine stilistische Raffinesse und Abwechslung aus, die seinen berühmteren Freunden abgeht.

Wie damals üblich hat sich der Autor des Absatzes wegen darauf beschränkt, Kurzgeschichten und Novellen zu schreiben. Nur für diese gab es in den Pulps damals einen Markt, der das wirtschaftliche Überleben ermöglichte; Romane der düster-phantastischen Art konnte man schlicht nicht verkaufen.

Im fünften von insgesamt sechs Bänden der Werksausgabe entführt uns Smith dieses Mal nach Zothique.


Wir befinden uns in einer fernen Zukunft. Die bekannten Kontinente der Erde sind in den Fluten versunken, technische Errungenschaften und wissenschaftliche Erkenntnisse gingen verloren. Als letzter verbliebener Riesenkontinent liegt Zothique im Indischen Ozean, umfasst Teile Ostafrikas, Arabiens, Vorder- und Hinterindien sowie die indonesischen Archipele. Hier herrschen finstere Fürsten, betreiben Zauberer ihre dunklen Totenbeschwörungen und versklaven und missbrauchen ihre Untertanen.

Sechzehn Erzählungen, ein Gedicht und ein Schauspiel verfasste Smith in drei Schaffensperioden in und um Zothique, darüberhinaus sind uns noch einige Entwürfe und Fragmente erhalten geblieben.


Die Geschichten zeichnen sich alle durch eine sehr bewusst eingesetzte Sprache aus, die uns insbesondere die Stimmung der jeweiligen Geschehnisse vermittelt.

Fast schon poetisch zu nennen sind die Beschreibungen des letzten Kontinents der Erde in einer Zeit, da das Ende unseres Heimatplaneten sich deutlich abzuzeichnen beginnt. Die Sonne hat ihre Leuchtkraft verloren, die einst verbannten Götter sind zurückgekehrt um Zeugnis vom Untergang der Zivilisation abzulegen.

Die Menschheit hat ihre Schuldigkeit getan, die wenigen Überlebenden dämmern eher vor sich hin, warten auf das unausweichliche Ende in riesigen Grüften, Mausoleen und Friedhöfen. Leichen erheben sich, von skrupellosen Zauberern gerufen, zu unheiligem Pseudoleben; Helden gibt es hier keine, ein Jeder ist nur um seines eigenen Vorteils willen bereit, Unaussprechliches zu tun. Das ultimative Ende ist nah, ein Ende, auf das nichts mehr folgen wird, so dass Rücksichtnahme unbekannt ist.

Es ist das Zeitalter der letzten moralischen Dekadenz, das triste, sinnentleerte Pseudo-Leben wird bis zur Neige und ohne jegliche Rücksichtnahme auf andere ausgekostet. Das ist als Bühne unglaublich stimmig, faszinierend morbide und atmosphärisch dicht, dass die jeweilige Handlung um finstere Magier, brutale Herrscher und dunkle Priester hier ungleich überzeugender wirken, als in anderen Szenarien.

Smith selbst wollte die Geschichten zu seinen Lebzeiten immer einmal gesammelt in einem Band veröffentlichen - ein Unterfangen, das ihm nie geglückt ist, das aber mit vorliegender Ausgabe wunderbar gelungen vorliegt.

Beigegeben hat der Verlag den Texten aus der Feder Smiths ein informatives Vorwort, das auf die Beiträge einstimmt sowie eine sehr kenntnisreiche Einordnung der jeweiligen Geschichten durch Scott Connors und Ron Hilger.

Auch wenn wir den von Smith angedachten aber leider nie verfassten Roman „The Scarlet Succubus“, in dem er seine Handlung an und über die damals noch eng gesteckten sexuellen Grenzen führen wollte nie lesen werden, liegt hier doch ein Buch vor, auf das der Autor, sein Verleger und die vielen Fans Smiths stolz sein können. Ein Buch, das uns einen Meister der atmosphärisch dichten Erzählung präsentiert, die man so, vielleicht mit Ausnahme von Jack Vances Geschichten um die Dying Earth, nirgends anders auch nur annähernd ähnlich überzeugend lesen kann.