Lady Killer 1 (Comic)

Joelle Jones & Jamie S. Rich
Lady Killer 1
(Lady Killer 1-5, 2015/2016)
Übersetzung: Marc-Oliver Frisch
Titelillustration und Zeichnungen von Joelle Jones
Panini, 2016, Paperback mit Klappenbroschur, 124 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-95798-927-7

Rezension von Christel Scheja

Wenn in Krimis und Thrillern Serienkiller vorkommen, dann sind diese fast immer männlich und mittleren Alters, meistens vom Leben und ihrer Umgebung frustriert oder seit ihrer Kindheit Psychopathen, die es bis jetzt geschafft haben, sich durchzumogeln. Frauen mit der Lust am Töten gibt es eher selten, nur ganz wenige Autorinnen nehmen sich ihrer an. Und noch seltener sind sie im Comic zu finden. Das haben Joelle Jones und Jamie S. Rich nun kurzerhand geändert.

 

Josie Schuller ist eine Hausfrau der 60er Jahre wie sie im Buche steht, eine fürsorgliche Gattin und liebende Mutter, die den Haushalt und die Erziehung perfekt geregelt bekommt und dann auch noch eine wunderbare Gastgeberin ist, die als leuchtendes Vorbild für alle anderen in der Nachbarschaft gilt. Allein Mutter Schuller wittert mit dem Gespür einer Schwiegermutter, dass an Josie etwas nicht ganz koscher ist. Aber vermutlich kann auch sie sich nicht ausmalen, dass die Verspätungen und Treffen mit einem Fremden ganz andere Gründe haben als eine Affäre.

Denn Josie führt ein Doppelleben. Sie übt schon seit fünfzehn Jahren den Beruf einer Auftragskillerin aus und ist eine der Besten in ihrem Fach, auch wenn sie sich durch die Belastung inzwischen denen ein oder anderen Fehler erlaubt hat. Aber unterkriegen lässt sie sich dennoch nicht. Bis zu dem Tag, an dem ihr ihr Chef die Pistole auf die Brust setzt und ihr deutlich macht, dass der nächste Auftrag auch ihr Ende bedeuten könnte, wenn sie sich dort einen Fehler erlaubt. Josie geht dennoch weiter ihren eigenen Weg, was sie auf die Abschussliste bringt.


Die Geschichte von „Lady Killer“ mag auf den ersten Blick bekannt erscheinen, denn Josie wäre nicht die erste Agentin, die ein Doppelleben führt, denn Filme wie „Mr. und Mrs. Smith“ haben es schon vorgemacht, dass man durchaus am Partner vorbei eine weitere Existenz führen kann, die nicht ganz normal ist. Aber was die Geschichte aus der Masse ragen lässt, ist das Szenario und seine Umsetzung. Die Künstlerinnen stellen dabei sehr schön die Klischees der 60er Jahre auf den Kopf, in denen von Emanzipation noch keine Rede war und eine Frau in erster Linie danach beurteilt wurde, ob sie eine perfekte Hausfrau, liebende Gemahlin und Mutter ist, die es dann auch noch problemlos schafft, die Nachbarschaft zu unterhalten.

Josie ist all das und noch mehr, aber auch in diesem Beruf bekommt sie nicht die Wertschätzung, die sie verdient, sondern muss sich immer wieder die Vorurteile ihres Chefs und ihres Agentenführers gefallen lassen. Der erste Band nutzt die Gelegenheit, die Weichen zu stellen, die Heldin und ihre beiden Leben vorzustellen und dabei doch interessante Andeutungen zu machen, die auf mehr als die üblichen Klischees hoffen lassen. Denn auch Mutter Schuller ist vermutlich mehr als die böse Schwiegermutter.

Das alles ist in Zeichnungen gehalten, wie man sie nicht schöner auf Werbeplakaten der Zeit finden könnte. Und genau das macht den besonderen Zauber der Serie aus. Josie ist ohne Frage süß, aber die Darstellungen, gerade die Cover und die Werbeplakate makaber. Sie tötet zudem mit der Eleganz einer Frau der Swinging Sixties und fällt dabei nicht einmal sehr aus der Zeit, so dass es einfach Spaß macht ihrem Weg zu folgen und neugierig auf die Entwicklungen zu blicken, die sie und die Leser noch erwarten werden.

„Lady Killer“ ist eine Serie, die sowohl inhaltlich wie auch graphisch überzeugen kann, weil sie es schafft, nicht nur in die 60er Jahre mit all ihren Klischees zu entführen, sondern auch noch eine spannende Geschichte zu erzählen, die es in sich hat.