Paul Kearney: Die Ketzerkönige - Die Königreiche Gottes 2 (Buch)

Paul Kearney
Die Ketzerkönige
Die Königreiche Gottes 2
(The Heretic Kings – Monarchies of God 2, 1996)
Übersetzung: Michael Krug
Titelbild: Timo Kümmel
Atlantis, 2015, Paperback, 388 Seiten, 14,90 EUR, ISBN 978-3-86402-264-7 (auch als Hardcover und eBook erhältlich)

Von Irene Salzmann

Paul Kearney setzt seine Geschichte über „Die Königreiche Gottes“ nahtlos fort. Obwohl eine kurze Zusammenfassung den Leser über das Bisherige informiert und auf das Kommende einstimmt, sollte man den ersten Band, „Hawkwoods Reise“, gelesen haben, um die verschiedenen Schauplätze und ihre jeweiligen Protagonisten zu kennen. Man favorisiert nämlich schnell bestimmte Handlungsebenen, während andere zunächst langweilig scheinen, aber das ändert sich unverhofft, und Cliffhanger sorgen für ein Übriges.

 

Die Merduks aus dem Osten haben die als uneinnehmbar geltende Stadt Aekir überrannt und sind auf dem Vormarsch. Statt sich den Ungläubigen vereint zu stellen, versuchen die Königreiche des Westens, die unter der Knute der Kirche des Heiligen Ramusios und insbesondere des Ordens vom Ersten Tage stehen, ihre persönlichen Machtansprüche zu wahren, indem sie vor dem neuen Pontifex Maximus Himerius kriechen, der alle Andersdenkende und vor allem die Dweomer, die Magiebegabten, von seinen Truppen verfolgen und auslöschen lässt. Bloß drei Könige haben den Mut, sich Himerius zu widersetzen und sich hinter den wahren Pontifex zu stellen, der mit viel Glück aus Aekir entkommen konnte.

Corfe Cear-Inaf, ein Soldat, der Aekir ebenfalls überlebte, brachte Macrobius, den totgeglaubten Pontifex, in Sicherheit. Als Belohnung erhält er ein eigenes Kommando und soll die rebellierenden Fürsten des „Ketzerkönigs“ Lofantyr besiegen. Aber es ist ein Todeskommando, bei dem er und seine ‚Wilden‘ sterben oder zumindest versagen sollen, um Lofantyrs Mutter zu demütigen, die Corfe für nützlich befindet und ihn zu ihrem Schützling machte. Zu aller Überraschung weiß der junge Oberst die ehemaligen Galeerensklaven auf sich einzuschwören und einen ersten Erfolg zu feiern, den Lofantyr so nicht gewünscht hat.

Abeleyn, ein weiterer „Ketzerkönig“, wird auf dem Heimweg von der Konklave angegriffen und kann bloß mit großer Mühe einen kleinen Teil seiner Getreuen retten. Zum Glück sind einige einflussreiche Personen in Hebrion immer noch auf seiner Seite, sodass er eine Chance sieht, die vom Orden und dessen Handlangern besetzte Stadt wieder zurückerobern zu können.

In Charibon, wo Himerius mittlerweile residiert, machen drei junge Mönche eine unglaubliche Entdeckung, welche die Geschichte des Heiligen Ramusios in ein völlig neues Licht rückt. Für dieses Wissen, das sie nicht der Vernichtung überantworten wollen, müssen sie teuer bezahlen - und das damit einhergehende noch viel gefährlichere Geheimnis bleibt prompt unentdeckt.

Richard Hawkwoods Expedition hat das Ufer des unbekannten Kontinents erreicht. Die Überlebenden der Überfahrt wollen gemäß der Anweisung von Fürst Murad das Land in Besitz nehmen. Die gefährliche Flora und Fauna machen es ihnen nicht leicht. Überraschend taucht eine junge Frau auf, die erklärt, dass sie Murads Erkundungstrupp, dem auch Hawkwood und der Magier Bardolin angehören, in die Stadt ihres Volkes führen will. Die Gäste hoffen, endlich Antworten auf ihre viele Fragen zu erhalten, befürchten aber zugleich, dass die Einladung eine Falle sein könnte.


Wie schon in „Hawkwoods Reise“ ergeht sich Paul Kearney in „Die Ketzerkönige“ in detaillierten Beschreibungen der verschiedenen Schauplätze. Allerdings meint er es damit zu gut, denn statt dadurch die jeweilige Atmosphäre zu vermitteln, bremst er den Handlungsfluss aus. Wenn man einmal gelesen hat, wie es am Hafen von Hebrion zugeht oder wie unheimlich der Dschungel mit seinen Geräuschen auf die Kolonisten wirkt, dann hat er eine Vorstellung vom Setting und braucht gewiss keine Auffrischung dieses Wissens nur ein Kapitel weiter.

Hingegen auf die Intrigen der Könige und Kirchenfürsten, auf die Abenteuer von Hawkwood und seinen Begleitern, auf Corfes Probleme und die Nöte anderer Protagonisten lässt man sich gern ein. Die Charaktere sind interessant aufgebaut und entwickeln sich weiter, ihre Konflikte und Sehnsüchte sind nachvollziehbar, die Wege, die sie einschlagen, nehmen regelmäßig unerwartete Wendungen, die Dialoge wirken realistisch.

Ob man sich dem Zitat auf dem Cover - „Einer der besten Fantasy-Schriftsteller überhaupt.“ - Steven Erikson - anschließen möchte, sollte jeder für sich entscheiden, schließlich sind die Geschmäcker verschieden. Tatsächlich ist das Buch, schon aufgrund der ausführlichen Beschreibungen, etwas langatmig. Auch die vielen Schauplätze und die entsprechend hohe Zahl an Akteuren bewirkt, dass die Handlung nur langsam vorankommt. Für das erfahrene Publikum sind einige Entwicklungen vorhersehbar, insbesondere das, was auf dem unbekannten Kontinent entdeckt wird. Doch da der Autor nicht sofort alle Rätsel auflöst und eine neue, sehr gefährliche Zukunft für die Kolonisten entwirft, ist alles in sich schlüssig, insbesondere weil diese Erkenntnisse einen langen Schatten auf die aktuellen Ereignisse in den Königreichen werfen. Das birgt eine Menge Potenzial für die Folgeromane.

Kann man sich mit den gelegentlichen weitschweifigen Passagen arrangieren (wie sie auch zum Beispiel in „Das Lied von Eis und Feuer“, „Der Herr der Ringe“ und anderen High-Fantasy-Serien zu finden sind), wird man gespannt das Schicksal der Protagonisten verfolgen, auf die noch so manche nicht immer angenehme Überraschung wartet. Geschickt platzierte Cliffhanger sorgen dafür, dass man ungeduldig auf die Fortsetzung wartet. Bis dahin darf man spekulieren, was mit Abeleyn passiert, ob Corfes wagemutige Pläne aufgehen, welche Konsequenzen Bardolin zieht und so weiter.

Schätzt man epische Fantasy, sollte man dieser Reihe eine Chance geben!