Jens Lossau & Jens Schumacher: Der Elbenschlächter (Buch)

Jens Lossau & Jens Schumacher
Der Elbenschlächter
Titelillustration von Hilden Design
Lyx, 2010, Taschenbuch mit Klappenbroschur, 316 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 978-3-8025-8257-8

Carsten Kuhr

Das Königreich Sdoom befindet sich in Aufruhr. Ausgerechnet in der königlichen Hauptstadt Nophelet geht ein Serienkiller um. Schon fünfmal hat der Unbekannte zugeschlagen. Mitten im anrüchigen Amüsierviertel Foggats Pfuhl wurden Elben-Stricher überfallen und ihres Wichtigsten beraubt! Mit Hilfe thaumaturgischer Sprüche wurde ihnen nicht nur ihr Lebenssaft, sondern auch die Hoden nebst Sperma entnommen. Merkwürdig nur, dass die mehr als schmerzhafte, letale Prozedur nie bemerkt wurde, dass es keinerlei Hinweise auf den Täter gibt. Im Auftrag der Königin werden die beiden angesehensten Ermittler des IAIT, des „Instituts für angewandte investigative Thaumaturgie“ mit allen Vollmachten ausgestattet und auf den Fall angesetzt.

Meister Hippolit, ein Thaumaturge des achten Grades, und Jorge, der Troll fürs Grobe, machen sich auf, die Verbrechen auf deduktische Weise zu untersuchen. Ihre Ermittlungen führen sie nicht nur in die Niederungen der Stricherszene sondern auch zu Orgien der besseren Gesellschaft – allein, der Mörder entzieht sich seiner Enttarnung.

Als alle Spuren im Sande verlaufen, müssen sie dem königlichen Prinzen Rede und Antwort stehen – und stoßen dabei auf neue Hinweise ...

Fantasy und Kriminalermittler, das geht nicht zusammen – so sagt man zumindest. Während die Urban Fantasy mit entsprechenden Serien punktet, gerade Lyx hat hier für seine Leser einiges im Angebot, muss der Fan elbischer oder zwergischer Fantasy doch suchen, bis er entsprechendes Lesefutter findet. Vor Jahren erschien bei Bastei-Lübbe die „Lord Darcy“-Reihe von Randall Garrett und Michael Kurland, dann gab es bei Blanvalet Glen Cooks „Karenta“-Zyklus und Michael Scotts, leider in der deutschen Ausgabe nicht fortgesetzten, Romane um Thraxas sowie die von der Anlage her unterschiedlich aufgebaute Max-Frei-Bände, das war’s im Wesentlichen aber schon. Anscheinend vertragen sich Zauber, Elben, Zwerge und Trolle nicht mit dem detektivischen Spürsinn in der Nachfolge unseres wackeren Mr. Holmes. Lossau und Schumacher sind angetreten, das Gegenteil zu beweisen.

Wer nun aber meint, dass die beiden Autoren uns ganz dem Genre-Vorgaben folgend in die elbischen Wälder, oder die zwergischen Stollen entführen würden, der sieht sich getäuscht. Stattdessen wartet mit Nophrelet eine Metropole auf uns, die ein wenig an entsprechende Städte der beginnenden Industrialisierung erinnert. Die bessere, heißt: betuchtere, Gesellschaft hat sich fern den Kloaken, der Ausdünstungen der Fabriken und der Slums ihre hochherrschaftlichen, gut gesicherten Anwesen bauen lassen, in den heruntergekommenen Arbeitervierteln herrscht dagegen Armut und Gewalt. Nahtstelle und verbindende Glied ist das berüchtigte Vergnügungsviertel. Hier prallen die beiden so unterschiedlichen Welten aufeinander, hier werden Vergnügen und fragwürdige Lustbarkeiten in allen Schattierungen angeboten und gekauft. Sobald es Nacht wird, tarnen sich die heruntergekommenen Bauten in den Schatten, fallen Hemmungen und steht der ungehemmte Genuss ganz im Vordergrund.

In diese Welt, die von ihrer Ausgestaltung ein wenig an die bei uns leider nicht ganz so beliebten Steampunk-Romane erinnert, haben die Autoren ihr ungleiches Ermittlerpaar gesetzt. Der Troll, der allen fleischlichen Genüssen mehr als aufgeschlossen gegenübersteht, ist unser Mann fürs Grobe. Dabei beweist er aber Spürsinn und unerwartete Intelligenz, ist beileibe nicht nur die geballte Faust des Duos. Der andere, ein erfahrener Zauberer, dessen körperliche Verjüngung ein wenig außer Plan geriet, so dass er sich jetzt mit dem Körper eines pubertierenden Jungen herumschlagen muss, ist der mehr distinguierte der Beiden. Zusammen ergänzen sie sich perfekt, spielen aber gleichzeitig geschickt mit der Erwartungshaltung des Lesers. Groß und dumm, sowie klein und klug, das gilt nur bedingt. Hier führen die Autoren ihre Leser wie die Verdächtigen gerne einmal auf die falsche Spur.

Daneben merkt man dem Text an, dass beide Autoren Erfahrung im Bereich des Detektiv-Romans haben. Zusammen wie getrennt haben sie entsprechende Werke veröffentlicht, wobei sich die Verbindung durch ähnlichen Spannungsaufbau und Dramaturgie anbietet. Geschickt geben sie dem Leser immer wieder Hinweise zum Miträtseln, wissen aber auch durch etwas abgewandelte aber erprobte Motive – Bad Cop, Good Cop-Verhöre, Razzien, verdeckte ErmittIer oder zwielichtige Informanten – zu punkten. Dazu gesellt sich die faszinierend, wenn auch noch etwas zurückhaltend ausgebaute Umgebung. Erste dampfbetriebene Automobile – Vulwoogs genannt – dienen den Begüterten als mondänes Fortbewegungsmittel, die hemmungslosen Orgien der besseren Gesellschaft entlarven diese als vergnügungssüchtige Bohèmes, die Rivalität des IAIT mit der regulären Ordnungsmacht wird gerne thematisiert.

Mit humoristischen Elementen aufgelockert erwartet den Leserso eine spannende Jagd nach Motiv und Täter in einem ungewöhnlichen Setting, die Appetit weckt auf weitere Fortsetzungen.