Kim Paffenroth: Dying to Live – Vom Überleben unter Toten (Buch)

Kim Paffenroth
Dying to Live – Vom Überleben unter Toten
(Dying To Live)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Doris Hummel
Titelillustration von iStock
Festa, 2010, Taschenbuch, 256 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-3-86552-091-3

Carsten Kuhr

Das Worst-Case-Szenario wird Wahrheit. Ein Virus breitet sich aus, ein Erreger, der sich rasant verbreitet, der die Menschen in lebende Leichen verwandelt. Das, was man sonst nur aus billigen, meist schlechtgemachten B-Filmchen kannte, Zombies, die die Städte und kleineren Ortschaften heimsuchen, wird Wahrheit.

Dies ist die Geschichte eines der Überlebenden. Als es passierte, befand sich Jonah, unser Ich-Erzähler, gerade auf einem Schiff mitten auf dem Meer. Als er seinen Fuß wieder an Land setzt, ist nichts so, wie es einmal war. Überall suchen Untote nach etwas zu Essen – lebende Nahrung, vornehmlich auf zwei Beinen. Nur ein Kopfschuss oder das Brechen des Genicks beschert den Infizierten die ewige Ruhe. Angezogen von Geräuschen kesseln sie die wenigen Überlebenden ein und verbreiten mittels eines Bisses den Virus.

In dieser Welt wandert unser Erzähler von Ort zu Ort. Eines Tages trifft er auf ein Refugium Überlebender. In einem Museum haben sie sich verschanzt, versuchen Tag für Tag die sie bedrängenden Toten zurückzuschlagen und die Zivilisation hochzuhalten. Hier findet Jonah einen Ort, an dem er seine Menschlichkeit überdenken, sich selbst und seinen Platz in der Welt neu definieren kann.

Immer wieder gilt es auf Streifzügen außerhalb des befestigten Ortes Nahrungsmittel und dringend benötigte Gegenstände heranzuschaffen. Auf ihren Expeditionen stoßen sie neben jeder Menge Untoter auch ab und an auf Überlebende. Es gelingt ihnen, einige zu retten, bevor sie selbst dann von den gegen ihre Umgebung hermetisch abgeschotteten Insassen eines Gefängnisses überwältigt werden. Das Los, das ihnen droht, zeigt, dass die Unmenschlichkeit kein alleiniges Refugium der Zombies ist. Sie werden missbraucht, geschunden und geschändet, bevor ein Zombie-Messias und ihre Freunde zu Rettung eilen können ...

Zombie-Romane, ich gebe es gerne zu, sind nicht ganz mein Fall. Zu uniform scheint die Handlung durch die Vorgabe der tumben, wandelnden Leichen zu sein, zu abschreckend sind mir auch die Bilder der entsprechenden Filme im Gedächtnis.
Insoweit ging ich mit ein wenig Ressentiments an die Lektüre, wurde aber bald eines Besseren belehrt.

Auch Paffenroth beschreibt die Angriffe der menschenfressenden Toten auf die wenigen Überlebenden der Infektion, lässt zerstörte, menschenleere Städte und Landschaften auf uns wirken. Es gibt jede Menge grausam und detailreich ausgearbeitete Kämpfe, die nichts für Leser mit einem schwachen Magen sind. Da werden Gliedmaßen abgerissen, in Bäuche und Gedärme gebissen, Köpfe eingeschlagen, bis dass das Gehirn nur so spritzt. Dies ist aber nur ein Aspekt des Buches. Wichtiger ist dem Autor, aufzuzeigen, wie die wenigen Überlebenden mit dem Grauen, das sie umgibt, umgehen. Der „Tunnelblick“ ist solch ein geflügeltes Wort, die Leblosigkeit, die sich in den Augen derjenigen zeigt, die das Geschehen nicht mehr ertragen oder verarbeiten können.

Daneben präsentiert uns der Autor immer wieder Bilder einer fast anheimelnd wirkenden Idylle. Momente, in denen das Leben schön, die Probleme verdrängt werden, in der Liebe und Freude ihren Platz haben.

Das zarte Pflänzchen der Hoffnung, es wächst zögerlich aber immerhin, es gedeiht. In einem fast schon rührselig zu nennenden Finale wird gar ein Zombie-Messias gepriesen, der die Hoffnung darauf, dass Gott seine Schöpfung doch nicht ganz vergessen oder abgeschrieben hat, nährt.

Noch einmal ganz deutlich – das Buch hält plakative Gewalt für seinen Leser bereit. Das ist nichts für weichgespülte Romance-Fantasy-Fans, da geht es zum Teil bestialisch zu. Das alleine ist dem Autor aber glücklicherweise nicht genug. Mit viel Einfühlungsvermögen zeigt er uns eine Gesellschaft, die angeschlagen und dezimiert, traumatisiert und belagert wie sie ist, sich selbst nicht aufgibt, sondern nach vorne schaut.