Tobias O. Meißner: Freiheit oder Finsternis – Die Dämonen 2 (Buch)

Tobias O. Meißner
Die Dämonen: Freiheit oder Finsternis
Titelillustration von Kendrick Lim
Piper, 2010, Paperback mit Klappenbroschur, 480 Seiten, 15,95 EUR, ISBN 978-3-492-70184-6

Carsten Kuhr

Gut zwanzig Jahre ist es her, dass zwei Dämonen aus dem Schlund entkamen und in den sechs Baronate des Königreichs Grison für Unruhe sorgten. In die Körper zweier der Barone gefahren, überzogen sie das Reich mit Krieg. Nur durch die aufopfernden Bemühungen der Helden der Geschichte und mit Glück gelang es, der Gefahr Herr zu werden.

Inzwischen wird der Dämonenschlund wieder regelmäßig kontrolliert, seine magische Einfassung immer wieder überprüft und erneuert. Eigentlich sollten die Menschen in ihren Dörfern, Städten und auf den vorgelagerten Inseln sicher sein – eigentlich. Wenn denn die Banne halten und keine weiteren Dämonen aus dem Schlund entkommen.

Dumm ist nur, dass die Dämonen nicht etwa durch einen Bann der Menschen im Schlund gefangengesetzt wurden und seit Jahrhunderten im ewigen Kreisen herumgewirbelt werden, sondern Grison selbst, der mächtigste der Dämonen, seine Artgenossen im Schlund festgesetzt hat.Lange hat der Herrscher der Bestien gewartet, geplant und taktiert. Jetzt ist es soweit, dass er den Deckel hebt und seine gefräßige Bande auf das Königreich loslässt.

Schon zwei geflohene Dämonen, die noch dazu vom Hunger geplagt wurden, brachten das Königreich an den Rand des Untergangs. Jetzt rast eine Welle von gut 120.000 Dämonen auf das Reich der ahnungslosen Menschen zu, ein Tsunami der Gewalt, der, so unkoordiniert und undiszipliniert er auch ausschaut, nur verbrannte Erde hinter sich zurücklässt. Selbst altbekannte Kämpen vermögen dem Ansturm kaum etwas entgegenzusetzen.

Doch dann mischt sich etwas in den Vorstoß, das es selbst gefräßigen Dämonen schwermacht, sich auf das Töten und Metzeln unschuldiger Menschen zu konzentrieren – Politik und persönliche Geltungssucht halten Einzug in die Reihen der Höllengestalten und man erfährt, was hinter dem Geheimnis des Wolkenpeinigergebirges steckt ...

Tobias O. Meißners etwas anderer Völker-Roman geht in seine zweite Runde. Wieder steht dem Leser eine Achterbahnfahrt voller Drive, Gewalt aber auch überraschend nachdenklicher Gedanken bevor. Dabei baut der Autor geschickt auf die Handlung seines ersten Teils auf, führt diese aber in sich folgerichtig und dennoch nie vorhersehbar zu neuen Ufern. Überraschungen warten auf den Rezipienten, Wendungen und Entwicklungen, die geschickt gängige und erfolgsgewohnte Motive der Völker-Bestseller aufgreifen, diese abwandeln und in einem anderen, frischen Licht überraschend neu beleuchten.

Dabei bleiben vorliegend die Charaktere eher im Hintergrund, konzentriert sich Meißner ganz auf seine rasant aufgezogene Handlung. In dieser dominiert die packende Schilderung von Kämpfen, erhalten wir durch häufige Perspektivenwechsel immer andere Einblicke ins Geschehen.

Hier geht der Autor ein gewisses Risiko ein. Mit ständig neuen Blickwinkeln und anderen Protagonisten, durch deren Augen wir das Geschehen betrachten, ist der Leser gezwungen, sich immer von Neuem zu orientieren und in seinen jeweiligen Erzähler einzufinden. Gleichzeitig ermöglich dies dem Autor natürlich seine Handlung viel breiter und detailreicher anzulegen. Meißner, den wir als versierten und stilistisch überzeugenden Autor kennen- und schätzengelernt haben, schafft es hier, den Leser nicht nur bei der Stange zu halten, sondern mit dem Geschilderten auch zu faszinieren. Gerade durch den Schachzug, uns die Handlung auch durch die Augen der Dämonen zu schildern, deren Denkweise zu beleuchten, auch wenn dies heißt, die Gräuel an denen sie sich erfreuen zu beschreiben und in den Mittelpunkt zu stellen, erhält der Roman eine selten beobachtete Intensität.

Intelligent, packend, rasant – wenn auch nicht ganz zu tiefgründig, wie von ihm sonst gewohnt – mit einem rast die Handlung zum verblüffenden Finale, dass es eine Freude ist. Für Jeden, der farbenprächtige Fantasy mag ein Muss.