Michael Schmidt: Teutonic Future (Buch)

Michael Schmidt
Teutonic Future
Titelillustration von Lothar Bauer
2015, Taschenbuch, 172 Seiten, 9,00 EUR (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Michael Schmidt ist uns als umtriebiger Herausgeber im Bereich der Weird Fiction ein Begriff. Seit Jahren präsentiert er uns in seinen „Zwielicht“-Anthologien das Beste an Horror-Kurzgeschichten, was in Deutschland erschienen ist oder aktuell erscheint. Immer wieder gelingt es ihm dabei Preziosen der kurzen Art aufzutun, die sonst in Vergessenheit geraten oder nie ein größeres Publikum erreichen würden.

 

Er selbst hat mehrere Sammelbände mit eigenen Horror-Geschichten veröffentlicht, in denen er gezeigt hat, dass er auch selbst als Autor zu überzeugen weiß. Nun legt er einen neuen Sammelband mit eigenen Erzählungen vor. Allerdings erwarten den Leser vorliegend keine Horror-Storys, sondern Geschichten, die in der Zukunft spielen. Da stellt sich die Frage, ob Schmidt Science Fiction „kann“?

Seine Antwort auf diese Frage gibt der Autor in insgesamt 14 Erzählungen auf teilweise beeindruckende Art und Weise. In abwechslungsreichen Plots unterhält der Verfasser stilistisch ansprechend in verblüffenden, bewegenden und überraschenden Storys seine Leser.


Inhaltlich beschäftigt sich der Autor auf immer ganz eigene Art und Weise mit den unterschiedlichsten Themen. Da verfolgen wir in „Uriel“ die Geburt und das Leben eines Klons mit, dessen Schöpfer eigentlich auf der Suche nach der körperlichen Unsterblichkeit ist, ermitteln in „Brainpool“ mehrere Morde inklusiver aus dem Leichenschauhaus verschwundenen Opfern, die in Zusammenhang mit einem revolutionären Chip, mit dem Gedankenlesen möglich wird, stehen. In „Transformation“ begleiten wir einen Kundschafter auf einen neu entdeckten, scheinbar paradiesischen Planeten den man den Namen Palma gegeben hat - oder ist dies alles doch nur eine Phantasie im weltweiten Netz, um der Tristesse und der Not des Alltags zu entfliehen?

In „Die Sicht der Dinge“ lernen wir einen langlebigen Befruchter kennen. Jahrhunderte des sexuell erfüllenden Beischlafs - und doch ist der Mann nicht zufrieden, sucht nach einem Ausweg…

Was ist es doch eine Krux mit der Liebe. Dies muss auch ein total Verliebter in „Ruf des Herzens“ erfahren, als er sich seiner Angebeteten nähert - und feststellen muss, dass ein persönliches Glück für ihn nicht möglich ist. Ja, die Liebe, das Verlangen, ist auch in der folgenden Geschichte von Bedeutung. In „Geliebte Maid“ wandert ein Arbeitsloser auf den Mars aus. Hier haben menschenähnliche Aliens Bedarf an Arbeitern und bieten diese eine neue Perspektive. Selbst erotische Beziehungen zu den Menselijk gibt es, allerdings gibt es dann doch ein nicht überwindbares Problem, wenn es dann zur Sache gehen soll… In „Der Freiheitskämpfer“ wird von den Medien gesteuert und live übertragen auf dem Titan der bewaffnete Freiheitskampf gegen die Menselijk geführt. Auf dem Schlachtfeld der Ehre werden Helden geboren die Millionen von Anhängern verehren - doch auch das Sterben ist Bestandteil der Show… „Das Auge des Beobachters“ setzt dann die Handlung um die Kämpfe auf Titan aus Sicht der Aliens fort. „Die ungleichen Brüder“ stellt uns, nachdem die Aliens das Sonnensystem verlassen haben, zwei Pilger vor, die zur Loreley, dem Sitz der heiligen Kirche des Neuen Glaubens wallfahren. In „Top of the Pops“ treten 200 Raumjets in einem Kampf um die Milchstraße gegen den Menselijk an. Die Piloten, allen voran GUN, der legendäre Held der Medien, machen sich auf, die Aliens aus der Galaxis zu schießen . auch wenn sie dabei ihr Leben einsetzen müssen.

„She“ feiert den Rock’n’Roll in der fernen Zukunft. Selbst die Kirche muss sich den Fans beugen. In „Battery“ begegnen wir wiederum She - die dieses Mal als Attentäterin auf einen der Bosse angesetzt wird; Dank des mächtigsten Medienkonzerns können alle live dabei sein. „Mitbestimmung“ stellt uns die Dienstleistungsgesellschaft 3.0 vor. Bürger übergaben ihre Stimmpflicht an Gesellschaften, die für sie entscheiden, wie es in der Republik vorangehen sollte. Im letzten Beitrag „Wie die Deutsche SF zu Weltruhm gelangte“ prangert der Autor die typisch deutsche Gründlichkeit ebenso unterhaltsam an, wie er pointiert auf die uns Deutschen nachgeschrieben Unsitten eingeht.


Alles in Allem legt der Autor eine sehr abwechslungsreiche Sammlung von Geschichten vor, die zeigen, dass er auch in der SF zu punkten weiß.