Nonplayer (Comic)

Nate Simpson
Nonplayer
(Nonplayer)
Übersetzung: Bernd Kronsbein
Splitter, 2015, Hardcover, 64 Seiten, 15,80 EUR, ISBN 978-3-95839-095-9

Von Frank Drehmel

Dana Stevens verbringt ihre Freizeit am liebsten in der virtuellen Fantasy-Welt von „Warriors of Jarvath“, einer Welt, in der sich mittlerweile eine Milliarde Spieler tummeln. Hier durchstreift sie gemeinsam mit ihren Freunden auf der Suche nach Abenteuern als Kämpferin ein Land voller gigantischer Wesen, gefährlicher humanoider Gegner und edler Königstöchter. Die Illusion ist nahezu perfekt, da ihr Gehirn über eine kleine Schnittstelle und die Reality-Stream-Technologie direkt mit dem Cyberspace verlinkt ist.

Als sich eines Tages einige NPC (Non-Player-Charaktere), deren Künstliche Intelligenz hoch genug ist um den Turing-Test zu bestehen, die aber nicht unter das Verbot von KI fallen, das infolge einer globalen Katastrophe erlassen wurde und über das das National Artifical Intelligence Bureau - kurz: NAIB - wacht, seltsam verhalten, findet Dana das zwar bemerkenswert, jedoch ruft ihr Job im Meat-Space, im realen Leben, sodass etwaige Fragen hinten anstehen müssen.

Unterdessen läuft in der realen Welt ein Roboter in einer Fischfabrik Amok, tötet Menschen und fordert das massive Einschreiten der Agenten der NAIB, die zunächst von einem terroristischen Anschlag ausgehen beziehungsweise ausgehen möchten; und in Jarvath beginnen die künstlichen NPC nicht nur Fragen zu stellen und ihr eigenes Dasein zu reflektieren, sondern sehen in Dana auch eine Feindin.


Das vorliegende Album umfasst die beiden bisher bei Image in den USA erschienenen „Nonplayer“-Comics 1 (2011) und 2 (2015) zuzüglich einer fünfseitigen Pin-up-Galerie. Dass zwischen den beiden Heften vier Jahre liegen, begründet Autor und Künstler Simpson in einem Interview auf www.nonplayercomic.com mit familiären und beruflichen Verpflichtungen und macht zugleich wenig Hoffnung, dass die dritte Ausgabe signifikant schneller erscheinen wird. Das ist umso bedauerlicher, als sowohl Story als auch Artwork zum Besten gehören, was der US-amerikanische Mainstream aktuell zu bieten hat.

Die in Grundzügen dystopische Story verbindet Fantasy mit Science Fiction und spiegelt das Lebensgefühl vieler Jugendlicher wider. Motive aus Filmen wie „Minority Report“, aus Rollenspielen wie „Shadowrun“ oder aus aktuellen Video-/PC-Games sorgen für ein fast schon heimisches Feeling, ohne dabei abgeschmackt und klischeehaft zu wirken. Insbesondere der Ansatz, gleichsam drei Realitätsebenen einzuführen - die des Spiels, die einer Art phantastischer kognitiver Lifeskin, einer Haut über der Realität, und die Realität selbst - erweist sich als gleichermaßen originell wie spannend.

Die Hauptprotagonistin Dana Stevens zeichnet Simpson geradezu liebevoll, inszeniert sie als selbstbewusste Heroin im Spiel und als vollkommen durchschnittliches, wenig ambitioniertes Mädchen im realen Leben. Auch in Bezug auf die Nebenfiguren - Agenten, Firmenbosse und andere Charaktere - versucht der Autor, allzu plakative Schwarzweiß-Schemata zu vermeiden.

Herausragend, ja geradezu grandios, ist Simpsons Artwork. In glasklaren, präzise und hauchzart konturierten Bildern, in weichen, lichten Farben bei fast vollständigem Verzicht auf schwarze oder auch nur dunkle Verschattungen und mit hoher Dynamik in der Seitenaufteilung entwirft er die drei parallelen Welten, bedient sich eines Duktus’, der  europäisch anmutet. Insbesondere die bis zur Doppelseitigkeit großformatigen Panels strahlen sowohl kontemplative Ruhe, als auch visuelle Spannung aus.

Fazit: Ein herausragendes Artwork sowie eine originelle Geschichte an der Grenze zwischen Dystopie und Utopie, zwischen Fantasy und Science Fiction machen Lust auf mehr. Ein Höhepunkt US-amerikanischer Mainstream-Comickunst.