Ian Tregillis: Das notwendige Böse (Buch)

Ian Tregillis
Das notwendige Böse
(Necessary Evil)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Christian Jentzsch
Titelillustration von Dirk Berger
Deltus.de, 2015, Paperback, 534 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-3-940626-23-3 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Stellen Sie sich eine Welt vor, in der Adolf Hitler und sein Regime über Menschen mit besonderen Gaben, dem Götterelektron, verfügt hätte. Menschen, die ein verrückter, aber genialer Wissenschaftler geschaffen hat, die durch feste Materie gehen können, Telekinese und Gedankenlesen beherrschen, alles in Feuer aufgehen lassen oder in die Zukunft schauen können.

Um dieser Bedrohung auch nur annähernd Herr werden zu können, beschließt der britische MI5 und sein militärische Ableger MI6, eine neue Organisation aus der Taufe zu heben. Milkweed, wie sie die Abteilung taufenm soll nicht nur den Gegner, wenn möglich, unterwandern und hemmen, sie soll auch Mittel und Wege suchen und finden, den Boche etwas entgegen zu setzen. In den Eidola, unstofflichen, kosmischen Wesenheiten, scheint man entsprechende Helfer gefunden zu haben, auch wenn diese sich für ihren Beistand in Blut, Leid und Trauer bezahlen lassen.

Dass die Eidola aber nur die Vernichtung der die kosmische Ordnung störenden Menschheit im Sinn haben, erschließt sich den britischen Geheimagenten, allen voran Marsh erst, als die Erde vernichtet wird.

Dass Gretel, die Zigeunerin in SS-Uniform, all dies schon lange vorhergesehen hat, dass sie um die Pläne der Eidola zu durchkreuzen und ihr eigenes Überleben zu sichern eine neue Zukunft erschaffen will, führt dazu, dass Marsh gut zwanzig Jahre durch die Zeit reist und sich selbst, der jungen Gretel, seiner getöteten Tochter und den alten Weggefährten wieder begegnet.

Wird der Plan der Seherin in Nazi-Diensten aufgehen, oder wird auch in der neuen Zeitlinie die Menschheit vernichtet?

Selber lesen ist angesagt…

Es ging ein Murmeln durch die Fan-Gemeinde, als der Festa Verlag, seines Zeichens das Haus des Horrors, vor rund 2 Jahren bekanntgab, ein Imprint – eben den Deltus Verlag – für die Publikation von Fantasy- und SF-Romanen wiederzubeleben. Mit vorliegendem Band stellt Frank Festa dieses ein, da die Titel leider nie an die Erfolge des Mutterverlags heranreichen konnten. Hätte man die Titel nicht auch im Rahmen des Festa Verlages bringen können, in dem ja auch Kriminalromane und Thriller erscheinen?

Nun, es ist müßig zu spekulieren, woran es gelegen hat, dass die Leser den Deltus.de-Titeln nicht in dem Maße gewogen waren, die man den Büchern gewünscht hätte. An der Qualität kann es nicht gelegen haben, beweist Ian Tregillis’ intelligente Parallelwelt-Trilogie doch, dass die Auswahl der publizierten Bände hervorragendes Lesefutter für den Fan bereithielt. Frank Festa ist zu danken, dass er die Trilogie mit vorliegendem Band trotz einem eher zögerlichen Zuspruch der Käufer abschloss, beweist der sympathische Autor doch auch im dritten Teil, dass er hervorragend und niveauvoll zu unterhalten weiß.

Stilistisch mustergültig, mit vielen bestechenden Ideen und hervorragend recherchiert, erwartet den Leser eine Kombination aus in sich logisch aufgebautem Zeitreiseroman, Urban-Fantasy-Elementen und Parallelwelt-Thriller. Dabei gelingt es Tregillis, die Balance zwischen übernatürlichen Elementen und einfühlsamen Charakterzeichnungen mit Figuren, die uns ans Herz wachsen, die vielschichtig gezeichnet sind und sich im Verlauf der Handlung nachvollziehbar entwickeln, zu wahren. Der Plot selbst fesselt durch seine innewohnende Dramatik, die handwerkliche Ausführung ist auch Dank der mustergültigen Übersetzung von Christian Jentzsch bestechend, das Finale fesselnd – was kann man von einem Roman mehr erwarten?

Es wäre Verleger, Autor und Übersetzer zu gönnen gewesen, dass mehr Leser nach dieser handwerklich wie inhaltlich überzeugenden Trilogie gegriffen hätten. Noch sind alle Bände lieferbar, und wer endlich einmal abseits des Üblichen intelligent unterhalten werden will, der sollte sich die Bände zulegen – es lohnt sich!