phantastisch! Ausgabe 57 (Magazin)

Phantastisch! Ausgabe 57
Titelbild: Arndt Drechsler
Atlantis, 2015, Magazin, 76 Seiten, 5,30 EUR (auch digital erhältlich)

Von Christel Scheja

Anders als die „Nautilus“, beschäftigt sich die „phantastisch!“ nur am Rand mit aktuellen Trends und Filmen aus Fantasy, Science Fiction und Horror. Der Schwerpunkt der Zeitschrift liegt bewusst auf den literarischen Ausprägungen der phantastischen Genres, das merkt man auch an der ersten Ausgabe des Jahres 2015.

Inhaltlich wird diesmal eine abwechslungsreiche Mischung geboten. Bernd Jooß interviewt Glen Duncan, der nicht an das Übernatürliche glaubt aber dennoch über Werwölfe und Vampire schreibt. Carsten Kuhr hat seine Fragen an Anthony Ryan und Robert Corvus gestellt, die beide ihren Teil zur Fantasy geleistet haben und auch in Zukunft so einiges planen.

Daneben gibt es Artikel über die Werke und Bedeutung von Harlan Ellison für die Science Fiction, über die zum Klassiker gewordene Comicserie „Valerian und Veronique“, die besondere Ausgabe einer Novelle von H. G. Wells, einen Blick auf „Historische Phantastik“ und „Drachen“, die heute gerne als Kuschelmonster gesehen werden, aber eigentlich gar keine sind.

Die Kurzgeschichte „Operation Gnadenakt“ rundet zudem den weit gefächerten Reigen aus Rezensionen, News und weiteren kleineren Artikeln zu Werken, Künstlern und Autoren ab, auch das Essay von Rüdiger Schäfer zum Umgang mit der deutschen Sprache.

Man mag sich fragen, was eine „Deutschstunde“ in einem phantastischen Magazin zu suchen hat, den Lesern scheinen aber die kontroversen Ansichten zum Umgang mit der Sprache gefallen zu haben und dazu anzuregen, mit dem Verfasser diskutieren zu wollen. Und ist nicht auch Sprache das Mittel, dessen sich die Autoren bedienen?

In den sehr ausführlichen Interviews kommt das sehr schön zum Tragen, vor allem Glen Duncan hat regelrecht Freude daran, die seiner Ansicht nach intelligenten Fragen ausführliche zu beantworten und dabei auch einige persönliche Ansichten zu verraten, die man sonst nicht zu lesen bekommt. Hier zeigt sich eine große Stärke des Magazins: ;an scheut sich nicht, auch einmal unpopulärere und unangenehme Fragen zu stellen, die in die Tiefe gehen.

Interessant ist auch der sehr ausführliche Blick auf die Comicserie „Valerian und Veronique“, die trotz einer gebundenen Neuauflage auch heute noch eher unbekannt ist, aber dennoch mehr für die Science Fiction getan hat, als man denkt. Denn immerhin kamen zum Beispiel lange vor den Ferengi die Shinguz ins Spiel, beides gerissene und etwas selbstverliebte intergalaktische Händler. Der Autor macht zu Recht auf die Serie aufmerksam, die immer unterhaltsam blieb, auch wenn sie so manches geliebte Klischee auf den Kopf stellte und ihre Durchhänger hatte.

Gelungen ist aber auch der Artikel über die beliebtesten Fabelwesen der Fantasy, „Drachen“, der sich für die wahre Natur der mächtigen Wesen ausspricht, die weder niedliche Kuscheltiere sind, noch Hunde-Ersatz, der immer dann sofort hilfsbereit losspringt, wenn das menschliche Herrchen oder Frauchen pfeift, wie es in moderneren Jugendbüchern mittlerweile schon der Standard geworden ist. Alles in allem sind auch die anderen Artikel mit sehr viel Freude und Leidenschaft am Thema geschrieben worden, so dass man auch seinen Spaß daran hat, selbst wenn man mit dem Autor nicht einer Meinung ist.

Wieder einmal spricht die neueste Ausgabe der „phantastisch!“ vor allem die Leser an, die sich nicht nur auf ein Genre und bestimmte Spielarten fixiert haben, sondern auch offen für Tipps und Anregungen sind, selbst wenn sie ansonsten keinen Draht zur Fantasy oder Science Fiction oder Horror haben. Denn die ausgewählten Themen sind so interessant aufbereitet, dass man gerne auch einmal einen Blick in einen Bereich wagt, den man bisher eher ignoriert hat.